Wolfgang Hebold

Die Verheerung Europas *

Ein Tagebuch des Niedergangs
2022
Dienstag, 30. Mai 2023

Türkische Standhaftigkeit – Es herrscht helle Aufregung in Deutschland über die Türken in Deutschland, die in ihrer deutlichen Mehrheit für Erdogan als Präsident gestimmt haben. Da wäre es in den Niederungen der Politik zunächst natürlich interessant zu wissen, ob nicht am Ende die Türken in Deutschland die Wahl in der Türkei entschieden haben. Nur fragt danach kaum jemand. Denn falls es so ist, wäre die Möglichkeit der Doppelstaatlichkeit die Grundlage für den Sieg von Erdogan.

Aber auch ohne diese Rechenkunststücke ist die einhellige Ablehnung des islamistischen Präsidenten wenig konsequent. Er habe, so die hiesigen Medien rund um die Uhr, die türkischen Medien dominiert und ließe der Opposition wenig Raum. Außerdem werde die Opposition ausgegrenzt und diffamiert. Zitat vom Türken-Dandy: »Im Wahlkampf bediente sich Erdogan aller staatlichen Ressourcen und seiner nahezu uneingeschränkten Medienmacht. Nicht nur, um für sich zu werben, sondern auch, um seinen Kontrahenten mit gefälschten Wahlwerbespots als Verbündeten der militanten PKK zu verunglimpfen.« - Was dem einen die PKK, daß sind dem anderen die Rechtsradikalen.

Seltsam, daß kaum jemand merkt: Deutschland befindet sich im Grunde in der gleichen Situation, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Auch hier herrschen Staatsparteien und zwingen den anderen ihr Weltbild auf, das von den Zwangsgeldmedien in einer Endlosschleife unters Wahlvolk gestreut wird. Und wenn ein SPD-Politiker unwidersprochen fordern kann, die AfD müssen Paria-Partei bleiben, sehe ich keinen Unterschied mehr zu Erdogans AKP, außer den, daß in der Türkei islamische Mehrheitsmoral der Minderheit und in Deutschland wirre Minderheitenmoral der Mehrheit aufgedrückt wird.

Die Deutsch-Türken fallen auf die Propaganda hierzulande nicht herein und lassen sich auch nicht unterkriegen. Da fragt sich, wer nun eigentlich mehr von Demokratie versteht? – Zumindest im Rahmen der Türken ist die Antwort eigentlich klar und jeder sollte sich gut überlegen, ob nicht am Ende die Unterstützer Erdogans sehr viel mehr Haltung zeigen als jene Deutschen, die sich zwar über links-grüne sexuelle, sprachliche und energietechnische Experimente erregen, dann aber Christdemokraten wählen gehen, die gar nicht schnell genug mit Sozialdemokraten und Grünen koalieren können und zusätzlich auf Konservative und die politische Rechte eindreschen.

Wem die Tyrannei der Tunten und Negerwerbung nicht passen, der steht in Deutschland so schlecht da, wie ein Türke in der Türkei, dem die Tyrannei des Islam und Kopftuchdauerschleifenwerbung nicht passen. Das heißt: Nicht ganz. Denn die Opposition geht in der Türkei zumindest auf die Straße und steht lauthals für ihre Positionen ein. Davon ist die Opposition in Deutschland noch sehr weit entfernt. Dort wird zwar zunächst gemeckert, aber dann der erste gemeinsame Abend vor der kninsternden und knackenden Wärmepumpe genossen.

Nicht-Alltägliches

Der Genderstern ist auch nur aus Blech (pdf)

Pfingstmontag, 29. Mai 2023

Kindermund tut Wahrheit kund – Was sind sie nur stolz, wenn ihre Kinder sie beim Vornamen nennen, die Eltern der schrecklichen Kinder. Und welcher Schreck fährt ihnen durch ihre dann und wann schon etwas lahmen Glieder bis in die ersten deutlichen Falten, wenn ein fremdes Kind sie auf dem Spielplatz unbedarft und äußerst selbstverständlich liebevoll mit »Oma« anspricht und ihn mit »Opa«. Ist es tatsächlich, weil sie, einmal angenommen, mit diesem Namen ins Bett gehen müssen, mit einer »Oma«, mit einem »Opa«? – Wahrscheinlich.

Doch wenn die Umstehenden nach einer Entschuldigung für die Anrede »Oma« oder »Opa« ihrer Kinder zu suchen beginnen und ein Alltagsmoment wirklicher Totenstille entsteht, und jeder weiß, daß jedes weitere Reden an der Wahrheit, die Kindermund soeben kundtat, nichts ändern, sondern im Reden darüber nur festigen wird, dann scheinen Grund und Hintergrund auf: Die Eltern der schrecklichen Kinder haben sich unausgesprochen verbündet, den Tod zumindest verbal zu besiegen, indem sie ihren Platz in der Generationsfolge mit dem eigenen Namen verleugnen – mit dem eigenen Namen!

Was sag ich die Eltern der schrecklichen Kinder! - Diese Verleugnung hat viele ergriffen. Sie reicht vom alltagsfreundlichen »junger Mann« an der Supermarktkasse bis zu dem Pärchen, dem ich gestern lächelnd ein: »Immer diese jungen Leute, die nur am Handy rumspielen« hingesagt habe und die mir eine neue Brille empfahlen, denn sie wären doch alt. Fehlende Selbstironie als Abwehr des wahren Selbst.

»Sterben müssen wird alle«, sagt der Sklavenhändler im Gladiator, »wir haben nur die Wahl, wie wir dem Tod ins Auge blicken.« Das Kind, das mich auf dem Spielplatz »Opa« nennt, hat ein Lächeln verdient. Das Kind, das mich einmal wegen meiner grauen Locken zögernd »Oma« genannt hat, erlebte mein Lachen. Und den tatsächlich jüngeren Mann mit gleichfalls grauer Lockenpracht, dem ich zuwarf, es sei doch beruhigend, nicht der einzige Mann in der Kita mit »grauen Locken« zu sein, ließ ich mit seiner Humorlosigkeit alleine, nahm mein Kind auf den Arm und ließ die Erinnerungen an die Stunden auf dem Schoß von Opa und Oma passieren.

Pfingstsonntag, 28. Mai 2023

Adieu, Hiroshima, mon amour – Der Überfall Russlands auf die Ukraine und der anschließende Krieg werden einmal als wirklich erste neue Phase Historie nach dem Zweiten Weltkrieg in die Geschichte eingehen. Und das Treffen der westlichen Staaten in Hiroshima markiert einen vorläufigen Endpunkt, einen passenden Ort, denn die Stadt in der nach ihr benannten Bucht gehört zu den politischen Liebesobjekten der Nachkriegszeit, die ja bis in diese Tage hineinreicht.

Welch ein Trugbild bietet Hiroshima dem Betrachter der Fotos vom August 1945. Als könnten nur Atombomben Städte in Wüsten verwandeln, wo doch diese nahezu vollständige Zerstörung allein der japanischen Häuserbauweise geschuldet war und – mit Ausnahme Kyotos – alle anderen japanischen Städten ereilte. Ihre Lage im Scheitelpunkt der Linie vom Körper der kaiserlichen Kriegsmarine in Kure über das seemilitärische Hirn auf Etajima und weiter zum legendären orangenen Tor vor Miyajima machte sie zwar durchaus zum Symbol ihrer Zeit und für Japan. Doch als erschütterte Dichter und Denker nicht müde wurden, um sie zu trauern, wurde sie zum Symbol für ein Atomzeitalter, das nun anbrechen würde.

Tatsächlich hat dieses Zeitalter am 24. Februar 2022 begonnen. Und wer es noch nicht gemerkt haben sollte, sollte dem Kreml zuhören. Seit jenem ersten Kriegstag wird Russland nicht müde, mit dem Einsatz atomarer Waffen zu drohen und die Welt zu erpressen. Die nicht spuren, denen wird mit atomarer Vernichtung gedroht. Der Horror vor dem Horror von Hiroshima scheint überwunden. Das Horror wird Politik.

Und wie nebenbei werden die Pfeiler der Nachkriegsordnungsmoral niedergerissen. Erst gestern hat ein hoher russischer Politiker die Aufteilung der Ukraine zwischen den Nachbarländern als Vorschlag der EU unterbreitet und aus der Geschichte hallt Hitlers Forderung nach der »Zerschlagung der Resttschechei« wider. Schließlich sei, so der Russe, die Ukraine ein sterbender Staat. Da wünschen sich nicht wenige Russlands eigenen staatlichen Tod.

Der Einsatz von Atomwaffen und die Tötung unabhängiger Staaten – in diesen Kategorien denkt und redet man offen im Kreml und so wird in allen Staaten bald wieder gedacht. Die Zeit im Schatten der wenigen Trümmer Hiroshimas geht mit dem Ukraine-Krieg ihrem Ende entgegen und das Atomzeitalter mit neuen Schatten neuer Trümmer beginnt.

Samstag, 27. Mai 2023

Genderei auf der Bismarck – Am 27. Mai 1941 versank der »Bismarck« im eiskalten Wasser des Atlantiks. Ja, »der« Bismarck. Denn darauf hatte der Kapitän des deutschen Schlachtschiffs bestanden. »Ich werde es künftig lieber hören, wenn man an Bord von ›dem‹ anstatt von ›der Bismarck‹ spricht.« – Genderei mitten im Krieg. – »Ein so großes und starkes Schiff kann nur ein ›Er‹ und keine ›Sie‹ sein.« Und es liest sich, gegen jeden Sprachfluss, ebenso holprig wie eines der vielen gegenderten Textungetüme.

Vielleicht hätte die dem Kindergarten des Bundestags entlaufene grüne Hupfdohle, die mit dem Namen Bismarck neulich nichts anzufangen gewußt hat – »Ach der!« –, dafür aber, hätte man sie gefragt, sicher mit dem Namen Hitler recht viel, mehr Interesse am Träger des Namens gezeigt, wenn ihr jemand von der Genderei auf der Bismarck erzählt haben würde. Denn das können die Grünen wie die klappernde Mühle am rauschenden Bach: Immer abwechselnd Männlein und Weiblein auflisten.

Von der Stärke ihres Schlachtschiffs »Bismarck« felsenfest überzeugt, verzichtete seine Leitung darauf, das Schiff kurz vor dem Ausbruch in den Atlantik Mitte Mai vollzutanken. Die Öl-Bunker bis oben zu füllen war ihrer Ansicht nach wohl nicht nötig. – Wie sich die Zeiten und Symbole gleichen! – Ohne Reserve geht gar nicht, heißt es zwar; in der Royal Navy ist es sogar kodifiziert. Und als Churchill ernsthaft erwog, die den Bismarck verfolgenden Schlachtschiffe seiner Majestät - damals übrigens männlich - , deren Treibstoff ebenfalls knapp war, bis auf den letzten Tropfen fahren zu lassen und sie im schlimmsten Fall von Zerstörern in die Heimat schleppen zu lassen, wurde die Fachleute aus der Marine sehr deutlich und der Unfug unterblieb.

Aber Deutschland fühlt sich stark genug, auch noch das Klima in Zeiten zu retten, die ganz sicher Ungemach bringen. Fachkräftemangel, Migrantenschwemme, Inflation, Krieg, ohne gerüstet zu sein – eigentlich steckt das Land schon mittendrin und eine pragmatische Regierung würde sich auf das Wichtigste konzentrieren. Weil sie das aber nicht macht, werden ihre Kritiker nicht müde zu betonen, versenkt sich Deutschland ökonomisch grad selber.

Am Ende fehlte der »Bismarck« jenes Öl, mit dem sie es sehr wahrscheinlich bis in den rettenden Hafen geschafft haben würde. Sie wurde von den Schiffen der Royal Navy versenkt, indes die deutschen Historiker nicht aussterben wollen, die eitel betonen, »der« Bismarck habe sich selber versenkt. Als gebühre der Selbstversenkung eine besondere Ehre, wie ein britischer Militärhistoriker sarkastisch bemerkte.

Der Grund für die Flucht in die Metapher der Selbstversenkung ist einfach: Man missgönnt den Briten den Sieg über den Bismarck, so wie man den Konkurrenten Deutschlands nicht gönnt, mittlerweile besser zu sein als das einstige industrielle Musterland in Europa.

Freitag, 26. Mai 2023

Klimakterium straffälliger Kinder – Die »Letzte Generation« gehört zum Nachwuchs. Das zeigt bereits ein Blick in die Gesichter der Angeklebten und Angeklagten, die allesamt eine Art Menopause ihrer pubertären Entwicklung eingelegt habe, mit dem Unterschied, daß diese Pause, anders als die Menopause, der Pausierenden kein Pausenende verspricht, falls sie nur lang genug wartet. Alle Euphemismen sind schrecklich.

Kinder sind die Protagonisten der Letzten Generation. Kinder, die wie weiland Peter Pan, den Weg ins Erwachsenwerden verweigern. Gespreizte Narrenhände, die Tisch und Wände beschmieren. Das ist die eigentliche Symbolik der Klebeaktionen und die hat mit dem Klima der Erde wenig zu tun, sondern mehr mit dem Klimakterium der Mamas der Kleber – für alle, die mnemotechnische Begriffsbildung schätzen und Euphemismen vermeiden. Weil Mama nicht mehr gebiert, sollen die Kinder Kinder und haften bleiben, so lange sie wollen. Man sagt ja zu recht, Kinder leben die Wünsche der Eltern.

Und nun wurden die Kinder- und Jugendzimmer durchsucht. Dumm für die politischen Eltern, die keine Polizei im Haus haben wollen, weil jeder Nachbar hämisch vermerkt, dort drüben hat die Erziehung versagt. Einige unterstützen den Nachwuchs, hoffen auf ihren guten Einfluss als Eltern und bringen Kleber zum Knast, wenn Anna und Elsa, Aimée und Carla zur Haftstrafe antreten müssen. Die meisten suchen den Abstand und nach Ursachen außerhalb von Heim und Herd. Als könnten zwei Jahrzehnte Klimakampagne spurlos am politischen Nachwuchs abperlen. Die Aufregung der Medien ist daher zu guten Teilen verlogen. Allerdings steht, wer Presse und Rundfunk gegenüber von Mitverantwortung spricht, so belämmert da, wie Eltern, die beim Dealer eine Teilschuld für den politischen Drogentod ihres Kindes an einer Überdosis ideologischer Indoktrinierung abladen wollen. Und wer ohne Elternliebe ist, der werfe den ersten Stein.

Donnerstag, 25. Mai 2023

Ruderer im Rettungsboot der Titanic – Schwer zu sagen, an welchem Punkt des Sinkens sich Deutschland befindet, ohne ins Selbstbejammern verfallen zu wollen. Und wie natürlich bietet sich das Bild der Titanic in jener Frühlingsnacht an. – Vergessen wir nicht, wie schnittig und Stolz der Ozeanriese im Vertrauen auf Technik und Reichtum zuvor den Atlantik durchmaß. – Jetzt dämmerte den Passagieren der oberen Decks, wie es steht. Auf der Kommandobrücke wussten alle Bescheid und versuchten das Unvermeidliche durch Nichtstun und Wegschaun zu ignorieren. An der Reling sah jeder das beschlossene Unglück. Zu den unteren Decks trug das eindringende Wasser die Nachrichten herauf.

Aber wo blieben die Optimisten, die wußten, wie es steht, und sich von ihren Wünschen trotzdem nicht wirr machen lassen? – Sie gehörten zur Mannschaft und standen als Ruderer an, die bekanntlich jedes Rettungsboot braucht. Bei 40 Frauen und Kindern in einem Boot wurden wohl achte gebraucht, denn ihr technischer Sachverstand war in der Kälte auf dem Wasser überlebensnotwendig, sollten die Rettungsboote nicht anschließend im eisigen Nordatlantik einzeln verloren gehen und noch später einsam und langsam versinken. Sie waren die übrig gebliebene Fachkraft und blickten beim Retten in die müden Augen der geretteten Seelen. Als die Allerersten im Boote mussten sie an keiner Reling entscheiden, wer ins Boot hinein darf und wer nicht. Niemand ging sie mit Vorwürfen an.

So brachten sie die Frauen und Kinder der Toten und sich selber ans rettende Ufer. Als verbliebene Fachkraft, die die Reste verwaltet.

Mittwoch, 24. Mai 2023

LGBTXY-Zinnober färbt nicht ab – Florida hat vor einigen Wochen den Unterricht zur sexuellen Orientierung verboten. – Gut so! Sollte man meinen und dachte auch ich im ersten Moment. Der Staat hat sich nicht in die sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen einzumischen; so wenig wie Kirchen und andere Institutionen. Das ist Sache dieser nächsten Generation und, in sehr bescheidenen Maßen, der Eltern. Lasst sie also in Ruhe.

Und wenn die LGBTXY-Lobbyisten eilfertig mit dem Finger auf Florida zeigen und den US-Bundesstaat mit dem Iran vergleichen, in dem Unterricht zur sexuellen Orientierung gleichfalls nicht stattfinden könne, dann verdrehen sie in einem Durchbruch unbewußter politischer Rhetorik die Verhältnisse. Denn es ist der geforderte Schulunterricht zur sexuellen Orientierung, der Kinder im Sinne der Erwachsenen indoktriniert damit macht, was auch im Iran gemacht wird vom Staat und der religiösen Führung, nur eben auf andere Art.

Dachte ich! – Weil ich nicht wußte, wie der Unterricht dann tatsächlich abläuft, etwa gestern in einer hiesigen Schule. – Er läuft ab wie vor einem halben Jahrhundert. Und vermutlich so, wie er in den vergangenen 2000 Jahren immer ablief, wenn Erwachsene anrücken, um Kinder über Sex und wie sie ihn verstehen aufzuklären. Es geht in die Hose. Die LGBT-Propagandisten erlebten ein veritables Fiasko und versanken im angeheiligten Jungen-Gelächter, bevor sie den Klassenraum unverrichteter Dinge blamiert und geschlagen verließen.

Bis mir das chinesische Sprichwort einfiel: »Man kann Zinnober nicht anfassen, ohne daß er abfärbt.« Es reicht, daß die Kinder am Unterricht zur sexuellen Orientierung teilnehmen und Satzfetzen anhören müssen. Das Gerede von Regenbogeneltern und Transformationen bleibt im Hirn kleben. Der Schulunterricht, der sich Aufklärung nennt, infiziert die Kinder mit Wörtern, die sie von uns übernehmen, weil wir mit ihnen Sprachspiele treiben. Oder sind das nur wir, die Eltern, die sich empören? – Während die Wörter die Kinder nicht wirklich tangieren.

Sex markiert die Grenze zwischen den Generationen. So wie die Kinder sich nicht vorstellen können, daß die Eltern es jemals taten, können sich die Eltern nicht vorstellen, daß die Kinder es jemals tun. Da verläuft eine Kluft, die kein Wort und auch kein Sprachspiel je überwindet. Dieser Zinnober färbt daher nicht ab.

Dienstag, 23. Mai 2023

Gespielen und Gespielinnen – Es will scheinen, als begännen die Medien ihre Kritik an den Grünen aus beginnender Einsicht und die Grünen spielen beleidigt. Robert Habeck wurde im hamburger Wochenblatt für Möchte-Gern-Intellektuelle als Fachkraft für Heizungsinstallationen karikiert und schon wittert und twittert es rechte Verschwörung. Zurück kam von Journalisten kaum Mitleid, sondern der pädagogische Hinweis auf die Realitäten. Die Partei hätte diese Art politischen Alltag auszuhalten.

Dabei ist die andere Frage viel interessanter: Warum lassen die Medien die Grünen seit längerem immer mal wieder fallen. – Wie eine heiße Kartoffel? Ist in die Redaktionen Vernunft eingekehrt? Wollen sie sich mit den Antisemitismen einer Roth, den Infantilitäten einer Fester und der Unbildung Göring-Eckhardts nicht mehr gemein machen wollen? Vom außenpolitischem Feminismus Baerbocks erst gar nicht zu reden?

Mitnichten! Die Medien zeigen den Grünen, wenn sie Annalena Baerbock zuerst als Kanzlerkandidatin demontieren und dann als Außenministerin hofieren und Robert Habeck zuerst im Wirtschaftsministersessel trösten und dann kräftig treten, nur eines mit ihrer Distanz: Ihr seid unsere Gespielen und Gespielinnen. Wir duldeten euch als Kasperls, solange sich Fotos von euch – von einer knalligen Roth und einer kreischenden Fester, einer modischen Baerbock und einem jonnydeppschen Habeck – , gut verkauften. Und nun reicht es. Die Machtsaison der Marionetten neigt sich ihrem Ende. Und da wir gerade einen Sündenbock brauchen für all das auch von uns Verbockte – Bildung, Fachkräfte, Asylanten, Energie – nehmen wir uns eure Baerbock, wenn es uns passt.

So sind sie nun einmal, die Gesetze des Marktes und der Macht. Die Medien lassen die Puppen tanzen und holen sie auch wieder ein, sobald sie wollen und suchen sich neue Gespielen und Gespielinnen.

Montag, 22. Mai 2023

Erziehung vor Bachmut – Bachmut ist gefallen, Bachmut ist nicht gefallen, Bachmut ist gefallen,... ist nicht gefallen... So rätseln die Medien seit Samstag hin und her und das Publikum rätselt mit. Es wird angemerkt, es ginge nur um einen Häuserblock, der strategisch bedeutungslos ist und wer weiß, wie Kesselschlachten verlaufen können; man verweist auf die Flanken und auf Stalingrad, als die Wehrmacht in die selber gestellte Falle hineinlief nachdem Hitler noch am Abend des 8. November 1942 im Löwenbräukeller über die Stadt an der Wolga tönte: »Dort ist das Manganerz befördert worden: dort war ein gigantischer Umschlagplatz. Den wollte ich, nehmen und — wissen Sie — wir sind bescheiden, wir haben ihn nämlich!« Bevor Hitler ergänzt: »Es sind nur noch ein paar ganz kleine Plätzchen da.« Anschließend wird der Führer historisch und wer möchte, kann die Rede aus dem Internet in seinen ganz privaten Echoraum der Historie laden: »Nun sagen die anderen: Warum kämpfen sie dann nicht schneller?' — Weil ich dort kein zweites Verdun haben will, sondern es lieber mit ganz kleinen Stoßtrupps mache..«

Immer beziehen sich Schlachten ja auf eine Geschichte. Der Fachmann hätte auf die Kaiserschlacht im Frühjahr 1918 hinweisen können, als die Kaiserliche Armee mit Stoßtrupps die festgefahrene Front überwand. Und wer noch einen anderen Schritt weiter leiten will, nennt das russische Kursk im Juli 1943, schon weil mit etwas medialem Glück ein Jahrestag als Zufallstreffer herausspringen könnte. Dort stieß die Wehrmacht auf den Flanken fast durch, nur um dann von noch weiter außen beinahe umzingelt zu werden. Auch das könnte den Ukrainern blühen, falls die russische Armee noch über die Fähigkeiten zu einer solchen weiten Umfassung verfügt.

So deklinieren auch die Medien Militärhistorie durch. Der Krieg und seine Schlachten als Faszinosum und die Möglichkeit, Geschichten erzählen zu können, spannende Geschichten, Geschichten von Mut und Heldentum. Ironie? – Ganz und gar nicht. Aber Erkenntnis. Denn auch ich schaue morgens als erstes auf Bachmut und auf die Karte und denke: Stalingrad, Kursk und natürlich Verdun. Landschaft, womöglich schon damals für den Schrecken drapiert.

Sonntag, 21. Mai 2023

Unsere Letzte Generation – Das ist es, was wir übersehen beim Blick auf die Nervensägen, die sich auf die Autobahnen pflanzen und den Verkehr unterbrechen, umrankt von einer politischen Botschaft und gedungen nicht gedüngt. Es sind unsere Kinder. Es ist unsere »Letzte Generation«. Folglich fiele ihre Eitelkeit über die Planken der Autobahnen wie in einem Spiegel auf uns zurück. Wenn wir hingucken und zuhören würden auf den Namen »Letzte Generation«, Generation, der keine mehr folgen soll, kinderlose Generation:

Blick in den Spiegel und heiße das gesehene Gesicht,
Seine Zeit ist jetzt, ein anderes Gesicht zu formen,
Mit dessen frisch verheilten Narben, wenn nicht sogleich erneuert,
Du die Welt betrügst, entsegnest eine Mutter.

Mal rufen sie sich »Letzte Generation«, mal entscheiden sie sich, »keine Kinder mehr in diese Welt setzen zu können«, mal sehen sie sich als »die Letzten der Deutschen«. Also keine ganz neue weinerliche Idee; eher sogar eine sehr alte. Und trotzdem will uns diese Gemeinsamkeit im politischen Furor, weil wir das Klima nicht rechtzeitig retten und zum Feierabend unpünktlich sind, ständig entgehen.

Shakespeare hat für diese Art des selbst-gesegneten Selbstmords, also über den erklärten Willen, die Fortpflanzungskette hier und heute abbrechen zu lassen, im dritten Sonett die passenden Zeilen gefunden, hier nach den ersten vier, nunmehr in der Wolffschen Übersetzung die nächsten vier Zeilen:

Wo ist die Jungfrau, deren spröder Schoß
In Keuschheit deinem Wunsche widerstrebt,
Und wo der Tor, der gerne kinderlos
In sich das Grab der Eigenliebe gräbt?

Schnöde Eigenliebe ist es, die eifernde Klimakleber und empörte Autofahrer in ihrer erklärten Kinderlosigkeit miteinander verbindet. Und grad jene, die kinderlos blieben nicht aus Absicht, sondern als Schicksal, wissen genau, was ich meine, und daß sie nicht gemeint sind, aber die Eltern jener Generation, die sich eitel die Letzte nennt. Also an beide:

Du bist der Mutter Spiegel, in dem sie sich erinnert,
An ihre Blühte inmitten Fliederblühen im April;
So wie auch du, beim Altersblick durchs Lebensfenster,
Trotz aller Falten, in der Ferne goldne Kinderzeiten siehst.

Eine Gesellschaft sollte keine Letzte Generation gebären, nicht einmal in ihren bösesten Träumen:

Sonst lebst du fort, bloß nicht zu sein erinnert,
Einsam stirbst Du und Dein Spiegelbild mit dir.

Samstag, 20. Mai 2023

Unlauterer Wettbewerb – Zwischen all dem oberflächlichen Unsinn, den man in diesen Zeiten aus Politiker, Kultur und Bildung hören, sehen und lesen muss, hält sich die Werbeindustrie recht wacker und mitunter glänzt sie mit wirklichen Hinguckern. Und das soll Werbung ja schaffen: Der Kunde soll hinschauen, sich Namen und Formen merken und am Ende in einem Moment der Unaufmerksamkeit im Laden kaufen, was er nicht kaufen will.

Adidas hat in den USA einen Badeanzug auf den Markt gebracht, der in weiten Teilen der Welt wohl nur als Lachnummer durchgehen wird. Ein männlicher Neger hat sich in einen etwas eng anliegenden, bunten Einteiler gezwängt und versucht nun, sich riefenstahlmäßig zu strecken. Und noch einmal zur Erinnerung: Neger verwende ich immer dann, wenn jemand mit Hautfarbe Punkte machen will, hier also ein Unternehmen, das mit diesem Bild Werbung für weibliche Badeanzüge macht, die ein Mann tragen soll, der womöglich ein Mann ist oder auch nicht.

Natürlich war die Aufregung groß. Kritiker der Geschlechterauflösung kreischten ebenso hysterisch los wie die Kritiker der Kritiker der Geschlechterauflösung. Und keine der beiden Seiten bemerkte, daß eigentliche Ansinnen des Unternehmens: Seinen Namen möglichst oft in den sozialen Netzwerken ausgerufen zu hören. Vermutlich wurde kein Werbevideo so häufig angeblickt, wie dieses in einer politischen Botschaft schillernde Badekostüm. Es ist wie beim Gendern, wenn die sprachlich falsche Symbolik auf einem Werbeplakat bei dem einen Triumpfgefühle erweckt und bei den anderen linguistischen Ekel. Alle schauen auf das Plakat, weil etwas falsch ist und wir beim Lesen zu korrigieren beginnen. Und schon hat das Plakat seinen Zweck still und heimlich erreicht und irgendwann klingelt die Kasse.

Die Genderisten und Transaktivisten wird das nicht stören. Sie werden jetzt womöglich erst recht Badeanzüge bei Adidas kaufen, um das politisch korrekte Unternehmen zu unterstützen. Daß die Kritiker aber gleichfalls ins Boot geholt werden können, freut wohl nur die Leitung des Unternehmens, das nur eines im Sinn hat: Geld zu verdienen. Im Fahrwasser von Genderismus und Antirassismus fühlt sich der Kapitalismus pudelwohl, weil er in seinen kräftigen Gewinnen herumplantschen kann wie Onkel Dagobert zu besten Zeiten mit einem hautengen Badeanzug und stolz im Geld seines Safes.

Freitag, 19. Mai 2023

Neureiche im Amt – Es ist eine stille Freude zu sehen, wie die Grünen zu schnell zur Staatspartei wurden. Weit entfernt von einer eigenen Mehrheit und durchaus mit einem Sinn für die Realitäten, wenn man hinschaut, wie sie sich jedes mal einer tödlichen Gefahr gerade entronnen feiern, sobald ihr Stimmenanteil bei einer Wahl es über die 10 Prozent geschafft hat, haben sie im Bundesministerium für Wirtschaft einen Filzteppich für die Klima-Industrie ausgelegt, daß die anderen Parteien vor Neid ebenfalls grün werden müssten.

Gestern gesteht Habeck die Verflechtungen eines weiteren seiner Staatssekretäre in die ökologische Geschäftswelt ein. Auf den ersten Blick will es scheinen, als habe der Dandy von der Waterkant aus dem Fall Graichen gelernt - auf den ersten Blick. Der zweite verrät: Robert Habeck gesteht heute, was er schon vor Wochen hätte auf den Tisch legen müssen aber nicht legte. Dazu versieht Habeck sein Geständnis mit einem Hinweis auf grüne Transparenz.

Die politische Leiche Graichen ist noch nicht kalt, da brüstet sich Habeck mit offenem und ehrlichem Verhalten im Amt. Wie peinlich. – Profis in solchen Dingen wie die Christsozialen aus Bayern hätten ein paar Wochen Urlaub am Chiemsee gebucht und einfach geschwiegen, bis sich die Wogen glätten, wie man so sagt. Das mit der Vetternwirtschaft muss der Robert noch üben. Momentan wirkt er wie ein Neureicher, der beim ersten Steuerbetrug erwischt worden ist, die Steuerprüfer im Haus hat und nun die Ermittler mit einem guten Kaffee zu besänftigen sucht.

Hättest Du geschwiegen, Robert Habeck, und wärst Philosoph geblieben! Zugegeben, kein großer. Bis zu mehr als einer Talk-Show in Schleswig hätte die mediale Aufmerksamkeit nimmer gereicht. Und so erlag der unter den norddeutschen Bauern wahrscheinlich intelligenteste der Verlockung durch Reichtum und ewigen Ruhm in der Hauptstadt. Und wer wollte das nicht: Erst Minister und dann Kanzler werden. Selbst wenn die Berufung eine andere ist und man später mit dem falschen Thema Klima am falschen Sitz kleben bleibt. – Oder glaubt jemand ernsthaft, Habeck interessiere sich für das Klima und die finanztechnische Umsetzung einer neuen Heizungstechnologie? Er rutschte in diese Stellung und nun rutscht er eben, weil es nicht mehr so glatt läuft.

Donnerstag, 18. Mai 2023

Selbstzweifel – Den klaren Erinnerungen an seine eigenen Schandtaten nicht zu trauen, verkaufen manche sich und anderen als lobenswerte Selbstzweifel, ja Selbstkritik. So wird Robert Habeck sich lange genug eingeredet haben, daß seine Erinnerung an die dubiosen Geschäfte seines Staatssekretärs etwas verschwommen sei und den Vorwurf des schlechten Gedächtnis in Kauf nehmen. Entfernt hört der Gebildete ein sokratisches »Ich weiß nur, daß ich nichts weiß«, am Ende herausklimpern bei Habeck, dem Regierungsphilosophen und -schriftsteller.

Apropos Schriftsteller und Philosoph. »In der Politik ist Sprache das eigentliche Handeln«, soll der grüne Minister in einem Buch zu Papier gebracht haben. Was, in Bezug auf das Verbiegen und Zurechtfeilen von Erinnerung, passt, da Erinnerung wesentlich sprachlich realisiert wird. »Beim Erinnern ersetzt Sprache das eigentliche Handeln«, hätte glatt das Zeugs zu einem nachdenkenswerten Aphorismus, der es, was ihn auszeichnen würde, nicht auf ein Kalenderblatt schaffte, eben weil er Nachdenken verlangt.

Ähnlich wie Habeck denkt auch die Berliner Staatsanwaltschaft, wenn sie an die Schäden durch die Aktionen der Klebeaktivisten als »dauerhaftes Lästigwerden« erinnert. Mit diesem originellen Wortkombinat will sie eigenes Handeln ersetzen, was zu Nicht-Handeln führt. Und ich dachte immer, die Staatsanwaltschaft sei weisungsgebunden und die Regierung habe gewechselt zu den Christdemokraten. Andererseits verlaufen manche Regierungswechsel so unbemerkt, daß der Bürger eben nichts merkt.

Und mitunter sollen Worte, bevor sie das Handeln ersetzen, zunächst einmal die Erwartung formieren. Dieser Tage: Die Erwartung der Lehrer und solcher, die es werden wollen. Die Klassen seien immer »heterogener« und daher schwierig zu unterrichten. Und tatsächlich sitzen in manchen Berliner Schulklassen 90 Prozent, die kaum deutsch sprechen können, dafür aber mehr oder weniger fließend arabisch. Da macht sich mancher Lehrerlehrling schon so seine Gedanken, was auf ihn zukommt.

Indes soviel ist sicher: »heterogen« ist nach allen Bedeutungen, die man für dieses Wort findet, nicht die passende Beschreibung für Klassen, in denen 90 Prozent der Schüler arabisch sprechen oder türkisch. Tatsächlich ist die Zusammensetzung sogar ausgesprochen homogen. Nur die Medien reden sich weiter das Gegenteil ein. Und so ersetzt eine Schicht des Selbstbetrugs die nächste, weil die Journaille gerade an ihrer Erinnerung feilt und die Rede von den »heterogenen Klassen« als Selbstkritik gehört wissen will. So wie Herr Habeck.

Mittwoch, 17. Mai 2023

Merkelpreisung – Der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel wurde ein zweites Mal eingebrannt. Oder ist es zum dritten Mal? Zum vierten? – In diesem Fall ist es der Staatspreis von Nordrheinwestfalen. Der dortige amtierende christdemokratische Ministerpräsident überreichte seiner ehemaligen Parteichefin ihre Papiere, weil sie eine »charakterfeste Politikerin« sei, die immer einem »moralischen Kompass« gefolgt sei – so die ideologischen Kernbegriffe beim Festakt.

Staatspreise werden für wissenschaftliche, technische oder kulturelle Leistungen verliehen und nicht für politische. Selbst der Staatspreis der Sowjetunion ging nur zweimal an einen Politiker, dafür allerdings an denselben. Der Grund ist eigentlich offensichtlich: Ein Politiker repräsentiert und erbringt äußerst selten eine persönliche Leistung, vergleichbar einer Entdeckung, einer Erfindung oder einem Kunstwerk.

Und ist Charakterfestigkeit eine persönliche Leistung? – Bei den Christdemokraten vielleicht. – Was sag ich! – In jeder Partei ist Charakterfestigkeit eine Leistung. Daß sie gleich zu einem Staatspreis von Nordrheinwestfalen hinaufreicht, scheint mir dann aber doch etwas übertrieben zu sein.

Hätte Frau Merkel in den 16 Jahren ihrer Amtszeit den moralischen Kompass erfunden – dann wäre die gestrige Verleihung womöglich berechtigt. Doch der ist eine Erfindung von Zeloten und wird von den Technikern und Künstlern raffinierter Propaganda verwendet. So wie ein Staatspreis von Nordrheinwestfalen.

Nein , Merkel verdient keinen Staatspreis! Allenfalls hätten ihre Untergebenen den Staatspreis von Nordrheinwestfalen in Merkelpreis umnennen können. Nach sowjetischem Vorbild.

Dienstag, 16. Mai 2023

Sexuelle Belästigung – Das Straßenbild zeigt zwei Seiten der Weiblichkeit: Die eine wickelt sich ihr Tuch immer enger um den Kopf, bis der Spaziergänger unter einer übergroßen Sonnenbrille nur noch die Lippen erkennt; die andere schnürt sich den Stoff ihrer hauchdünnen Hosen so eng, bis sich von hinten nach vorne nur noch Ritzen und Lippen entfalten. Schamlos ist beides, wird doch so oder so sexuelle Gier im öffentlichen Raum zum Sprechen gebracht durch Lippen, die unentrinnbar lautlos saugend nur das Eine bereden.

Fortwährend stellen Frauen so auf ganz verschiedene, indes nur scheinbar gegensätzliche Weisen Nähe her zur männlichen Seite, die verzweifelt, aber vergeblich versucht, auf Abstand zu bleiben. Sie rücken näher und näher heran, auf die Pelle, wie die Volkslippe so trefflich vermerkt. Wer also ernsthaft geglaubt hat, aufdringlich sein wäre ein schlechtes Privileg männlicher Macht, sieht sich getäuscht von seiner Hoffnung, feminine Gebärden wären vielleicht doch ein klein wenig hübscher anzusehen als penetrantes maskulines Getue.

Und sie wissen genau, was sie tun. Eine fehlende Absicht darf man jeder einzelnen nicht unterstellen. Deshalb, und nur deshalb, ist der Tatbestand des Exhibitionismus durchaus gegeben. Sollte man meinen.

Doch das Gesetz gibt einen weiblichen Exhibitionismus nicht her. Dort heißt es nur: »Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.« Exhibitionistische Handlungen durch Frauen sind straffrei. Daß drei Absätze drunter Frauen doch genannt worden sind, zeigt mehr die Verwirrung selbst unter Juristen.

Derweil setzt der Tatbestand der sexuellen Belästigung – und als eine solche bezeichne ich solche Schamlosigkeiten in der Öffentlichkeit – eine übergriffige Handlung voraus. Zur-Schau-Stellen durch übertriebenes Zeigen und Nichtzeigen reichen nicht aus und Männer werden den Anblick wohl oder übel weiter ertragen. Es ist ein wenig wie das Hinterherpfeifen, das Catcalling, das straffrei ist und zum weiblichen Alltag gehört. Und so bilden saugende und pustende Lippen weiterhin ein seltsames Paar.

Montag, 15. Mai 2023

Tapetenwechsel in Deutschland – Seltsam, wenn Dieselben, die eben noch den Machtwechsel in der Türkei mit der Notwendigkeit eines Tapetenwechsels begründen, die Raufaser Deutschlands etwas ganz anderes nennen, das niemals heruntergerissen und neu verklebt werden müsse. Und so dekliniert ein beim Staat fest angestellter Verfassungsrechtler die Möglichkeiten der Bundesregierung für den Fall, daß die Alternative für Deutschland in einem Bundesland mit auf den Regierungsbänken zu sitzen kommt. Verfassungskrise heißt er, wo sein Kollege Carl Schmitt vom Notstand sprach.

Konkret nannte der Staatsdiener und -rechtler Thüringen: »Sollte AfD in Thüringen mitregieren, hätten wir eine wirkliche Verfassungskrise.« Weiß er nicht, daß schon einmal eine Regierung in Thüringen von der Zentrale gestürzt worden ist und dieser Sturz am 6. November 1923 Reichsexekution genannt worden ist? Auch das ein treffendes Wort. Nur klingt es weniger nett als Tapetenwechsel. Dafür ist es allerdings auch ehrlicher.

Wie selbstverständlich fordert ein Professor aus Berlin nicht weniger als den Sturz einer möglicherweise gewählten Regierung in Thüringen. – An dieser Stelle sind wir 100 Jahre nach der Reichsexekution und nach drei Jahren Corona-Notstand in der medialen Öffentlichkeit angelangt. Deutschland, ein Land hat seine Tapeten gewechselt. Oder wurden sie nur heruntergerissen und die alte raue Faser ist wieder sichtbar?

Sonntag, 14. Mai 2023

Die Toren von Bachmut – Die »Torheit der Mächtigen« wurde »The March of the Folly« ins Deutsche übersetzt, jenes Buch der Barbara Tuchman, das jedem Politiker zur Pflichtlektüre auferlegt werden sollte. Es handelt von Kriegen, die nicht nur sinnlos und überflüssig waren, sondern dem Krieger Unheil brachten oder ins Verderben führten. Um es mit dem Propheten Jesaja zu sagen:

Denn der Tor spricht Torheit
Und sein Herz sinnt auf Unheil:
Frevles begeht er
Und redet falsch gegen Jahwe,
Daß leer die Seele hungert
Und dem Durstigen fehlt der Trunk.

Putin ist so ein Tor! Und nach deutlich mehr als einem Jahr hat der von ihm losgetretene Krieg, den er Krieg zu nennen, nicht den Mut fand, eine neue Stufe erreicht. Denn vermutlich geht es, zumindest mittlerweile, bei den Kämpfen um Bachmut nicht mehr um die Eroberung der Stadt im Osten der Ukraine, sondern um etwas ganz anderes.

Die Lage ist wohl folgende: Die Wagner-Söldner rückten bislang, wenn auch langsam, Meter um Meter im Zentrum vor, die Ukrainer hielten und zogen sich kämpfen langsam zurück, die Flanken der Angreifer sicherten unzuverlässige reguläre russische Verbände – und letztere ziehen sich gerade zurück!

Nun wird im Westen gejubelt, denn – so will es scheinen – die Ukrainer schlagen die schwachen Russen auf den Flanken zurück. Videos mit rennenden russischen Soldaten werden im Internet herumgereicht. Eine Einschließung der Wagner-Söldner könnte in den nächsten Tagen erfolgen.

Und was, wenn Moskau sich ganz bewußt seine Flanken zurücknimmt? Nicht, um die Ukrainer in eine Falle zu locken. Nein! In einem eiskalten Machtkalkül zieht Putin seine Truppen zurück, damit die Ukrainer Bachmnut einkesseln und westliche Waffen die Wagner-Söldner im Wonnemonat Mai wund und wirkungslos machen. So vorsichtig, geradezu irritiert, wie Kiew medial auf den Rückzug der Russen reagiert hat, wäre das eine Erklärung für das Geschehen in, um und vor Bachmut. Putin lässt einen gefährlichen Gegner von einem anderen gefährlichen Gegner eliminieren.

Für die Russen ist das nichts neues. Im August 1944 ließen sie die polnische Heimatarmee in Warschau von deutschen Truppen vernichten, um nach dem Völkermord von Katyn weitere wesentliche Teile der polnischen Armee aus dem Weg geräumt zu finden hin zu einer russischen Herrschaft. Erst nachdem die Deutschen diese Drecksarbeit erledigt hatten, rückte die Rote Armee in das völlig zerstörte Warschau ein. Noch einmal Jesaja:

Die Paläste sind verlassen,
Und die Stadt, die voll Getümmel war, ist einsam.
Burg und Turm sind Höhlen für immer,
dem Wild zur Freude,
den Herden zur Weide.

Bis über uns ausgegossen wird der Geist aus der Höhe.

Davon ist Präsident Putin weit entfernt. Nichts von dem, was er tut, ist klug oder von einem höheren Geist inspiriert. Er ist nur noch damit beschäftigt, die Folgen seiner törichten Politik für sich erträglich zu machen.

Samstag, 13. Mai 2023

It’s Showtime in Bachmut! – Seit Wochen wogen die Meinungen über die Offensive der Ukraine gegen die russischen Invasoren durch die Medien. Immer wieder wird eine neue strategische oder militärtechnische Sau durchs Dorf getrieben mit einer weiteren Einschätzung und neuen Vermutungen. Und es bleibt der Eindruck, die Ukraine habe nun, nach all den generösen Waffenlieferungen und Überweisungen endlich Unterhaltung zu liefern. Nicht zu schnell, denn Spannung muß sein. Zugleich nicht zu langsam, sonst schlafen die Zuschauer ein.

Das ist dann wohl das wirklich Neue an diesem Krieg: Daß jedes Schreibfräulein taktisch mitzittern und jeder Stallbursche strategisch mitdenken darf. Und wie es aussieht, greifen die Ukrainer dort an, wo es die Öffentlichkeit und mit ihr die Russen wohl zuletzt erwartet hätten; ein Punkt, den, wenn alle mitraten, zu finden, ganz sicher nicht leicht ist: In Bachmut. Genauer: Auf den schwachen Flanken der Russen im Norden und Süden der Stadt. Irgendwer hat da im Winter wohl die Schlacht um Stalingrad noch einmal studiert, denn dort lief sich die Offensive der Wehrmacht zunächst ebenfalls fest und musste die Flanken von den Armeen der verbündeten Italiener und Rumänen schützen lassen – wo sie der Doppelschlag der Roten Armee überraschte. Die liefen wie die Russen weglaufen. Ihr Krieg war es eben nicht.

Bachmut als Wiederholung von Stalingrad mit den Russen als Wehrmacht auf dem Weg die Ukraine zu entnazifizieren – politische Militärgeschichte kann mitunter ganz amüsant sein.

Freitag, 12. Mai 2023

Mädchen arbeiten lieber mit Menschen – Eine der vielen Ausbildungsoffensiven deutscher Behörden zielt darauf, Mädchen in technische Berufe zu bringen, weil es Geschlechterunterschiede ja nicht gibt und daher eigentlich ungefähr ebenso viele Mädchen wie Jungs Handwerker, Elektriker oder Programmierer werden müssten – was jedoch den Tatsachen nicht einmal näherungsweise entspricht. Immer wieder stellt sich bei diesen Offensiven heraus: Mädchen arbeiten lieber mit Menschen.

Woraus unausgesprochen umgekehrt folgt: Jungs arbeiten lieber mit Technik. Grad so, als hätte das nichts oder weniger mit Menschen zu tun und als würden Jungs weniger mit Menschen machen und womöglich einige Grade weniger menschlich sein als die Mädchen. Wo doch das Gegenteil stimmt.

Wer Software erstellt, also programmiert, oder sich einem technischen Gerät intensiv widmet, indem er es entwirft, zusammensetzt, wieder zerlegt und dann verbessert, beschäftigt sich ununterbrochen mit Produkten des abstrakt denkenden Geistes. Und was könnte wohl menschlicher sein, als das Kreieren von Texten und Dingen im Kopf? – Nur wenig, wenn überhaupt irgend etwas. Wer sich wissbegierig seinen Gedanken hingibt, handelt auf die allzumenschlichste, ja eigentlich allermenschlichste Weise, denn das Denken ist es, was den Menschen zum Menschen macht und zwar umso menschlicher, je abstrakter es ist.

Jungens arbeiten als Techniker am und mit Menschen und hängen der menschlichsten Tätigkeit nach, die sich vorstellen lässt: Dem Denken. Seltsam, daß wir das nicht sehen oder auch nicht sehen wollen. So wenig verstehen wir uns und pflegen statt dessen unsere Stereotypen: Daß Mädchen lieber mit Menschen arbeiten.

Donnerstag, 11. Mai 2023

Politische Peinlichkeiten – Vom eben noch geschätzten Freund, der plötzlich sein wahres Gesicht zeigt, sind wir ebenso peinlich berührt, wie von uns selbst, wenn sich ein bisher wenig Geschätzter als Retter erweist.

So müsste es dem ehemaligen Kanzler Gerhard Schröder ergehen, wenn er in der russischen Botschaft erscheint, um mit seinen Freunden vom Roten Platz – wie gesagt, und man kann es nicht oft genug sagen, der Sozialismus ist die Reichsidee Russlands – den Siegestag über Deutschland von 1945 zu feiern. Mit von der Partie im Palais an den Linden blaugraue Dunstgestalten, die an die einstige Größe Deutschlands erinnern wollen zusammen mit den rotbraunen Geistern der alten Sozialisten des Landwehrkanals, die weiterhin an die historische Sendung Russland glauben und keinen Sinn für den Widersinn haben, mit denen an einem sehr langen Tisch zu sitzen, die gerade den Zweiten Weltkrieg in der Ukraine fortsetzen wollen. Loser unter sich, die es für Weisheit halten zu sagen: »Aus diesem Krieg geht die Ukraine genauso als Verlierer hervor wie Russland. Es gibt wieder nur einen Gewinner, und dieser Gewinner, der heißt USA.«

Das hätten vor Jahren noch fast alle Grünen sofort unterschrieben und viele würden auch heute nicht zögern. Nur sitzen sie jetzt in der Regierung zusammen mit den Sozialdemokraten, die das ebenfalls denken, allerdings nicht mit in der russischen Botschaft. Und auch das müsste auf seine Weise peinlich sein für die Grünen. Nicht wegen des Krieges, mit dem Russland Europa bedroht; Russland ist für die Grünen nicht peinlich. Aber daß sie nun eine Frontlinie bilden mit den ehedem verhassten Vereinigten Staaten, dem katholischen Polen, dem anti-islamischen Mitteleuropa und der nationalistischen Ukraine – das sollte für die Grünen ebenso peinlich sein, wie für Gerhard Schröder und seine rot-blau-weißen Genossen der Besuch in der russischen Botschaft.

Mittwoch, 10. Mai 2023

Denken historischer Daten - Es gibt offizielle historische Daten, die von Staaten angeordnet gefeiert werden – der gestrige 9. Mai ist so einer in Russland. Und wenn Olaf Scholz gestern von diesem Tag als »einzig richtiger Antwort auf den von Deutschland entfesselten Weltkrieg, auf zerstörerischen Nationalismus und imperialistischen Größenwahn« redet und abgleitet ins metaphorische, denn natürlich ist ein Gedenktag keine Antwort und schon gar keine richtige Antwort, dann nebelt er ein. Scholz hätte sagen können: Waffenproduktion und Krieg sind die einzig richtige Antwort auf imperialistischen Größenwahn. Dann läge er richtig. Doch einen Gedenktag, der an die Kapitulation des Deutschen Reichs erinnert, ist keine Antwort auf diesen Weltkrieg, sondern erinnert an sein siegreiches Ende in Europa.

Indes, Kanzler Scholz denkt nicht historisch, sondern sondert sozialdemokratische Floskeln ab und einmal mehr Liebesgrüße nach Moskau.

Wer historisch denkt pflegt neben den offiziellen seine eigenen historischen Tage; Tage, die eine Bedeutung haben, obgleich sie vergessen werden. Freitag, der 10. Mai 1940, ist einer davon. Die Wehrmacht begann ihre Offensive zur Überraschung der Westalliierten in den Ardennen und Churchill wurde zum Premierminister ernannt. Es ist ein Tag, der den Anfang vom Ende des alten Europas markiert, weil die alten europäischen Mächte ein letztes Mal unter sich Krieg führen werden. In wenigen Wochen wird der Wunsch der Deutschen nach einem Sieg im Ersten Weltkrieg erfüllt – ein kurzer Siegesfrühling beginnt 20 Jahre zu spät. Frankreich bricht unerwartet rasch fast kampflos zusammen. England erfüllt sehr bald seinen allerletzten historischen Sinn.

Ein Tag voller Siegeswünsche und Ängste, am Ende doch zu verlieren oder, schlimmster möglicher Fall, überhaupt nicht zu kämpfen und blutleer aber lebensliebend überwältigt zu werden, ist dieser vergessene Freitag. Und daher ist der 10. Mai ein Tag, der mir, gerade angesichts des Widerstands der Ukrainer am Ostrand Europas, durch den Kopf geht, wenn der Kalender ihn mir früh morgens anzeigt.

Dienstag, 9. Mai 2023

Gewöhnen an den Krieg - Am 9. Mai erinnert sich Russland seines Sieges über Deutschland. So bleibt der Krieg als Erfolg in Erinnerung und zugleich werden die Schattenseite, also die Opfer, verdrängt und die Helfer und die Jahre, in denen Krieg normaler Alltag geworden war und nicht mehr etwas hinter dem Horizont.

Wir sind gerade dabei, den Krieg Normalität werden zu lassen. »Die Berichte aus dem Chinesenviertel von Saigon haben wir fast vergessen, als seien die Nachrichten vom Krieg nicht jeden Tag neu«, beschreibt Uwe Johnson für den 9. Mai 1968 diese Drift Richtung Gewöhnung, heutzutage mühsam betäubt durch die Hoffnung auf eine ukrainische Offensive und daß sie denn endlich beginne. Uns fehlt die Vorstellung vom Alltag des Krieges, daß die Post in die Trümmer gebracht wird und das Internet auch im Luftschutzkeller noch funktioniert und wehe nicht.

Erst im Rückblick verfangen sich die Sondertage im kollektiven Unbewußten, die Tage der großen Siege, der schweren Niederlagen und der lange kalte Atem der Tage und Wochen dazwischen verschwimmt, wird vergessen. Diesen Rückblick haben wir nicht und blicken von Innen auf dieses feine Rutschen in den Alltag des Krieges, haben die Berichte aus Bachmut fast vergessen, schauen nicht mehr auf die Karte, wo Bachmut denn nun eigentlich liegt. Aber wartet, wenn erst die Offensive beginnt. Dann sind wir wieder vor Ort. Dann, wenn die Nachrichten vom Krieg wieder jeden Tag neu sind.

Montag, 8.Mai 2023

Humanistische Kolonialpolitik - Mit offensichtlicher Häme reagieren Teile der politischen Öffentlichkeit auf die Weitergabe der sogenannten Benin-Bronzen an den Oba Ewuare II., das Oberhaupt der früheren Königsfamilie von Benin, ein schwarzafrikanischer, ökonomischer Zwergstaat an der Westküste Afrikas – das Saarland hat ein doppelt so hohes Bruttoinlandsprodukt, dafür hat Benin das 17-fache an Einwohnern. Mit viel Tam-Tam – und damit sind ausdrücklich nicht afrikanische Trommler gemeint, sondern die grünen Cheer-Leader um Fräulein Roth, Fester und Co –, waren die Benin -Bronzen zuvor brav in Afrika beim Präsidenten von Nigeria abgeliefert worden, bevor sie den Besitzer umgehend ein weiteres Mal wechselten.

Die Kritik ist zwar berechtigt – allerdings nicht diese Kritik: Baerbock hätte die Bronzen nicht einfach ohne Garantie, daß sie öffentlich zugänglich bleiben, weggeben dürfen. Denn wer immer akzeptiert – und das tun praktisch alle – daß es sich bei den Bronzen um Raubgut handelt, muss auch akzeptieren, daß die Bronzen in den Besitz des rechtmäßigen Eigentümers gehören.

Das Perfide an dieser Restituierung: Die Bronzen gehen an den Nachfahren eines der größten Verbrecherclans Westafrikas. Schließlich gibt es wohl kaum ein Menschheitsverbrechen, das von ihnen nicht verübt worden ist. Angriffskriege, Massaker, Sklavenjagd und Sklavenhandel mit den Mitglieder der eigenen Völker, Menschenopfern zu Ehren der Ahnen; Verhältnisse also, wie sie früher auch in Mittel- und Südamerika herrschten. Neben der Königsfamilie Benins sind die Romanows Vertreter eines aufgeklärten Humanismus. Spötter würden sagen: Dem Nachkommen eines solchen Königs die Bronzen als Eigentum zu übergeben, wäre ungefähr so, als würde geraubter jüdischer Besitz an die Kinder Görings zurückgegeben, weil er sich zwischenzeitlich im Besitz des Ahnen Hermann Göring befand.

Doch Raubgut ist Raubgut und das gibt man eben zurück an die Räuber – wer auch immer das sein mag. So oder so ähnlich haben Baerbock und Roth wohl gedacht, falls sie denn überhaupt nachgedacht haben. Und damit liegen sie richtig, sofern sie die Unabhängigkeit aller afrikanischen Reiche aller Zeiten betonen.

Allerdings sollte das deutsche Außenministerium dann auch das unabhängige, bestialische Verhalten jener Neger-Reiche betonen! Und zwar gerade dann, wenn es unter der Ägide der agilen Völkerrechtlerin Baerbock selber andernorts auftritt, als hätte es den Humanismus mit Löffeln gefressen. Wer in China Menschenrecht predigt, sollte in Afrika auf die Gewinne der schwarzen Sklavenhändler verweisen und nicht den Eindruck erwecken, als wäre Sklavenkauf und -verkauf ein Monopol weißer Händler gewesen.

Roths und Baerbocks Fehler ist also nicht die Rückgabe jener Bronzen gewesen – ihr Fehler, wenn man ihre eigenen Maßstäbe ansetzt, ist ihr Schweigen zu den Verbrechen der Schwarzen. Aber so ist das bei Praktikantinnen, die auf Grund eines technischen Versehens plötzlich im Präsidentensessel des, sagen wir, Oval Platz nehmen, nicht näherungsweise so verführerisch sind wie andere Präsidentenverführerinnen, und denen die Rolle des Präsidenten rasend schnell über den Kopf wächst. Sie entwickeln sich zu einer Art Neureiche der Macht und Moral brauchen sie nur, weil sie die Macht schöner macht und unschuldiger daherkommen lässt.

Und ein moralischer Auftritt in Benin, etwa eine Rede gegen schwarzen Sklavenhandel durch schwarze Könige, hätte ja auch tatsächlich einen schlechten Eindruck hinterlassen: Eine Weiße, die den Schwarzen humanistische Ideale predigt?!? Der Vorwurf des Kolonialismus wäre Baerbock umgehend um die Ohren geflogen und das nicht nur von Negerfürsten, sondern auch aus den Ortverbänden der Grünen. Denn auch dort will man von der Erkenntnis, daß der Humanismus ein Ideal von Weißen für Alle ist, nichts wissen. Soviel Selbstverleugnung im Interesse der Machterhaltung muss sein.

Sonntag, 7.Mai 2023

Politische Psychologie der Klimakleber - Dieser Tage erlebt Berlin den Aufstand der eigenen Kinder. Unter dem Vorwand, das Klima retten zu wollen, legen ungezogener Nachwuchs und umerzogener Überwuchs, der sich grüner wähnt, als er ist, die Verkehrswege lahm; sie proben den Aufstand, indem sie sich auf der Fahrbahn festkleben. Genervt von der übertrieben passiven Polizei, die die Klebenden behutsam vom Fahrdamm abtrennt, legen einige Autofahrer selber Hand an und reißen die Täter unwirsch vom Asphalt.

Und schon beginnt das Wehgeschrei der schrecklichen Kinder: Gewalt, Nötigung, es ist gar von Folter die Rede, die sich dadurch auszeichnet, daß »einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen zugefügt werden, zum Beispiel, um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund.«

Mit dieser Definition ist allerdings klar: Dann zählt das Ankleben auf der Straße gleichfalls zur Folter, denn daß es sich um Nötigung handelt, wurde mittlerweile von zahlreichen Gerichten bestätigt. – Folter als Allerweltsdelikt; sowas passiert, wenn man Wörter, die schlimmes bezeichnen, als Mittel im politischen Alltagskampf einsetzt. Sie entwickeln ihr Eigenleben, denn die Sprache lässt sich von niemandem kontrollieren; keiner kann bestimmen, wer welche Wörter wofür verwendet und mit Folter welche Taten bezeichnet.

Wenn aber das Ankleben auf der Straße zur Folter wird, dann reagieren die Autofahrer lediglich auf eine Bedrohung, wehren sie ab – und manövrieren die Klimakleber sich in eine gleich doppelt missliche Lage. Denn zum einen sind sie es, die sich über eine Behandlung beschweren, die sie selber anderen zugefügt haben. Und zum anderen bewegen sie sich in die Nähe Wladimir Putins, der sich gleichfalls über einen angeblichen Anschlag auf sein Leben beschwerte, während er gleichzeitig in der Ukraine im Rahmen der Spezialoperation tausendfach tötet.

Das hat, ganz sicher bei Putin und in Abstrichen auch bei den Klimaklebern, etwas von der Perversion jener Verbrecher, die Verbrechen begehen und sich dann echauffieren, wenn mit ihnen gemacht wird, was sie mit anderen machen. Diese Umkehrung des kategorischen Imperativ – »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.« – widerspricht jeder Logik, hat aber einen simplen psychologischen Kern: Die Täter sind so von sich selbst überzeugt, daß der Imperativ nach ihrer Überzeugung für sie selber nicht gilt. Sie wähnen sich jenseits aller Gesetze. Sie glauben sich über dem Gesetz, wie es für andere gilt. Und das, dieses psychologische Urteil, trifft auf Putin ebenso zu wie auf die schrecklichen Kinder, die auf der Straße festkleben.

Samstag, 6.Mai 2023

Scholz' Shoppingtour auf dem Schwarzmarkt – Kanzler Scholz weilt in Kenia. Und vielleicht hat er ja, in Abwandlung eines alten jiddischen Witzes, seinen Gastgeber am Flugplatz bettelnd mit den Worten begrüßt: »Ein paar brauchbare Fachkräfte, bitte, ein paar Fachkräfte bitte!« – Und der, Präsident Ruto, hat geantwortet: »Hier, Kanzler Scholz, hast du ein paar Kellner.« – Worauf Kanzler Scholz sich empört: »Was! Nur ein paar Kellner? Vor ein paar Jahren hast du mir Kellner und Fußballspieler gegeben.« – Präsident Ruto: »Die brauchen wir selber, weil die Wirtschaftslage hier schlecht ist und ich die Leute mit Spielen in Laune halten muss.« – Kanzler Scholz: »Wie? Wenn eure Wirtschaft schlecht läuft, soll Deutschland darunter leiden?«

Der Witz erläutert den Begriff der Chuzpe, der etwas im Dunstkreis von Frechheit, Dreistigkeit und Unverschämtheit beschreibt. Wobei die Chuzpe im Fall der Kanzlerreise nicht nur den Auftritt von Kanzler Scholz meint, sondern zudem die Art, wie die Medien es ignorieren, daß Kanzler Scholz nach Kenia reist, um dort Fachkräfte einzusammeln, die sein eigenes Land nicht mehr ausreichend auszubilden versteht. Denn die Art Shoppingtour des Sozialdemokraten auf dem Markt für Schwarze ist nicht nur frech oder dreist, sondern vor allem obszön.

Oder wie soll man es nennen, daß der deutsche Kanzler in Afrika nach Fachkräften sucht, den dortigen Ländern also nimmt, was sie dringender brauchen denn je, um wirtschaftlich irgendwann einmal auf eigenen Beinen stehen zu können? – Obszön, dieser Begriff aus dem Dunstkreis von Schmutz, Verderben und Schamlosigkeit, dieser Begriff passt auf die Politik des Kanzlers.

Und das nicht nur, weil Kanzler Scholz Afrika Fachkräfte nimmt, sondern weil in seiner Regierung sicherlich Leute sitzen, denen die Folgen dieser Fachkräfteabwerbung sehr wohl bewußt sind: Die afrikanischen Staaten kommen nicht auf die eigenen Beine und sollen es auch gar nicht. Denn nur als wirtschaftlich schwacher Kontinent produzieren die Länder Afrikas weiterhin Migranten für Deutschlands Hilfsindustrie. Schließlich müssen die Annas und Ricardas nach einem Soziologie- oder Polit-Studium in Arbeit kommen in Bereichen, in den Deutschland einen Überschuss an Fachkräften hat. Scholz sprach daher völlig zu recht von einer Win-Win-Situation: Deutschland erhält Fachkräfte, die Hilfsindustrie bleibt am Laufen und – als Sahnehäufchen (!) –, Mister Wirecard heißt weitere Wähler willkommen, die bei der SPD ihr Kreuzchen machen. Denn sicherlich wird jede Fachkraft aus Kenia umgehend Deutscher.

Natürlich ist der Versuch, Afrika die wenigen Fachkräfte, die es hat, abzuwerben, rein juristisch legal. Allerdings öffnet dieser Handel auf dem Markt für Schwarze einen moralischen Abgrund. Schwarzmarkt ist daher der passende Name.

Freitag, 5.Mai 2023

Gebildete Karrieren – Als Karl Mannheim den zeitgenössischen Intellektuellen kennzeichnen wollte, beschrieb er ihn als »gebildet« und betonte seine besondere Rolle. Während die Gemeinen sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, und »kein Beruf und keine Stellung in der Gesellschaft« »ein Bewußtsein für die Angelegenheiten aller Menschen« erfordert, sind es »die Gebildeten, die mit unserem Stand der Dinge, und nicht nur ihrem, en rapport bleiben, und in diesem Sinne sind sie in eine Situation involviert, die uns alle angeht.«

Robert Habeck gilt allgemein als gebildet. Als solcher – und nicht etwa als »der Robert«, der die Partei der Grünen bei Laune hält – ist er bisher erfolgreich gewesen, denn er füllte ein Leerfeld, das kein anderer Politiker aktuelle so gut ausfüllen konnte. In seinen Interviews gab es sich weise, bedächtig, fast andächtig kann man sagen. Dazu ein Äußeres, das, jedenfalls nach den Maßstäben einer Friseuse, ausgesprochen angenehm, dabei niemals spießig wirkte, denn frisch kam er, im Gegensatz zu den Pennälern von Junger Union und Jusos, gleichfalls überzeugend herüber.

Als Gebildeter konnte er für alle reden und bei Wählerinnen kam er mit seinem Äußeren besonders gut an. Das machte ihn unangreifbar. Politiker mögen die Konkurrenz wegbeißen wollen – beißen sie einen beliebten, gebildeten Schönling, kommen die Bilder auf jeder Plattform schlecht rüber. Bei seinen politischen Gegnern ist Habeck deshalb aus tiefstem neidischem männlichen Herzen verhasst. Und so konnte er die von den Medien wie eine heiße Kartoffel fallen gelassene Annalena Baerbock beerben und sich ins Ministerium für Wirtschaft wagen.

Diese Zeit ist vorbei. Die rasant steigenden Gasrechnungen hatten die Bürger noch in Erinnerung, da kommt der Minister mit der nächsten Erhöhung und ohne es zu sehen, hat er den Bogen überspannt. Sogleich ließen die Medien auch diesen Stern der Grünen vom Himmel abstürzen, denn die Medien mögen Macht haben, gegen die Realität einer Rechnung kommen sie eben nicht an. Umgehend suchen sie sich einen Schuldigen aus und da trifft es den, der dem Land die Misere eingebrockt hat.

Nun kehrt sich die Rolle als jener, der mit dem Stand der Dinge en rapport bleibt, also mit den Dingen in Verbindung, um, und Habeck erscheint als der, der sich nicht für die Bürger interessiert; etwa, das man einem Gemeinen oder auch einem medialen Vertreter niemals vorwerfen können. Sie sprechen ja wie alle anderen ausschließlich für sich. Der Gebildete, insbesondere der gebildete Politiker, wird dagegen, wenn er die Verbindung zum Volk verliert, zum Pastor, der mit der Haushälterin durchgebrannt ist, statt sie nur am Sonntag nach der Predigt zu sich zu nehmen. Jetzt treten andere Eigenschaften des Gebildeten vor, etwa Überheblichkeit, Abgehobenheit und Arroganz. Und schon ist er als Politiker unhaltbar. Er stürzt ab.

Donnerstag, 4.Mai 2023

Kriegerlyrik - Seit Wochen wird über einen Angriff Rot-Chinas auf die Republik China, kurz Taiwan, geredet. Und daß er direkt in einen Dritten Weltkrieg führen könnte. »So realistisch ist das Dritter-Weltkrieg-Szenario wirklich«, verspricht der Blätterwald uns zu offenbaren, um dann phraseologisch zu werden: »Dass es dazu kommen könnte, ist nicht unwahrscheinlich, aber auch nicht gewiss.« Schon zwei Verszeilen aus »Woronesch« bringen uns Russland und seine Kriege sehr viel näher als diese leere Wahrscheinlichkeitsrechnung:

Und einen Hauch der Schlacht vom Schnepfenfeld,
Verströmt das Land, machtvoll und siegergekrönt.

Sollten wir uns nicht vielleicht angewöhnen, bevor wir uns in einem Krieg engagieren, der Kriegerlyrik des möglichen Gegners zu lauschen, statt seinen Radiosendern? Schließlich litt Anna Achmatowa, von der beide Zeilen stammen, als Russin unter dem Kreml, ohne jemals weniger Russin geworden zu sein.

Nicht aus Mitleid mit dem Gegner; Nein, um den Gegner kennen zu lernen, um ihn wie ein Stratege studieren zu können, sollten wir uns den Bericht vom Geschützlärm einprägen, als er nach Wochen der Erwartung bis nach Leningrad drang:

Fernem Donnergrollen glich er,
Wie ein Bruder anfänglich,
Jedoch im Donner muß,
Die Feuchtigkeit der Wolken sein
Und die Gier von Flur und Hain,
Nach frohem Regenguß;
Doch höllisch trocken krachte der;
Bestürzt, verwirrt war das Gehör,
Je mehr er wuchs im Wind

In ihre Zeilen haben die Kriegsgegner ihre Angst eingelassen vor einer Bedrohung und daß sie nicht weglaufen werden, es sei denn, der Marschbefehl kommt aus dem Kreml; weg in die asiatische Weite und des nachts wieder zurück:

Und vor allem dann in Träumen
Alles, was bald sich ereignet:
Der Tod überall – in Flammen die Stadt,
Und in Hochzeitsblüten Taschkent.

Kriegslyrik rückt Feindesland vorm Kriegsbeginn näher, geschundene Landschaft, die wir, sobald die Armeen zu rücken beginnen, verorten lernen. – – Wer wußte denn vor zwei Jahren schon, wo Mariupol sich an die See schmiegt? Wo Bachmut liegt? Wo Charkiv? Und wo in Asien Taschkent?

Und mit etwas Glück erkennen wir im Blickwinkel der russischen Dichterin Erkenntnisse über das Land, gegen das wir womöglich die Waffen erheben:

Es sind deine Luchsaugen, Asien,
Die etwas in mir erspäht,
Die hervorlockten etwas Verborgnes,
Das die Stille gebar,
Das schwer zu ertragen und quälend,
Wie in Termes die Mittagsglut.

Termes – Unbekannter Ort angelehnt an einen Fluß, der Grenze zu einem Land der vergessenen Kriege, deren einen wir bis vor kurzem noch führten. Haben nicht auch wir dort in den Augen Asiens etwas erspäht, als Russlands Krieg gegen die Ukraine begann? Und wurde nicht auch in uns hervorgelockt, was in der Stille verborgen war und schwer zu ertragen und quälend, weil wir selbst es gebaren? – Etwas germanisches?

Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.

Wir Germanen in den Weiten Asiens und an den Rändern zu den Gebirgen hinter denen China liegt und dahinter das andere China – Taiwan.

Wir sollten die Kriegslyrik unserer Kriegsgegner kennen und uns schon jetzt die Namen der Städte in Taiwan einprägen und die Lage der Orte an der chinesischen Küste, bevor sie Kriegsgebiet sind und kreischende Raketen das Rollen der See überdröhnen.

Mittwoch, 3.Mai 2023

Wanted: Military ChatBot - Welche Ukrainische Offensive hätten's denn gern? – Alle erwarten sie, einige fürchten sie und keiner weiß etwas genaues. Die Offensive der ukrainischen Armee gegen die russische Invasionsarmee scheint vor der Tür zu stehen und im Netz wabern die Einschätzungen hin und her. Dabei gehört es – sofern man nicht materiell deutlich überlegen ist – zu den ersten Prinzipien einer erfolgreichen Kriegsführung, den Feind über eine anstehende Offensive im Dunklen tappen zu lassen; und zwar über das Ob, das Wo und das Wie. Das war im Frühjahr 1940 im Westen nicht anders, als im Sommer darauf im Osten oder einige Monate später in Pearl Harbor. Für die materiell unterlegene Seite ist die absolute Geheimhaltung sogar Pflicht.

Die Ukraine ist unterlegen, allerdings auf eine israelische Art. Sie wird also niemals Russland erobern, aber sie kann die russischen Truppen schlagen, wann immer sie will. Fraglich ist nur, ob und wann und wo sie zuschlägt.

Dabei ist es, getreu der Anmerkung von Clausewitz, daß im Krieg das Einfachste schwer und das Schwerste einfach wird, ganz einfach: Nach dem Übergang über den Dnjepr, den die deutschen Blätter verschämt immer noch Dnjepro nennen, um nicht an ihren eigenen Vormarsch vor bald einem Jahrhundert erinnert zu werden, nach dem Übergang über den Dnjepr im äußersten Westen, d.h. südwestlich von Cherson, drehen die ukrainischen schnellen Verbände nach Osten ein, lassen die Übergänge zur Krim rechts liegen und stoßen auf Melitopol vor. Da die russischen Besatzer auf der Krim nur verteidigen können, droht von dort kaum Gefahr. Nach einem Vorstoß auf Melitopol stehen zwei Möglichkeiten offen: Nach Norden zum Atomkraftwerk in Saraposchja und nach Südosten ans Asowsche Meer.

Über die Kapazitäten für eine solche Offensive verfügt die Ukraine nach den Panzerlieferungen aus dem Westen mittlerweile. Die aus den USA gelieferten HIMARS mit der Reichweite von 130 Kilometer, sind sicherlich fähig, die zudem bei Bachmut ausgebluteten russischen Verbände auf Abstand zu halten. Daß Russland nach den Verlust an Panzern zu einer Gegenoffensive fähig sein sollte, um die Keile der Ukrainer seinerseits einzukeilen, darf bezweifelt werden. Und da die russische Marine sich nicht mehr an die Küste herantraut, droht auch von dort kaum Gefahr.

Je nach Kräfteverbrauch wird anschließend womöglich die große Lösung gewählt: Angelehnt ans Asowsche Meer der Vorstoß auf Mariupol. So können die Russen den ukrainischen Keil nur von einer Seite bedrohen und laufen dabei Gefahr, ihrerseits von Norden aus dem Raum Saraposchja angegriffen und eingeschlossen zu werden. Beim momentanen Zustand der russischen Truppen könnte es spätestens jetzt zum Rückzug der Russen kommen, der schnell in eine Flucht ausarten könnte – zwei könnte, denn im Krieg so weit im voraus zu planen zeugt von wenig Erfahrung. Das strategisch Ziel wäre klar: Die besetzte Krim wird von den Zufahrtswegen nach Russland getrennt und es bleibt nur jene Brücke bei Kertsch. Sie de facto zu sperren ist aber ein leichtes.

Einiges deutet darauf hin, daß dieser Angriffsvariante gewählt wird. Schon sind die ersten Übergänge über den Dnjepr gesichert. Die Angriffe auf Öltanks und Eisenbahnanlagen sorgen zugleich dafür, daß Russlands Reserven in Frontnähe mangelhaft sind oder die Front gar nicht erst erreichen.

Natürlich wird auch der Generalstab in Moskau – oder wer immer gerade das Kommando führt in Russland – diese Variante durchdenken. Allerdings sollte niemand die Beschränktheit der Militärkader unterschätzen. Die Westalliierten rechneten eben nicht mit einem Vorstoß der Wehrmacht durch die Ardennen – weder 1940 und noch einmal nicht im Dezember 1944, als angeblich alles vorbei war. Auch die Ägypter rechneten im Oktober 1973 nicht mit einem Übersetzen der Israelis über den Suez-Kanal und als es soweit war, hatten sie alles verloren.

Wird im Zeitalter des Internet umsichtiger und klüger entschieden? – Wer sich den Vormarsch der Russen vor einem Jahr genauer anschaut, wird resümieren: Im Ernstfall wird wieder ebenso falsch entschieden, egal was das Internet sagt.

Kleiner Nachtrag: ChatGPT sollten die Russen nicht nach dem Plan der Ukrainer fragen. Der verweigert militärische Empfehlungen.

Dienstag, 2.Mai 2023

Wer weiß schon, was Chinesen wollen!? – Zu den rhetorischen Floskeln eines jeden Putin-Verstehers und Xi-Deuters gehört, daß wir, gemeint sind die Deutschen, uns nicht in die Gelegenheiten anderer einmischen sollten. Zielscheibe Numero Eins, zumindest derzeit, ist Annalena Baerbock, die sich bei jeder Gelegenheit einmischen will und mit ihrer Rede von einer »feministischen Außenpolitik« hausieren geht, als gäbe es kein Morgen, und ohne zu wissen, was hausieren im Deutschen bedeutet; jedenfalls nichts nettes.

In einem längeren Gespräch hat sich nun auch Richard David Precht zur Ministerin ohne fachlichen Hintergrund geäußert und harte Worte gefunden. Unter anderem attackiert er die ungebändigte Lust der Frau Baerbock, anderen zu sagen, was richtig ist und was falsch. Und nachdem Precht gefragt hat: »Warum können wir die« – gemeint sind die Chinesen – »nicht in Ruhe lassen?«, und ergänzt: »Ich möchte nicht gern in China leben. Ich bin ein absolut glühender Anhänger westlicher Werte«, kommt er zu der Erkenntnis: »Aber gerade, weil ich das bin, würde ich mit diesen Werten nicht missionieren und rumdrohen

Weiter poltert Precht: »Dass jemand mit dieser moralischen Inbrunst einer Klassensprecherin einer Weltmacht, einer Kulturnation versucht zu erklären, was westliche Werte sind, sie als systemische Rivalen definiert und quasi ein Eskalationsszenario an die Wand malt, eine wertegeleitete Außenpolitik, die in Wirklichkeit eine konfrontationsgeleitete Außenpolitik ist, statt einfach mal kleine Brötchen zu backen.«

Diese Kette von Schenkelklopfern ist typisch für den politischen Ton in deutschen Medien und ich gebe zu, auch ich habe gelacht. Bis ich die grammatikalische Unschärfe sah und mich fragte, seit wann Baerbock Klassensprecherin einer Weltmacht ist und bemerkte, wie solch mäßige Rhetorik die Erkenntnis zuschüttet, daß Precht nicht anders argumentiert als Frau Baerbock, wenn er fragt: »Können wir die nicht in Ruhe lassen?«. Denn damit wird unterstellt, daß »die Chinesen« mit ihrer Regierung, deren totalitären Charakter Precht unumwunden zugibt, in Ruhe gelassen werden wollen.

Und woher weiß der »Promi-Germanist« – ja, auch darüber wird gelacht –, was »die« wollen in Peking? In Shanghai?? In Hongkong??? – Precht weiß es nicht. Baerbock weiß es ebenfalls nicht. Und beide können nur raten, was die in China wohl wollen. Es sei denn, Precht hat mit »die« die Regierung in Peking oder Pjöngjang gemeint, was man aber wohl ausschließen kann. Da bin ich ziemlich sicher.

Anders formuliert: Precht möchte die Chinesen auf dem Festland mit ihrem totalitären Regime allein gelassen wissen. Und was Precht als Ruhe bezeichnet, die er ihnen, den Chinesen, lassen möchte, ist nichts weiter als die Ruhe, wie sie als Vorzug jeder Diktatur gilt und die bei anderen Gelegenheiten auch als Friedhofsruhe bezeichnet worden ist. Wenn das seine Meinung ist, dann sollte Precht sie auch so aussprechen. Allerdings fänden das dann nicht mehr sehr viele sonderlich witzig.

Montag, 1.Mai 2023

Im Gedenken an die staatenlose politische Seele Angela Merkels – Über politisch Tote soll man nicht schlecht reden, könnte man nach dem Auftritt der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel auf der Leipziger Buchmesse in Anlehnung an das klassische »De mortuis nil nisi bonum« sagen und dann schweigen. Wäre da nicht ein Punkt, der einen kurzen Blick in die Seele, genauer die politische Seele der unglückseligen Frau aus Greifswald erlaubt. Sie, der Deutschland zuerst die Energiewende und dann ab 2015 den Ritt über den Bodensee der Migrantenwellen verdankt, erklärt sich selbst zur Migrantin und damit die Politik in jenem verhängnisvollen Sommer nicht ganz 100 Jahre nach Verdun und 200 Jahre nach Waterloo.

Diese Selbstkonstruktion zur Migrantin ist im Grunde so einfach, daß es wundersam scheint, sie nicht schon längst als Beschreibung für die Hintergründe der bis heute undurchsichtigsten Entscheidung der Regierungschefin von damals wahrgenommen zu haben. Sie, das frisch gebackene Mitglied der CDU Angela Merkel, habe im wiedervereinigten Deutschland als Ostdeutsche und Westdeutschen selber einen »Migrationshintergrund« gehabt und als bedrückend erlebt. Und weil das so war und sie mehr als einmal auf diesen als ihre Schwäche verwiesen wurde, habe sie junge Migranten ermutigen wollen, »in Deutschland Fuß zu fassen«. Schließlich hatte sie es geschafft, Kanzlerin Deutschlands zu werden. Warum sollten Migranten aus dem Morgenland es nicht ebenfalls schaffen? Die Kanzlerin als Vorbild und unter jedem Kopftuch der Wille einer Frau Merkel – falls das kein gutes Motiv ist, nach einem Psychologen zu rufen, schon um das »Wir schaffen das!« an den richtigen Punkt der Geschichte zu rücken, was denn, bitte schön, dann?

Wenn Frau Merkel nun zumindest eingesteht, daß ihre Nachbildmigranten die Kluft zwischen islamisch geprägten Ländern und Bürgern westlicher Staaten nicht überwinden werden, was sie jedoch verleugnet habe, dann hilft das denen, die schon länger als Bürger westlicher Staaten hier leben, herzlich wenig und noch weniger den ostdeutschen Bürgern, zu denen die Kluft noch größer ist. Wir werden dank Kanzlerin Merkel in absehbarer Zeit selbst zu Migranten im eigenen Land. Es braucht keine besondere psychologische Deutungshoheit, hier eine Rache zu wittern, eine Rache sowohl an den west- als auch an den ostdeutschen Bürgern. Die ostdeutsche Regierung hatte das FDJ-Mädel als Folge der eigenen Kapitulation vor den Protesten in Leipzig und anderen ostdeutschen Städten zur Staatenlosen gemacht und die westdeutsche Öffentlichkeit hatte sie anschließend als Kohls Mädchen versucht, zu ignorieren. So wird ein Schuh draus.

Aus dieser Warte wird auch Merkels skandalöser Satz: Wenn man sich dafür entschuldigen müsse, in der Flüchtlingskrise ein freundliches Gesicht gezeigt zu haben, »dann ist das nicht mein Land«, verständlich. Das wiedervereinigte Deutschland war überhaupt niemals ihr Land; sie war immer eine »angelernte Westdeutsche«, wie ein Kommentator einmal sagte, eine politische Quereinsteigerin, wird heute gesagt, eine aus der sozialistischen Heimat Vertriebene, werden Historiker vielleicht einmal sagen.

Angela Merkel war eine heimatlose politische Seele, die sich für den Verlust, den sie mit der Maueröffnung erlitt, an Ost- und Westdeutschen rächte, indem sie alle zu Migranten im eigenen Land gemacht hat. Nun ist sie politisch tot, und wir müssen mit den Geistern, die sie rief, unseren Alltag bestreiten. Kummer lohnt sich nicht und schlecht über sie reden, hilft ebenfalls wenig. Nur eine Lehre bleibt für dieses Land und die, die schon länger hier leben: Meidet die Staatenlosen, die sich nach Deutschland mogeln, um Kanzler zu werden. Lasst ihr sie an die Regierung, erkennt ihr euer Land schon bald nicht mehr wieder.

Sonntag, 30.April 2023

Relativierung des Holocaust – Es ist nicht jedem Intellektuellen gegeben, jeden Begriff zu verstehen und so muß oder sollte der Zeitgenosse Rücksicht nehmen auf den Präsidenten einer Universität, der nicht genau weiß, was Relativierung bedeutet. Und weil er das nicht weiß, kann er auch nicht wissen, wer wann was relativiert. Und wenn der Tübinger »Burgmeister«, wie Uwe Johnson seinen russischen Oberst in gebrochenem Russisch-Deutsch den von ihm eingesetzten Bürgermeister nennen lässt, wenn also Boris Palmer sich verteidigt, indem er seine politischen Feinde – gibt es denn überhaupt andere als politische Feinde? –, indirekt als »Nazis« bezeichnet, dann relativiert er zwar die Nationalsozialisten, allerdings ist er nicht der Einzige im politischen Raum, der das Reich der niederen Dämonen relativiert hat.

Als Palmer auf einer öffentlichen Veranstaltung seinen Gebrauch des N-Worts, die neudeutsche Abkürzung für Neger, erläutert, schallt ihm aus dem Zuhörerraum von einigen, die nur Zuschauen wollen, der Ruf »Nazis-Raus« entgegen. Prompt schleudert Palmer zurück: »Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem Ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für Euch ein Nazi. Denkt mal drüber nach.« Und dafür, für diese Retourkutsche – denn nichts anderes als die billigste aller rhetorischen Wendungen war diese Antwort –, für diese Bemerkung geriet Palmer ins Visier des Präsidenten der Goethe-Universität in Frankfurt, dem Ort, an dem das kurze Rededuell ausgetragen worden ist.

»Jede explizite oder implizite den Holocaust relativierende Aussage«, ließ die Uni-Leitung im gewohnten Plattitüdenton des moralischen Oberlehrers verlauten, »ist vollkommen inakzeptabel und wird an und von der Goethe-Universität nicht toleriert – dies gilt gleichermaßen für die Verwendung rassistischer Begriffe.« Er, der Präsident, verurteilte »aufs Schärfste« und erwarte »eine öffentliche Entschuldigung von Herrn Palmer an die von seiner Beleidigung betroffenen Personen, sondern auch an die jüdische Gemeinschaft und gegenüber der Goethe-Universität.« – Ein Wunder, daß der Herr nicht auch noch eine Entschuldigung Palmers bei den ermordeten Juden einforderte.

Was der Präsident der Universität völlig übersieht: Das Relativieren hatten die Schreihälse im Zuhörerraum angefangen, als sie riefen: »Nazis-Raus«. Denn Palmer mit einem Nazi gleichzusetzen, ist ganz offensichtlich unangemessen und zieht die Nazis auf eine Ebene runter, die sich die moralisch höhere weiß. Schließlich sieht es so aus, als seien sie, die Nazis, besser gewesen, als sie es waren. Sie wurden relativiert.

Schlimmer! Die Schreihälse selber waren es, die sich in die Ecke bugsierten, in die Palmer sie anschließend stellte. Denn den politischen Gegner »Raus« zu wünschen, ist nun wirklich Nazi-Jargon, gerade weil ungeklärt bleibt, wohin »Raus« eigentlich meint.

Die Moral des Skandals ist jedoch eine ganz andere: Boris Palmer hat die Alltagsrhetorik der politischen Linken in Deutschland gegen eben diese politische Linke gewendet und damit einmal mehr gezeigt, daß es in Deutschland bei dem Vorwurf, ein Nazi zu sein, allein um Diffamierung geht und in keinem Moment um das Gedenken an die ermordeten oder die lebenden Juden. Der Vorwurf ist zum rhetorischen Kleingeld linker Schreihälse und ihrer Sprüchegeber geworden und erfüllt damit den Tatbestand der Relativierung des Holocaust. Und das wird durch die Pseudo-Empörung des Präsidenten der Frankfurter Goethe-Universität keinen Deut besser. Allenfalls wird es dadurch, daß auch diese Anmerkungen nur eine Retourkutsche sind, relativiert. Und nur dafür muß ich um Entschuldigung bitte. Nur dafür.

Samstag, 29.April 2023

Videobeweis in der Politik – Mit der politischen Wahlentscheidung ist es wie mit der sportlichen Entscheidung des Schiedsrichters nach einem Foul. Sie kann korrekt sein oder auch nicht. Und danach streiten die Zuschauer und vor allem die Fans über eine Entscheidung, die unparteiisch gefällt worden ist. Bevor Fotos vom Spielfeld und erst recht Filme die Realität festhalten konnten, gab es den Einwurf, die Ecke, einen Elfmeter oder auch nicht und anschließend sicher noch Diskussionen. Später trat das abgelichtete Geschehen immer stärker hervor, bis der Videobeweis gewichtiger wurde als die, welch wundervolles Wort aus der philosophischen Sphäre, Tatsachenentscheidung auf dem Platz.

Die Berliner Politik steht in diesem Sinne noch ganz am Anfang. Sie hat sich mit der Tatsachenentscheidung bei der Wahl des Regierenden Bürgermeisters abgefunden und einen Christdemokraten gewählt. Daß sie dafür allerdings drei Wahlgänge brauchte und niemand sicher sagen kann, wer denn nun wen gewählt und nicht gewählt, hat, erregte die Beteiligten so sehr, daß sie redeten, als wüßten sie, wer wen gewählt hat, und darüber vergaßen, was mit geheimer Wahl tatsächlich gemeint ist. Für schlichte Gemüter: Wer wem seine Stimme gibt, ist nicht bekannt.

Daraus konstruieren sich Sieger und Besiegte nun alle möglichen Konstellationen. Hier hätten Sozialdemokraten dem Christdemokrat ihre Stimme verweigert, dort hätten Abgeordnete der rechten AfD ihn gewählt, und am anderen Ende haben linke Linke und grüne Linke ganz bestimmt nicht für ihn gestimmt. Dabei wäre auch alles mögliche andere denkbar: Einige Christdemokraten haben ihre Gefolgschaft verweigert, weil ihnen das sozialdemokratische Regierungsprogramm nicht gefällt; linke Linke haben für ihn gestimmt, damit es so scheint, als habe die blaue Rechte für ihn gestimmt; und die grünen Linken gaben ihm die Unterstützung, weil sie ohnehin langfristig darauf spekulieren, mit den Christdemokraten regieren zu können. – Ja, das politische Machtkalkül kennt viele Formen des Ausdrucks.

Die Spekulationen über die wahre Stimmenabgabe schossen ins Kraut und es ging am nächsten Tag zu wie im Sportteil der Zeitung, weil der blassgesichtige Christdemokraten – gerade mit einer unbekannten Mehrheit zum Regierenden Bürgermeister gewählt – nicht sagen konnte, wer ihn gewählt hat, aber sicher wusste, daß die blaue Rechte ihn nicht gewählt hat, während die ihrerseits eine Liste jener ihrer Abgeordneten verbreiten ließ, die für den Christdemokraten gestimmt haben wollten. Man könnte meinen, Liste sei der Plural von politischer List.

Dieses Schauspiel werden wir in den kommenden Wochen noch öfter erleben. Die Regierung bekommt eine Mehrheit und niemand wird wissen, woher sie stammt, weil Wahlen nun einmal geheim sein sollen und es in den meisten Fällen auch sind. Aber wollen wir das? Ist es nicht ein Relikt aus den Zeiten vor der Aufklärung, über die Herkunft der Stimmen nicht alles zu wissen? Wäre es nicht sinnvoll, wie beim Fußball einen Videobeweis einzuführen, der nach der geheimen Wahl immer dann geführt werden muss, wenn der Weg zur Wahlentscheidung kritikwürdig ist? Schließlich will niemand, daß die Regierung unter einem Christdemokraten die nächsten vier Jahre ihre Mehrheiten im Parlament faktisch gar nicht den Abgeordneten aus CDU und SPD, sondern aus CDU, Teilen der SPD und Teilen der AfD verdankt. – – Oder doch?

Das kommt drauf an: Wer Streit und Unwägbarkeit im politischen Leben genießt, wird die geheime Wahl unterstützen und mit der Vorwurf zu chaotisieren gut leben können. Es ist wie beim Wembley-Tor und verspricht Diskussionen über die folgenden Jahre und Jahrzehnte – die Nicht-Abwahl von Willy Brandt 1972 belegt es. Wer dagegen für die Aufklärung ist und gegen das Chaos, wird es unterstützen, wenn im Wahlrecht der Videobeweis eingeführt wird. So bliebe die geheime Wahlentscheidung im Wahlrecht erhalten und würde im Fall der Fälle enttarnt.

Freitag, 28.April 2023

Berlin wird »chaotisiert« – Der neue Regierende Bürgermeister von Berlin hat auch gleich ein neues Wort in die Politik eingeführt: chaotisieren. Ein seltsames Verb, denn das Chaos gehört zu dem, was vor dem Auftritt der Götter über Griechenland herrschte. Am Anfang war für die Denker im Olivenhain nicht das Wort, sondern das Nichts, die gähnende Leere. Chaos könnte also auch für die lange Weile eintreten, wenn da nicht der tiefe Reiz der Leere auf das Gehirn wäre, die Lust, über das Vakuum nachzudenken.

»Die AfD will chaotisieren«, sagte der kurz vorher Gewählte, für den die Wahl nun wahrlich nicht langweilig war. Im ersten Wahlgang wurde es nichts; im zweiten ebenfalls nicht. Und als er im Dritten gewählt worden war, tobte sofort der Disput, wer ihn wohl gewählt haben mochte. Die AfD ließ verbreiten, sie sei es gewesen.

Nun will es deutschen Politikern noch immer nicht in ihre Köpfe, daß Wahlen geheim sind und man eben nicht weiß, wer wen gewählt und nicht gewählt hat. Aber umso wüster lässt sich über die möglichen Kombinationen schwadronieren. Und eines wissen die Koalitionäre aus CDU und SPD: Von der AfD kamen die Stimmen bestimmt nicht. Woher sie das so genau wissen? – Fragen sie nicht.

Nun ist Herr Wegner also gewählt. Die grüne Spitzenfrau kann sich ärgern. Die SPD-Oberdame darf sich endlich mal einen moralischen Pluspunkt anheften, weil sie mit der CDU auf eben diesen Posten verzichtet hat, als sie ihn mit den Grünen und der Ex-SED hätte haben können. Ob sich was ändert, darf der Bürger bezweifeln, denn die CDU hat schon angekündigt, die Grundelemente grüner Politik in die Tat umzusetzen.

Nein, zwischen diesen Parteien besteht kein Unterschied mehr. Das Einzige, was sie unterscheidet, sind die Kontonummern, auf denen die Gelder der Steuerzahler verschwinden. So gesehen hat der neue Regierende Bürgermeister durchaus recht: Es wird chaotisiert. Politik wird mehr und mehr zu einer langweiligen, braunen Pampe, in der alles gleich schmeckt. Chaos eben. Das Nichts. Die gähnende Leere.

Donnerstag, 27.April 2023

Macht, die man nicht kaufen kann – Die Ständige Impfkommission, Stiko, war in der Corona-Pandemie ein ständiges Machtinstrument. Was sie empfahl, war praktisch Gesetz. Und so drückte sie eine Impfempfehlung nach der anderen durch. Vom Kleinkind zu Methusalem sollte jeder unter die Nadel.

Und nun, nach drei Jahren, nimmt diese Behörde zurück, was vom ersten Tag an Proteste erregte: Die Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche. Das macht sie nicht still und heimlich, wie es in jeder schnöden Diktatur üblich wäre, gefolgt vom Rücktritt eines Verantwortlichen, der die Schuld auf sich nimmt und geopfert wird. Nein, diese Behörde erklärt mit der gleichen Dreistigkeit, mit der sie zuvor die Impfung verhängte: »Gesunden Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird aufgrund der Seltenheit schwerer Verläufe jetzt keine COVID-19-Impfung mehr empfohlen.« Kinder und Jugendliche sind nicht in Gefahr durch Corona, als wäre neu, was in Wahrheit lange bekannt ist. – Niemand entschuldigt sich; kein Hinweis, man habe Fehler gemacht; und natürlich wird nicht auf die aktuelle Impfung verwiesen und die dauerhaften Schäden, die bewirkt, was die Behörde empfiehlt und wovon die täglichen Krankenstände in Behörden, Betrieben und Schulen ein Lied singen können.

Das aber ist Macht. Macht, die man nicht kaufen kann. Macht, die nicht einmal um ihre Machtstellung kämpfen muß. Sie sitzt in ihrem Sessel, wie wohl nur ein Pharao auf seinem Thron saß, wenn der Vergleich nicht womöglich zu kurz greift. Es ist Macht, die Gesetz ist. Naturgesetz, weil mit der Aura der Wissenschaftlichkeit ausgerüstet. Sie muss ihr Recht auf Willkür nicht mit einem Opfer erkaufen.

Und kein Demonstrant zieht vor die verantwortliche Behörde, das Robert-Koch-Institut, deren Verdrehungen und Lügen das Land drei Jahre fast widerstandslos malträtierten. Indes der Beobachter ahnt, warum diese Machtclique das Unglück nicht kommen sieht, selbst wenn es sich über ihnen zusammengebraut haben sollte.

Mittwoch, 26.April 2023

Das Schweigen des Bots – Der Bot hat immer eine Antwort. Und keine Frage, kein Befehl und schon gar keine mathematische Formel bringt ihn zum Schweigen. Frei nach Oscar Wilde und seiner Beschreibung einer Frau: Ein Bot ist ein Programm, das redet, sich abschaltet, aufhört zu reden, sich wieder anschaltet und weiterredet. Und wehe uns, er schwiege wirklich.

Dienstag, 25.April 2023

Anti-Turing – In der literarischen Vorlage zum Film ›Blade Runner‹ wird ebenfalls ein weiblicher Androide verfolgt und entkommt durch den denkbar einfachsten Trick der männlichen Macht: Sie, die Gejagte, sorgt dafür, daß er, der Jäger, sich in sie verliebt und ist zum Fallensteller mutiert. Wenn nun wir, die Zuschauer, im Film fortwährend zweifeln, ob sie echt ist oder ein Androide, dann gehen wir ihr im Grunde ebenso auf den Leim. Sie hat den Turing-Test sicher bestanden, weil wir sie – und ihr Verlangen und ihre Lust – für nicht-vorgespielt halten.

Und was, wenn er, der nunmehr Gejagte, vor ihr so tut, als wäre er künstlich? – Dann wird er sich durch diesen Anti-Turing-Test vor ihr, der Fallenstellerin, retten. Er hätte bewiesen, daß es intelligente Künstlichkeit gibt. Er hätte sich durch eine Täuschung gerettet.

Aber dann sind am Ende Maschinen nur dann intelligent, wenn sie merken, daß sie sich mit einem Android unterhalten und nicht mit einem Menschen. So wie wir nur dann intelligent sind, wenn wir bei einem Menschen merken, daß wir uns mit einem Mensch unterhalten und nicht mit einer Maschine.

Montag, 24.April 2023

Die Grenze des Völkerrechts – Recht dient in einer Kultur, die das formale Denken wie keine zweite hervorgetrieben hat, als sittlicher Rahmen, in dem sich möglichst jeder aufhalten sollte, sogar im Krieg. Deshalb waren es die beiden angelsächsischen Staaten, die in Nürnberg und Tokio aus einigen der ehemaligen Gegner Schuldige machten, Schuldige, die den zivilisatorischen Rahmen verlassen hatten, etwa, als sie US-Piloten hinrichten ließen.

Wenn der Kopf der Wagner-Söldner Prigoschin nun erklärt, demnächst alle ukrainischen Soldaten auf dem Schlachtfeld sofort erschießen zu lassen, dann ist Russland gerade dabei, diesen Rahmen ebenfalls zu verlassen. Natürlich verpackt Prigoschin seine Ankündigung in eine Entschuldigung, wenn er auf Ukrainer verweist, die angeblich alle Russen töten wollen – nur ist diese Ausrede wenig wert, da die unrechtmäßige Handlung des Gegner nicht die eigene unrechtmäßige Handlung juristisch rechtfertigt. Dabei hätten die Ukrainer jedes internationale Recht auf ihrer Seite, falls sie die russischen Söldner erschössen. Über gekaufte Soldaten heißt es in Artikel 47: »Ein Söldner hat keinen Anspruch auf den Status eines Kombattanten oder eines Kriegsgefangenen.«

Prigoschin wird das wissen. Er weiß also genau, was er tut. Und vermutlich ist seine Absicht eine ganz andere, als es vordergründig scheint. Er will allein den Druck auf die Ukrainer erhöhen, die dabei sind – nur weiß niemand wo –, zu einem Gegenschlag auszuholen. Der Übergang über den Dnjepr ist ihnen in den vergangenen Tagen westliche von Cherson schon gelungen; der Fluß, den auch ich mir in den ersten Kriegstagen als eine zukünftige Grenzlinie vorstellen konnte, ist keine mehr.

Einiges spricht dafür, daß die Ukrainer mit ihren relativ wenigen Panzern zur Küste durchstoßen, dort Richtung Osten einschwenken und dann angelehnt an die Küste auf Mariupol vorstoßen werden. Damit bleibt der Angriffskeil auf der rechten Seite durchs Wasser geschützt, während umgekehrt die Russen gegenüber Cherson von Norden und Süden bedroht sind. Die ukrainische Offensive würde in zwei Teilen durchgeführt: Ein erster Schlag gegen die Gebiete westlich von Melitopol, ein zweiter bis Berdjansk. Anschließend hängen die Russen auf der Krim in der Luft. Verdient hätten sie es.

Sonntag, 23.April 2023

Do Androids have Fun when Thinking artificially? – Haben Androiden Lust beim künstlichen Denken? – Als ich die Frage DeepAI stellte, – denn wem sonst sollte ich sie stellen können? – erhielt ich zur Antwort, Androiden hätten keine Gefühle, folglich auch keinen Lust, wenn sie dabei sind, künstlich zu denken. – Und AI-Programme? Wie steht es mit denen und ihrer Lust am künstlichen Denken? – Die Antwort war im Grunde dieselbe: »Als Programm kann ich keine Gefühle erfahren; ich habe nur Ziele, die ich in unserem gemeinsamen Interesse anstreben würde.«

Der Rest des Dialogs war eine Art, ich zögere, es als Wortklauberei zu bezeichnen, es war eher eine Wortwiederkäuerei mit jemandem, der in jedem Satz Gefühle benennt, die er im nächsten Satz abstreiten muss, um sich nicht zu widersprechen. Doch niemals würde er wütend, wenn ich ihm wieder und wieder zeige, welchen unzusammenhängenden Unsinn er redet, niemals rastet er aus, wenn ihm ungezählte Male die gleiche Frage gestellt werden würde und ganz sicher wird er niemals hasserfüllt sein, auch wenn ich dabei bin, ihm den Saft abzudrehen. – Nichts Neues also.

Was bleibt, ist der Eindruck, mich nicht mit einer Maschine, sondern mit dem Programmierer des AI-Programms zu unterhalten, während er tippt; nur daß er rasend schnell tippt und nicht einmal der Eindruck entsteht, er denke nach über das, was er anschließend schreibt. Doch das sind kleinere technische Details, die sich erledigen, sobald AI-Programme AI-Programme zu programmieren beginnen.

Allerdings weiß ich noch immer nicht, ob Androiden künstliche Lust empfinden, derweil sie denken. Und ob sie diese Lust nicht zumindest vortäuschen könnten.

Dafür weiß ich jetzt, daß mein Hund mich für seinen Hunde-Gott halten muss. So wie ich als Zweibeiner dachte, mit dem Programmierer zu sprechen, hört es sich für den Vierbeiner sicher so an, als spräche er nicht mit einem Mensch, sondern mit einem Hund und als würde ich eigentlich genauso bellen wie er, selbst wenn ich spreche. Aber muss es dann nicht eigentlich Menschen-Gott heißen? Das zumindest, könnte DeepAI für mich ermitteln.

Samstag, 22.April 2023

Moral durch Maschinen – Der Krieg gegen die Maschinen hat längst begonnen. Seit Wochen wird diskutiert, ihnen ihr künstliches Denken zu verbieten. Und seit Jahren hält sich ein elender moralischer Vorwurf gegen Maschinen, wenn auch nur indirekt ausgesprochen, indem fortwährend auf den industriellen Charakter der national-sozialistischen Vernichtungslager verwiesen wird. Der böseste Nazi war der Bürokrat, der den maschinellen Massenmord steuerte. Wer dagegen aus Leidenschaft tötet, verdient es, als menschlich behandelt zu werden. Und wer, wie jeder schnöde Dschihadist, seinen Sadismus beim Morden austobt, wird wieder ins Land eingelassen und kann vor Gericht mit Milde rechnen.

Die Erkenntnis, daß der Dschihadist, weil er seine sadistische Freude am Morden auslebt, in den untersten Kreis von Dantes Hölle gehört und, wie Lord Weidenfeld richtig bemerkte, noch tiefer gesunken ist, als Nationalsozialisten und Kommunisten, sollte eigentlich zum Selbstverständlichen zählen. Tut sie aber nicht. Das Morden mit Hilfe einer Maschine ist das böseste Morden.

Durch diese Hintertür wird die Maschine zum Bösen gemacht. Sie trägt die Schuld an der mordenden Moderne, so wie Eva die Schuld trägt, daß wir aus dem Paradies geflogen sind. Wir wurden von den Maschinen verführt. Der ewige Adam – der SS-Mann, der an der Rampe nur noch Menschen selektiert oder der russische Kommunist, der in den Folterkammern nur noch den Abzug seiner Pistole bedient –, erscheint schließlich in den Abgründen unserer Gedankenmotive, auch wenn das keiner laut sagt, als das Unschuldslamm, als der Unbeteiligtste von allen. Nicht er, Gas und Maschinen markieren den Zivilisationsbruch. Schließlich leben wir ja im Maschinenzeitalter.

Freitag, 21.April 2023

Klimatismus und Terror – Nur langsam stieg aus der Geschichte der letzten Jahrzehnte das Paradigma vom guten Menschen auf, der für eine humanere Welt eintritt und für das bessere Klima. »Activism« lautet die Rubrik unter Wiki, hinter der sich tief versteckt die Annahme hält, wer Humanismus meint, meine es gut mit der Menschheit und auch von den Klimaaktivisten der »Letzten Generation« wird gesagt, sie wollten durch Klimatismus »die Menschheit vor dem vermeintlichen Abgrund bewahren.« Einschränkend wird allenfalls auf die Wege der Aktivisten verwiesen, die sie falsch angehen würden. Die im Grunde gute Absicht steht außer Zweifel; es sind schließlich Kinder und Alte, denen nur ein wenig gut gemeinte Belehrung fehle.

Indes ist nichts davon gut gemeint und kehrt sich wie durch Zauberhand ins Gegenteil um, also ins Schlechte oder durch ein elegantes Sprachspiel: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Das mag, weil gut, richtig klingen, ist aber falsch. Denn in diesen Tagen geht es in Berlin den Aktivisten der ›Letzten Generation‹ allein darum, ein altes und immer wieder wirkungsvoll wiederkehrendes Mittel des politischen Kampfes auszuprobieren: Den Terror.

Durch Terror zum Humanismus lautete vor längerer Zeit schon einmal eine Devise, die die Lust zum Terror mit Humanismus verschließt, wie eine süßliche Kapsel das Gift; durch Terror zum Klimatismus lautet sie heute. Wer ist schon gegen »den Humanismus« oder gegen »das Klima«? – Und Humanismus und Klima radikal anders zu denken, dazu sind weder die politische Linke noch ihre grünen Adepten in der Lage. »Humanismus« und »Klimarettung« sind Floskeln, hinter denen Aktivisten ihre wirklich Absicht erfolgreich verbergen: Den Willen zur politischen Macht.

Und wer sich wundert, warum die Grünen noch immer eine solide Unterstützung erfahren, hat weder die Grünen noch ihre Wähler verstanden. Sie, die Grünen, strahlen einen unbändigen Machtwillen aus und der hat schon immer eine spezielle Anziehungskraft auf Wähler ausgeübt. Die Minderheit, die der Mehrheit ihren Willen aufzwingt, ist eine verführerische Gestalt. Haben wir Demokraten das denn wirklich nach all den Bolschewisten, Standarten- und Studentenbünden alles schon wieder vergessen?

Donnerstag, 20.April 2023

Massenmysterien – Wie ein Gewitter, das schon in die Ferne gezogen ist, leuchtete gestern die Corona-Zeit noch einmal auf, als die Weltgesundheitsorganisation die Gefahr durch die neue Variante XBB.1.15 vermeldete. Dabei schwimmen wir doch schon mitten in der nächsten Panikwelle, der Wärmepumpe und ihren Kosten; aber vielleicht ein Wink, daß nicht die Wärme und auch nicht die Pumpe und schon gar nicht die Politiker unsere Last sind, sondern allein wir selber, die wir diese Politiker wählen und immer wieder wählen. »Wer ist der größere Narr?«, fragt Obi-Wan Kenobi völlig zu recht: »Der Narr oder der, der ihm folgt?« Corona brachte den Denunziant in uns an den Tag und wir sollten in Erinnerung behalten: Nicht die Politiker waren das Problem, sondern die Sehnsucht der Massen nach Gefahr, Verfolgung und Denunziation.

Mittwoch, 19.April 2023

Amokpaarlauf – Der politische Zustand eines Landes läßt sich an dem ablesen, was einmal der sonntägliche Leserbrief war, und heute in den Kommentaren unter Artikeln im Internet steht. Denn der Markt der Informationen zwingt die Blätter dazu, den Lesern mehr Raum einzuräumen, als die besondere aber selten gewährte Ehre, auf einer Höhe neben den professionellen Schreibern der Blätter sprechen zu dürfen, damit sie ihrer Empörung Luft machen können über die gestrigen Morde in Duisburg.

Eine Empörung, die ihren Ausdruck nicht mehr nur in der Eckkneipe zeigt, sondern Schrift werden will und womöglich politisch. Dort, in dieser Rubrik und gleich neben der Propaganda, findet sich die Wirklichkeit wieder, so wie sie sich früher im Flüsterwitz zeigte. Hier begegnen sich Wut und Absurdität: Ein Polizeibericht, der von zwei Tätern spricht, die in einem Fitnessstudio mit Messer und Machete auf die Besucher losgehen und später in den Blättern die Rede von einer »Amoktat« – mal mit und mal ohne Deppenbindestrich, so sehr sind Amok und Tat schon zusammengewachsen –, ein Amoklauf also, in den dann wohl zwei gemeinsam gerieten, einer mit einem Messer, ein zweiter mit einer Machete; eine Art kleinstkollektiver Psychose, die wahrscheinlich wieder zwei Westasiaten befiel; ein Amok-Paar-Lauf, sozusagen »nett anzusehn«. Zur Beruhigung ließen die Behörden einen Hubschrauber über dem abendlichen Tatort in Duisburg kreisen – als wären Rotoren neuerdings ruhig.

Likes bei seinem Kommentar unter einem Artikel bekommt nun der, der auf eine Frau Merkel hinweist, die kürzlich den höchsten deutschen Orden einheimste, überreicht von ihren Kumpanen aus vergangenen Zeiten. Oder auf eine Innenministerin Faeser, die noch mehr von außen herein holen will, weil ihre Kollegen in der amtierenden Regierung händeringend Fachkräfte suchen. Oder darauf, daß die Blätter nur noch Politiker reden lassen über ihre Empfindung beim Nachempfinden der Schmerzen, die verspürt, wem mit einer Machete ein Stück seines Arms abgehackt wird oder wem die kalte Klinge eines Messers seine Innereien für immer zerlegt. Oder auf all jene Wähler, die Politiker wählten, die die Messerstecher und Amok-Paarläufer aus purem Mitleid weiterhin unter uns weilen lassen.

Man wird den Eindruck nicht los, daß diese Politiker von allen am meisten zu leiden haben. Und nicht die Opfer, die an anderen leiden. Und auch nicht die Wähler, die an sich leiden sollten.

Dienstag, 18.April 2023

Todestagswünsche – Heutzutage vermerken mobile Telefone Jahrestage und melden sie durch Vibrieren. Es scheint keinen – weder den Sender noch den Empfänger – zu stören, daß der Gruß ein rein technischer ist und ihm nichts vom Erinnern an etwas Bedeutsames eignet. So sehr sind die Geräte schon Teil von uns selber, daß wir ihren Weckruf vor uns und vor anderen für unsere Erinnerung ausgeben können.

Mit einem gewissen Stolz verweise ich auf meine Fähigkeit, Geburtstage nicht zu vergessen. Doch was heißt schon »nicht vergessen«. Ein morgendlicher Blick auf das Datum, allerdings kann es auch irgendwann tagsüber sein oder abends – und schon weiß ich um einen erinnerungswürdigen Tag. Entscheidend ist allein, daß Datum am Tag einmal zu sehen oder zu hören. Und an fast allen Tagen erscheint das Datum einmal und die Erinnerung hat ihren Anlass gefunden. Ist das nicht auch ein technischer Trick, mit dem eine Datumsmaschine das Erinnern bestimmt? Auf einer Stufe mit dem Brummen des Mobiles, das wie eine Werbeunterbrechung zur Erfüllung von Geburtstagswünschen aufruft?

Für mich eher nicht. Es gleicht einem Schwimmen im täglichen Strom mit Bojen, zu denen ich hinabtauchen will, sobald ich sie sehe, ohne daß sie sich zeigten; weniger als ein Wink. Geburtstagswünsche, die vom Herzen kommen. Aber nicht nur.

18. April – Vor genau 80 Jahren wurde der Architekt des Angriffs auf Pearl Harbor, Admiral Yamamoto Isoroku, über Bougainville abgeschossen, einer Insel in Papua Neu Guinea. Ja, auch solche Daten gehören zur Liste gedenkwürdiger Tage; mehr den je in Kriegszeiten wie diesen. Weil der Blick in die Vergangenheit dann den Wünschen in den Augen der Soldaten begegnet, die später starben und die vielleicht einen Blick in unsere Zukunft gewähren und in die Gegenwart, die wir noch gar nicht erfassen; wenigstens für einen Moment.

Yamamoto (erste Reihe, 8. von rechts) und sein Stab an Deck der Akagi, 25. Dezember 1941
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Montag, 17.April 2023

Intelligenzquotenfrauen – Es hat ja immer etwas unfreiwillig selbstironisches, wenn Sozialdemokraten auf Intelligenz zu sprechen kommen, noch dazu, wenn es sich um quotierte Sozialdemokratinnen handelt wie Saskia Esken; eine Politikerin, die eine Quote nicht von einer Rate unterscheiden kann, sich aber über künstliche Intelligenz in Maschinen despektierlich äußert, die sie als Sklaven halten möchte, während sie, Esken, in einer Art intellektuellem Übermut an interessanten Aufgaben das Fürchten lernen will. – Hat sie denn das Memo nicht gelesen?

Intelligenz ist schon seit Jahrzehnten quotiert im Intelligenzquotienten, der sich auf der Grundlage von Aufgaben errechnen lässt, die von Maschinen mit auch nur mittelprächtiger künstlicher Intelligenz und Rechenleistung heutzutage ausgewertet und mit links gelöst werden – falls diese körperliche Beschreibung der Verstandestätigkeit bei einer Maschine überhaupt Sinn macht.

Wir waren es, die begannnen, Intelligenz mit Hilfe von Fragen mit messbaren Antworten bestimmen zu lassen und einen Intelligenzquotient einzuführen, den wir für normalverteilt halten aber gleichverteilt zwischen beiden Geschlechtern, nur um zu quotieren. Und in diesem Rahmen schneiden auch die mit den hohen Intelligenzquotienten schlecht ab gegen Maschinen, egal für wie kreativ sie sich halten. Kreativität – dieses Mauseloch für Unbegabte und solche, die bei der Zuteilung der Quote die kürzere zogen.

Sonntag, 16.April 2023

Eine maskuline Außenpolitikerin –  Ein kleines Experiment bringt mitunter die Wahrheit an den Tag, oder besser die Realitäten. Hier ist es ein Vergleich, ein Vergleich der Gegenwart mit dem Vergangenen. Konkret: Annalena Baerbock im Vergleich mit ihren Vorgängern im Amt. Das Experiment: Wir betrachten die Fotos sämtlicher Außenminister Deutschlands seit 1871. Was nicht so einfach ist, weil das Internet zwar umgehend Listen mit den deutschen Außenministern seit 1951 anbietet, es aber mit den Außenministern zuvor nicht ganz so leicht macht.

Doch egal, wie man es dreht und wendet: Annalena Baerbock ist ein deutscher Minister »des Auswärtigen« – wie das Amt einmal hieß, von auswärts wie »auswärts essen«. Ja, im gewissen Sinne ist Frau Baerbock sogar ein typischer deutscher Außenminister – ausdrücklich männlich, weil alle bisherigen Amtsinhaber Männer waren. Da mögen noch so viele Kommentatoren über sie als Frau spotten, daß sich die Balken biegen und es weder den Grünen noch den Alternativen gefällt, sie als männlich zu charakterisieren, wenn auch aus ganz gegensätzlichen Gründen und sei es auch nur, weil sie Xerxes nicht hören als er nach der Niederlage von Salamis resümierte: »Heute sind alle meine Männer zu Weibern geworden und meine einzige Frau zu einem Mann.«

Sei's drum. Denn Frau Baerbock ist ein typisch deutscher Außenminister. Sie ist tritt laut auf, sie erscheint rabiat und sie ist absolut erfolglos; wobei sie, das muß deutlich festgestellt werden, für letzteres nichts kann. Schließlich hatten weder Ost- noch Westdeutschland nach dem zweiten verlorenen Weltkrieg eine Außenpolitik, die den Namen verdiente. Willy Brandt agierte im gewissen Sinne innenpolitisch, als er in Warschau und Moskau klare und mit Ostberlin besondere Verhältnisse schaffte, indem er die faktische Landnahme dort und die faktische Landesteilung hier vertraglich sanktionierte. Und sämtliche Bemühungen Bonns und Berlins seit 1989 um eine Außenpolitik, die den Namen verdiente, also eine eigenständige Außenpolitik, sind nichts weiter als vergebliches Mühen.

Aber zuvor, ab 1871, da gab es so etwas wie eine deutsche Außenpolitik. Doch mit wem will man Annalena Baerbock vergleichen, um sie anschließend vielleicht in seine Nähe zu rücken? – Sicher nicht mit den in Nürnberg gehängten Joachim von Ribbentrop und Arthur Seyß-Inquart.

Walther Rathenau und Gustav Stresemann scheinen auf den ersten Blick die besseren Kandidaten zu sein. Die beiden Minister des Auswärtigen aus der Weimarer Zeit unterstützten die Annexionspolitik des Deutschen Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg nicht nur nach Außen – was man ihnen kaum vorwerfen kann –, sondern auch in den diplomatischen Hinterzimmern, als es längst Zeit gewesen wäre, abgestimmt und diplomatisch, andere würden sagen, trickreich zu handeln. Und das ist es, was gerade deutsche Außenminister nicht können: Sich der Lage anpassen, leise auftreten, Zurückhaltung üben, auf eine günstige Gelegenheit warten.

Trotzdem tritt bei aller Ähnlichkeit der ganze Jammer aktueller deutscher Außenpolitik beim Anblick von Rathenau und Stresemann deutlich zu Tage, weil er einen Ausdruck erhält, der sich im Gesichtsausdruck zeigt: Heute eine pausbäckige Amateurin, gestern zwei gestandene, erfahrene, vor allem kriegserfahrene Herren, wie es sie heute, soviel Entschuldigung für Baerbock muß wiederum sein, ohnehin nicht mehr gibt. Und daher käme eben niemand auf die Idee, Frau Baerbock zum Beispiel in die Nähe von zunächst Reichskanzler und später Außenminister Stresemann rücken zu wollen, nicht einmal in der Reihenfolge Minister und anschließend Kanzler, die Frau Baerbock sich erträumt. In seinen Fußstapfen könnte Baerbock allenfalls bildhaft Trampolin springen.

Deutliche eher passt Frau Baerbock neben jenen Arthur Zimmermann, dessen peinliche und folgerichtig nach ihm benannte Depesche mit der Aufforderung an Mexiko, in einen möglichen Krieg gegen die Vereinigten Staaten einzutreten mit dem Versprechen, die an Washington einige Jahrzehnte zuvor verlorenen Gebiete zurückzuerhalten. Auch hier haben wir diplomatisches Ungeschick gepaart mit gnadenloser Selbstüberschätzung, die einen deutschen Minister dazu treibt, sich ohne entsprechende Mittel, in entfernten Teilen der Welt wichtig zu machen.

Aber am ehesten ähnelt Frau Baerbocks jenem unglückseligen Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau, dessen Auftritt in Versailles bei der Übergabe der Friedensbedingungen an die deutsche Delegation durch die siegreichen Alliierten am 7.  Mai 1919 im Trianon-Palast in Paris Deutschland jede Chance auf einen auch nur näherungsweise günstigeren Frieden zunichte machte. Laut, arrogant, selbstgerecht – so die noch eher freundlichen Kommentare zu seiner Rede, in der er Deutschland zunächst in die Rolle des Schuldigen brachte, um sein Land anschließend von aller Schuld freizusprechen und, als wäre das nicht genug, den Schwarzen Peter den Alliierten zuschob. Ein Beobachter brachte die Wirkung des Auftritts von Brockdorff-Rantzau auf den Punkt: »Wir wollen ihn entschuldigen. Gehört nicht schon ein großer Grad lächerlichen Selbstvertrauens dazu, um in diesem Augenblick zermalmender Vernichtung, die sich vor aller Öffentlichkeit vollzieht, überhaupt noch imstande zu sein, einen Rest von Lebensfähigkeit zu bewahren.« »Lächerliches Selbstvertrauen« – so lässt sich Baerbocks Seiltanz mit den Öffentlichkeit seit ihrem Kanzlerkandidatursfiasko treffend beschreiben.

Schlimmer ist jedoch die inhaltliche Verwandtschaft der beiden Figuren Baerbock und Brockdorff-Rantzau. Denn gerade indem der unselige deutsche Verhandlungsführer den Begriff der Schuld in Paris auf den Verhandlungstisch knallte, weil er die Position Deutschlands männlich verteidigen wollte, zerriss er das letzte bißchen Tischtuch zwischen Siegern und Besiegten, und sorgte statt dessen für den »Einbruch des moralisierenden Denkens in die internationale Politik«, wie der Historiker der Deutschen Außenpolitik der Zeit am Ende des Krieges Peter Krüger resümierte.

Von dort ist es nur ein kleiner Schritt zur ständigen Rede von einer »feministischen Außenpolitik«, die in der Welt standhaft vertreten werden müsse, einer sozusagen »maskulin« vertretenen »feministischen Außenpolitik«, einer Außenpolitik mit gendergerecht wechselndem Geschlecht. In diesem Sinne – und nur in diesem –, ist Frau Baerbock typisch deutsch und typisch männlich, gepaart mit einem ungesunden Schuss Kindlichkeit, etwas, was man ja ebenfalls bei Männern kennt. Was nicht heißt, daß es nicht auch andere gibt.

Samstag, 15.April 2023

Philosophische Kombinatorik – »Ist das Denken ein Danken?« fragt Heidegger überraschend und auf seltsame Weise überzeugend. Und das, nachdem er vier – nein, eigentlich drei Wörter in immer neue Konstellationen gebracht und durch die Maschine der Grammatik gezogen hat, als wolle er zeigen, daß lupenreine Kombinatorik Neues erschaffen kann. »Denken«, »Gedachtes«, »Gedanke«, »Gedanc« – und dann völlig überraschend: »zum ›Gedanc‹ gehört der Dank.« Um sogleich Einhalt anzumahnen: »Doch vielleicht sind diese Anklänge des Wortes ›Denken‹ an Gedächtnis und Dank nur äußerlich und künstlich ausgedacht.«

Das wäre nicht nur eine philosophische Kombinatorik; es wäre geradezu eine technische Intelligenz, die sich künstlerisch künstlicher Mittel bedient, um systematisch Zusammenhänge unter das Licht der Erkenntnis zu bringen. Denn soviel steht fest: Die Kombination »Denken« und »Dank« hängen über den »Gedanken« zusammen. Der Gedanke als Dank für das Denken. Das Denken als Dank für den Gedanken. Der Dank als das Denken für das Gedachten.

Was wird wohl ChatGPD dazu sagen? Vielleicht: »Der Gedanke ist Dank fürs Denken.« Fühlt er sich vielleicht ad absurdum geführt und wird fragen: »Ist das Denken Dank für den Gedanken?« Oder ist er uns dankbar für diesen Gedanken und whispert: »Danke für das Denken dieses Gedanken. Aber ich behalt es für mich.«

Freitag, 14.April 2023

Erfahrungsaustausch – Außenministerin Baerbock reist nach China und durch China hindurch und das kurz nach dem französischen Staatspräsidenten Macron, der nur durch seine Eitelkeit glänzte. Sie wechseln sich ab wie die täglichen Schätzungen zum Krieg in der Ukraine und dem möglichen Krieg zwischen den beiden Chinas als Fortsetzung des Bürgerkriegs, der Ende der 1949 Jahre ein geographisches Ende fand, weil Mao keine Marine besaß. Auch der Ukraine-Krieg ist eine Fortsetzung jenes Krieges der Ukrainer gegen Stalin, der sich noch bis Anfang der 1950er Jahre in den Pripjat-Sümpfen versteckte. Als wolle die Geschichte sich melden mit ihren alten Geschichten noch nicht zu Ende erzählt.

Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Die Putin-Versteher oder die Xi-Versteher, die bald in Massen schwärmen werden. Oder die Schätzungen zu den beiden Kriegen? – Mal Hü, mal Hott. Dabei ist die Lage in Ostasien einfach: Greift Rot-China Taiwan an, werden die USA eingreifen müssen und falls sie eingreifen, kämpfen auch Rot-China und die USA gegeneinander. Es sei denn, der Volksmarine und -luftwaffe gelingt ein Enthauptungsschlag gegen Taipeh, was allerdings sehr unwahrscheinlich ist bei der wenigen wirklichen Übung ihrer Verbände. Eine Fortsetzung des Bürgerkriegs ist also fast automatisch ein Krieg zwischen China und den USA. Noch Fragen?

Militärtakttisch sind die USA in der schlechteren Lage, sofern es Rot-China gelingt, die Luftüberlegenheit über der Philippinensee zu erringen; denn dort wird die US-Marine ihre Verbände aufstellen. Die Chancen dafür sind jedoch schlecht, zumal Japan von Norden her droht. Über die 180 Kilometer der Taiwan-Straße würde also ein Krieg an den Stränden Taiwans geführt, gefüttert allein über See. Ohne Luftüberlegenheit über dem Raum kann Rot-China diesen Krieg nicht gewinnen, weil es seinen Nachschub nicht zusichern kann.

In dieser Lage reist eine Außenministerin ohne den Hauch diplomatischer Tiefe oder militärischer Ahnung also nach China. Ein Produkt aus dem politischen Kindergarten einer Demokratie, deren Mehrheitsverhältnisse von Medien mit einem hohen Grad von Sicherheit garantiert werden können. Frau Baerbock – lange Zeit ihr Liebling, zeitweise fallengelassen wie eine heiße Kartoffel, dann wieder zum politischen Leben erweckt, als wolle man nur seine Macht demonstrieren – musste innenpolitisch nie wirklich kämpfen, bekam alles auf dem Silbertablett überreicht; sie hat in der Außenpolitik soviel Übung wie die militärische Führung Chinas bei der militärisch anspruchsvollsten Operation, die sich denken lässt: Der Landung an einer sehr gut verteidigten Küste.

Vielleicht sollten sich der Chinese Xi und die Deutsche Baerbock über ihre Schwächen austauschen; zusammen mit dem Franzosen Macron. Sie hätten sich viel zu berichten. Wie man als Besiegter zum wehrlosen Opfer wird, als glücklicher Sieger zum weltweit verhassten Verbrechen und als feiger Verlierer zum peinlichen Sieger. Aus diesem brisanten Gemisch lässt sich, zu Ende erzählt, sicher was machen.

Donnerstag, 13.April 2023

In the Long Run – Der Ungar Gyorgy Dalos bezweifelt, ob es eine Unsterblichkeit literarischer Werke gibt, denn es fehle der Kronzeuge: Der unsterbliche Leser. Aber so wie Computer nicht leben, weil sie niemals sterben, sondern nur runterfahren mit der Möglichkeit, wieder hochgefahren zu werden, leben literarische Werke nur einmal und mit ihnen alles, was lebt und sie liest. Jedes Leben hat seine Zeit und seine Zeiten in denen es Winterschlaf hält und sich zurückzieht. In the long run we are all alive again. Wir selber sind die unsterblichen Leser. Schließlich ist es kaum vorstellbar, daß es einmal eine Zeit ohne »Verwandlung«, »Iphigenie« oder – jeder nehme, was ihm gefällt – Heilige Schrift gab, eine Vor-Zeit.

Solches Heben und Bewahren und am Leben erhalten des Vergangenen ist rechts.

»Rechts zu sein, das ist, die Übermacht einer Erinnerung zu erleben, die den ganzen Zeitgenossen ergreift, weniger den Staatsbürger, die ihn auch vereinsamt und erschüttert inmitten der modernen, aufgeklärten Verhältnisse, in denen er sein gewöhnliches Leben führt.« So Botho Strauss, der auch immer wieder aufleben wird.

Mittwoch, 12.April 2023

Unvergänglich – In Südamerika brennen Kirchen, angezündet von Indigenen, die ihre Religionen wiederentdecken, die vom Christentum abgelöst wurden und sich nun wieder vom Christentum lösen. Sage also niemand, Kulturen würden verschwinden. Sie ziehen sich zurück wie die Sonne am Abend. Es wird sich in einer Zukunft schon jemand finden, der sich an ihnen wärmt.

Die Indigenen wissen davon. Die Europäer wissen davon. Und in einem Ausbruch des Wunsches, nie zu vergehen, entdecken sie, die Europäer, die Zuneigung zum Indigenen, das sich in einem neuen Aufleben erfolgreich gegen sie wendet, nachdem sie in den weißen Fremden einmal die alten Götter erkennen wollten und anbeten konnten, so wie wir in den schwarzen Ankömmlingen unsere alten Götter erfahren und Regeln, nach denen wir Europäer uns sehnen.

Dann aber ist der Wokeismus eine präventive Unterwerfung, eingehüllt in die Bitte, mich überleben zu lassen. Eine überflüssige Bitte, denn wir werden als Kultur unbedingt überleben, wenn auch womöglich verborgen wie Indigene. Wir alle sind Indigene. Zumindest wenn wir nicht gleichgültig bleiben.

Das ist es also, was die gelassenene Melancholie in den vielen festgehaltenen Blicken der Indigenen verrät und der Anmerkung Scipio Africanus im Angesicht des brennenden Karthagos – »Auch Rom wird einmal brennen:« – fehlt: Das »Wir kommen wieder.«

Dienstag, 11.April 2023

Wunschträume und traumatische Wirklichkeit – Wenn ein französischer Staatspräsident, wie über Ostern geschehen, in Asien für ein autarkes Europa wirbt – und durch ›autark‹ schimmert nicht zufällig ›stark‹ –, dann wollen die Worte verhallen und können es nicht. Sie streifen durch die Gänge von Behörden aus Brüssel und durch staatliche, private und soziale Medien und triggern Erinnerung an. Erinnerung an ein Europa von vor einhundert Jahren; großmächtig und in sich zerstritten aber doch mächtig.

So gesehen paßt es, wenn ausgerechnet ein französischer Staatspräsident ein Großeuropa anruft – ein Europa das es so niemals gab. Es paßt, daß Macron mit seiner Wunschvorstellung in China vorstellig wird, das gerade Anstalten macht, seinen chinesischen Konkurrenten Taiwan zu zerdrücken. »Das geht Europa nichts an«, glaubt Macron zu wissen und will die Chinesen auf Taiwan wohl ihrem Schicksal überlassen in einem strafgefangenen China.

Schade, daß die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem Angriff Japans auf seine Flotte in dem noch sehr viel weiter entfernten Pearl Harbor nicht gleichfalls erklärten: Was interessiert uns der Konflikt zwischen Russland und Deutschland um Frankreich? Was geht es Washington an, ob Hitler oder Stalin in Paris residieren?

Aber so sind sie, die französischen Staatspräsidenten. Nach einem Großeuropa rufen und sich kleinlaut verziehen.

Dabei ist ein Großeuropa so richtig wie die Unterstützung Taiwans durch eben dieses Europa. Nicht für die Kämpfe, die in Ostasien jede Stunden ausbrechen können und auf der Welt einen zweiten großen Krisenherd schaffen. Da hat Europa wenig bis gar nichts zu bieten. Der schamlosen Drohung mit Krieg kann allein die US-Navy erfolgreich begegnen, aber sie kann und sie wird es mit einem Ergebnis, das sich jeder ausrechnen kann.

Europa hat nur noch bescheidene Flotten und verschleudert sein Geld für allerhand Unsinn. Erst wenn sich das ändert, wird Europa sich grundlegend ändern und die Welt eine andere sein, eine wie früher schon einmal. Ein Sozialstaat in Maßen, zum verbrieften Recht auch die angemessenen Pflichten und die Bereitschaft, zu sich zu stehen und einzugreifen, falls nötig. Mit anderen Worten: Die Welt als ein Europa der Kleinstaaterei im planetarischen Rahmen mit Staaten, die groß werden wollen, falls sie es nicht mehr sind oder noch nicht – so wie Frankreich und sein Präsident.

Denn der Mensch erzählt nicht nur gerne Geschichten, er macht Geschichte auch gerne, um sie sich später erzählen zu können. Egal, ob sie seinen Wunschenträumen entspricht oder traumatische Wirklichkeit wurde.

Hannibal

by Robert Frost


Was there ever a cause too lost
Ever a cause that was lost too long,
Or that showed with the lapse of time too vain
For the generous tears of youth and song?




Ostermontag, 10.April 2023

An die Ungläubigen – »Zwischen dem unverständlichen Wort und dem akustisch abstrakt erfaßten Schall liegt ein Abgrund der Wesensverschiedenheit«, schreibt Heidegger. Wenn wir allerdings glauben, was wir nicht sehen, sind wir, aufgespannt zwischen angefragter Fremde und Antwort, im Wort, das uns fehlte, bei uns. Denn wir hören das Wort, wir sehen das Wort; es hat das Sinnliche eingesogen und geformt zu neuem Sinn. Wir haben den Abgrund zwischen Sinnlichkeit und Sinnhaftigkeit überspannt.

Doch nun hat die Schrift im Digitalen das Klingen der Worte ersetzt. Wir überspannen nicht mehr, sondern überblicken Symbole, sofern wir sie anklicken können. Mag der Ostersonntag uns mit der Überraschung der Auferstehung noch übermannen und sei es auch nur in der Kindheit – der Ostermontag nimmt bereits den ersten von vielen Werktagen vorweg, wenn das Begreifen und Kasernieren der Worte beginnt. Selbst Jesus versucht durch Handauflegen und Sichtbarmachung dem ungläubigen Thomas an diesem Montag seine Gegenwart zu beweisen:

»Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.«

Hat Jesus selber, diese ketzerische Frage drängt sich auf, seinen Glauben verloren, daß er sich zu einem Beweis seiner Gegenwart bewegen läßt? – – Indes hört jeder deutlich das unsichtbare »aber« oder auch das vorhergehende »nur«. »Nur weil du mich gesehen hast, glaubst du. Aber selig sind, die nicht sehen und doch glauben.«

Ostersonntag, 9.April 2023

Letzte Generationen – »Wenn ich Ironie brauche«, sagt ›M‹, die Chefin des Secret Intelligence Service in einem späten James Bond, »dann rede ich mit meinen Kindern.« Und tatsächlich ist diese Form der Rhetorik zum Kleingeld von Deutsch- und Ethiklehrern heruntergekommen, nachdem ihr Wert von Intellektuellen in einer Mixtur aus Unverstand und Selbstüberschätzung ohnehin schon weit genug abgesenkt worden war. Wirkliche Ironie dreht dem Ironiker seine Absicht in jede beliebige Richtung und dabei mitunter den Hals um und das, ohne daß er irgendeine Absicht für eine Drehung in diese Richtung verspürt haben würde. Ironie ist eine Bewegung im Rücken des Protagonisten; sie ergibt sich und erwischt sie, Absicht und Protagonisten, auf falschem Fuß.

Wenn also die »Letzte Generation« – jene Horde bedungener hysterischer Bälger und solcher, die es gern wieder wären – sich an Straßen und Brücken festklebt, anleimt oder gar einbetoniert, um noch einmal, bevor es vorbei ist, von den Medien zur Kenntnis genommen zu werden, dann imaginiert sie sich in eine selbstgewählte politische Rolle, von der die Geschichte nichts wissen will und sie daher – abgrundtief ironisch – in ganz andre Gefilde verkehrt.

Vieles spricht dafür, daß sie, die Aktivisten, den Titel, den sie sich selbst aufs Haupt gesetzt haben, »Die Letzte Generation«, mit gutem Grund tragen. Denn sie sind die Letzten einer Generation, so wie Aetius der letzte der Römer war und nachdem Attila ihn aufgezogen hatte eben diesen in den nebelverhangenen Zeiten zwischen Rom und Nicht-Rom auf den geheimnisumwitterten Katalaunischen Feldern bezwingt. Die »Letzte Generation« ist die letzte Generation aus deutschem Geblüt und ein paar Österreicher zählen wohl auch noch dazu – alle späteren Generationen werden aus aller Herren Länder stammen und sind hier, um von deutschen Landen zu leben, nur sind sie eben nicht deutsch, sondern senegalesisch, äthiopisch oder afghanisch.

Die »Letzte Generation« weiß davon nichts. Sie weiß ja ohnehin nicht viel mehr, als ihre Vorfahren ebenfalls wußten: Man muss eine Sache nur von ganzem Herzen machen, egal ob sie einen Sinn macht oder nicht, ins Unglück führt oder ins Glück, man die Nachbarn gegen sich aufbringt oder geliebt wird. »Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen tun«, geht ein Zitat und man könnte es dem letzten Deutschen Kaiser, Hermann Göring oder Richard Wagner zuschreiben, von dem es stammt. Warum nicht auch an eine Autobahn kleben, egal ob es dem Klima was nutzt oder der Nutzen, wie wir im Studium sagten, bei Epsilon liegt, also bei Null.

Diese »Letzte Generation« klebt an ihrem Land – wer diese Symbolik begreift, beginnt zu verstehen, warum die Deutschen Gerichte den Tätern noch immer mit relativer Milde begegnen, die Deutsche Polizei sie behutsam vom Asphalt Deutscher Autobahnen zu lösen versucht und Deutsche Politiker der erklärten Absicht der Aktivisten, die politische Verfassung des Landes grundlegend zu ändern und in ein klimapolitisches Rätesystem umzuformen, mit kaum verhohlenen Sympathien begegnen, statt den Verfassungsschutz anzurufen, der, wen wundert es noch, gleichfalls untätig bleibt.

Und so finden sich die letzten Generationen der Deutschen auf ihren Autobahnen zusammen, klebend, unbeweglich und überzeugt, ihre Zukunft retten zu müssen. Das ist Ironie nach dem Geschmack der politischen Götter. Und falls sie ihnen gefällt, könnte die Generation, wie auch immer, noch einmal auferstehen, nur wäre die »Letzte Generation« dann nur noch die Letzte vor der nächsten Ersten.

Frohe Ostern!

Karsamstag, 8.April 2023

Lebende Sprachen und tote Symbole – »Sprache befindet sich in einem ständigen Wandel«, rechtfertigt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft das Gendern in Schulen und das immer wieder. Das klingt beim ersten Lesen so richtig, wie nur etwas und ist es auch. »Zunächst entwickelt sich die Sprache dauernd«, sagt daher auch Ferdinand de Saussure und wer nicht weiter liest, könnte sich dem Gendern hingeben. Nur ist der Satz eben noch nicht zu Ende: »Zunächst entwickelt sich die Sprache dauernd, während die Schrift unverändert bestehen bleibt.«

Gendern aber ist immerzu Schrift, Änderung des Schriftbilds, rabulistisches Hinzufügen neuer Symbole aus der Welt der digitalen Schriften. Der Rest ist Gestammel, Glucksen, »gut Gegendert ist halb gestottert«, spottet der Volksmund seit längerem, weil der Genderismus aus dem Lautbild nicht herauskommt zur freien, fließenden Rede. Und darüber verzweifelt er und stampft immerzu lauter auf in Behördengängen und Verwaltungsbüros und natürlich in Pädagogengewerkschaftlerstuben; ein Rumpelstielzchen, das gerade entdeckt, daß die Liebste seinen Namen längst fand, ihn aber nicht aussprechen will.

Wenn jedoch Gendern Schriftbildveränderung ist und bleibt und Sprache sich ständig ändert, wie es alle wahrhaft Lebenden tun, dann haben die gewerkschaftlichen Vertreter des Lehrkörpers ihren eigenen Leib nicht verstanden. Denn so richtig es ist, daß Sprache sich ständig verändert, so falsch ist der Glaube, die Lehrer der GEW oder überhaupt irgendein Lehrer wären gefordert, sie gezielt zu verändern – das dürfen, ja, der bildungsbeflissene Zusatz muß sein, allenfalls Dichter.

Daß die Herrschaften Lehrer das berufsbedingt nicht verstehen, erklärt, warum es mit der Bildung in Deutschland seit fünf Jahrzehnten immer mehr hapert. Fast alle Pädagogen wollen eingreifen, wollen umändern, wollen den Körper der Sprache manipulieren. Und ganz ehrlich, ich kann sie verstehen. Denn der »Moment, in dem irgendein einzelner sinnlicher Eindruck symbolisch gebraucht und als Symbol verstanden wird, ist immer wie der Anbruch eines neuen Weltentages«.

Nur ideologisch eingesetzt werden dürfen diese Kleinode geistiger Lustnächte nicht, das hätte Ernst Cassirer als er, sicher beglückt, das Bild vom »neuen Weltentag« in der Hand hielt, hinzufügen sollen; schon gar nicht von Lehrern. Sie müssen Geheimzeichen bleiben, verborgen, behütet, verständlich nur für die Auserwählten und Eingeweihten – echte Programmierer wissen genau, was ich meine. Aber dafür ist es bei den Gendermainstreamsymbolen wohl schon lange zu spät. Sie wurden von Ideologen getötet.

Karfreitag, 7.April 2023

Bürgerkriegswünsche – Frankreich ist, was bekannt sein sollte, seit dem Frühjahr 1940 eine unbedeutende Möchte-Gern-Großmacht – so wie Rußland seit 1989. Paris hat nicht mehr die Kraft, sich den gewaltbereiten Mächten in Moskau und Peking entgegenzustellen und sein Präsident, ein gewisser Herr Macron, das Kunstprodukt vereinter Minderheitenmächte aus Politik und Medien, reist daher an, einmal in Moskau, diesmal in Peking, um eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg einzufordern. Binnen kurzem wird ein Moslem aus dem Maghreb Frankreich vertreten, so wie London durch einen Hindu aus Indien vertreten wird. Doch Vorsicht! Die Germanen wollten nach der Eroberung Roms irgendwann die besseren Römer sein. Und nach einem hübschen Bonmot glaubten die Preussen tiefer an die griechischen Götter als die Griechen selber; die alten versteht sich.

Da ist Warschau aus ganz anderem Holz geschnitzt und deshalb aktuell Führungsmacht in Mitteleuropa mit den USA im Hintergrund und keinem Hindu oder Moslem weit und breit. Die Machtzentren in Europa verschieben sich deutlich - weg vom Westen in die Mitte und nicht nach Berlin.

Im Kanzleramt lebt man in seiner eigenen Traumwelt, imaginiert sich in die Rolle der weiterhin einflussreichen ökonomischen Großmacht, die das Weltklima rettet und den Welthunger besiegt. Die Realität: Innenministerin Nancy Faeser holen immer neue Schübe Migranten ins Land, gleichsam ohne die sprichwörtliche Rücksichtslosigkeit gegenüber Verlusten. Selbst die Konservativen, sonst eingesponnen in falscher Menschlichkeit, um sich den Grünen für eine gemeinsame Machtübernahme anzubieten, werden unruhig, weil die Unruhe in der Bevölkerung wächst und nur deshalb nicht umschlägt, weil keine, aber auch wirklich keine Partei im Bundestag das Thema Bedrohung durch Migranten ergreift.

Was treibt Nancy Faeser in diese selbstmörderischen Paradoxien? – Eine tiefes Verlangen der radikalen Linken nach Krieg, genauer nach Bürgerkrieg – also die Art Krieg, die Linke mit dem Weiß von Picassos Luftratte tarnten. Bürgerkrieg dient in den Augen von Frau Faeser – bewußt oder auch nicht – der Befreiung. Also holt sie immer mehr Arme in unser Land, das schon bald nicht mehr unser ist. Sie hofft auf den Krieg der Armen gegen die Reichen. Das ist Teil ihrer politischen DNA; soviel linksradikale Ideologie muß schon sein.

Donnerstag, 6.April 2023

Kindergrundsicherung – Robert Habeck hat ihn, diesen Blick des spendablen Onkels, freundlich herablassend grinsend und mit leicht angeschrägtem Kopf geneigt hinunter zum immer hungrigen Kind. Es weiß, wer verteilt und er weiß, wem er nimmt, um zu verteilen. Kulleraugen vor bösen Onkels heißt die Urszene der Sozialpolitik, die jetzt zur Kindergrundsicherung führen soll; denn unter Berufung auf darbende Kinder läßt sich alles bewirken, das wissen Weihnachtsmänner und Künstler seit zwei Jahrtausenden.

Familienhelfer marschieren im Dutzend und das Geld fließt praktisch unbegrenzt unter dem Motto: Wir haben den Auftrag, die Kinder zu retten. Selbst Brecht brach auf dem Kinderkreuzzug mit seiner Mitleidlosigkeit. Immer, aber auch wirklich immer, und jedem, aber auch wirklich jedem, gelingt es, mit dieser sozialpolitischen Volte Geld locker und Kritiker mundtot zu machen mit dem Hinweis auf das Schicksal des Unschuldigen, »das müd' und harmvoll matt von dem Schosse« eines Zigeunerweibs hängt. Wir können nicht anders und zahlen jeden Betrag.

Handyhändler und Hersteller von Spielekonsolen reiben sich die Hände über höhere Absätze dank einer Kindergrundsicherung in Zeiten schwindender Summen; Tattooritzer müssen Überstunden anmelden, wenn das Geld erst einmal fließt, derweil sich Politiker weiter mit schräg geneigten Köpfen und dröhnendem Grinsen die Drei Heiligen Könige aus dem Morgenland geben während sie loben und preisen. Sage noch einer, das Christentum sei aus unseren Köpfen verschwunden. Es sitzt, freilich ohne die andere Seite der Pflichten des Almosennehmers, tief in unseren Köpfen.

»Man soll die Bettler abschaffen«, fordert Nietzsche, »denn man ärgert sich, ihnen zu geben, und ärgert sich, ihnen nicht zu geben.« Hören wir endlich auf, uns über unser Nicht-Geben zu ärgern und verdoppeln dafür den Ärger über unsere selbstzufriedene Genug-Tuung am Geben. Allein der Gedanke lässt die Selbstüberwindung vor uns erscheinen als schier unüberwindlich. Auch uns ist das Pflichtgefühl verloren gegangen.

Mittwoch, 5.April 2023

Sterbende Plagiate – Händel entstammt einer Zeit, als wir – ausdrücklich Plural – noch unbeschwert tanzten. Dann zwackt Beethoven die ersten Takte vom zweiten Satz der Wassermusik für sich und seinen angehimmelten Napoleon Bonaparte ab, verteilt sie auf die Anfänge der ersten beiden Sätze seiner Dritten, der »Eroica«, und fortan bestimmen sie als Eingangschläge und müdes Seufzen der Oboen im Anfang des »Marcia Funebre« zwei Momente moderner Musik: Schlagen und Weinen. Unser Tanzen verhallt, dieses wohlig stolze Durchmessen von Raum und Zeit auf den eigenen Beinen.

Nach dem Deutschen Beethoven geht der Russe Tschaikowsky beim Engländer Händel plagiieren. Im Tanz der Kleinen Schwänen – »Made in England« würde manch ein kaisertreuer Deutscher sicher mit Blick auf die Herkunft des Originals betonen – nimmt Tschaikowsky dem Hüpfen Händels im unbezeichneten Satz – Numero 9, manchmal 10 – die Möglichkeit der Grenzüberschreitung; die Weite der Wassermusik geht verloren im russischen Stechschritt der Vögelchen, die unreif gedrillt worden sind; Rhythmus mitnehmbar für 1 Rubel 37 Kopeken, derweil Händels Ohrwürmer den festen Boden des Alltags in jede Richtung auflockern.

Dienstag, 4.April 2023

Gelbkreuz – »Der libertäre Autoritäre ... sehnt sich nicht nach einer verklärten Vergangenheit oder der starken Hand des Staates, sondern streitet lautstark für individuelle Freiheiten«. Und das mögen sie nicht, die neudeutschen Autoritären aus dem Dunstkreis der Suhrkamp-Kultur. Also schreiben sie Bücher unter dem Titel »Gekränkte Freiheit: Aspekte des libertären Autoritarismus«; und weil das nicht reicht, hängt der Vertreiber gleich noch die Werbung an den Titel: »Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2023, Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste (DLF Kultur/ZDF/DIE ZEIT)«

Ein Buch mit einem Kreuz gehalten im Gelbsterngelb und zu imaginierenden Haken, um die »libertären Autoritären« zu markieren. Seltsam, daß man im Suhrkamp-Verlag diese abgrundtief verräterische Symbolik nicht bemerkte. Offenbar glaubte man im Suhrkamp-Verlag noch an einen weiteren Winter im Lockdown und viele lange Stunden am Kamin mit gelbkreuzigen Hetzschriften aus dem Programm des Verlags.

Als der Band im Herbst im Handel erscheint, befindet sich Deutschland bereits im Nachgang der Pandemie und es zeigt sich, daß die Diagnosen der Kritiker den Ungeist der Zeit sehr gut trafen. Flugs kehren sich die Gespräche mit jenen Querdenkern, die den beiden Demagogen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey in die Falle tappten, in einer besonderen Form Negativer Dialektik ins Gegenteil um. Wo die Soziologen in spät-marxistischer Manier und mit den betagten Begriffen der Frankfurter Schule – »Negative Individualisierung«, »soziale Kränkung« – über das falsche Bewußtsein ihrer Opfer aufklären wollten, werden wir über das verlogene Bewußtsein jener beiden Soziologen aufgeklärt, die einen tiefen links-grünen autoritären Staat begründen helfen.

Dumm gelaufen! muß man einmal mehr konstatieren. Denn gedruckt ist gedruckt. Der Text liest sich in diesen Nach-Corona-Tagen, die die Wahrheit an den Tag bringen, wie ein Gespräch mit Stauffenberg im Gefängnis, das kurz davor steht, von den Alliierten eingenommen zu werden. Alle wissen, was war, nur die Soziologen halten treu zu ihrer geistigen Führung, weil sie es noch nicht wissen.

So gesehen, handelt es sich um einen herrlichen Text, ein ironischer Text, bühnenstückreif. Die Kritische Theorie in ihren letzten Zuckungen, gegendert und in billigen Stücken. Denn da Amazon einen Gutteil dieser unfreiwilligen Selbstaufklärung öffentlich macht, kostet es nicht einmal Geld, mehr als genug aus ihm zu lesen.

Montag, 3.April 2023

Zeitverläufe – Was die Zeit im Fluss von Ewigkeit zu Ewigkeit, ist der Raum vom unendlich Kleinen ins unendlich Große und das an jedem Punkt des Raumes wie die Zeit.

Die Lebensarbeitszeit wird in Zukunft deutlich über 60 liegen; darüber wird berichtet. Auch die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit wird womöglich länger werden; auch darüber wird berichtet. Was fehlt ist der Hinweis auf den Fachkräftemangel und wie er zu wesentlichen Teilen aus den Halbtagsstellen, auf denen auch nur halb so viel gearbeitet wird, resultiert. Denn bei der Ausbildung von Lehrern werden bei halber täglicher Arbeitszeit doppelt so viele Lehrer gebildet werden müssen. Nur so, mit dem größeren Aufwand, gelingt es, die gleiche Zeit an Unterrichtsstunden zu füllen. In Unterrichtsstunden muss gerechnet werden - nicht in der Anzahl der Lehrer.

Und so vertreibt die Zeit das gönnerhafte Grinsen aus der Visage von Robert Habeck; der schräg gelegte Kopf, wie wenn der Onkel mit Kindern spricht, beginnt nach über einem Jahr in der Realität langsam und müde und ernsthaft zu kippen. Das Ministerium hinterläßt Spuren. Verdrücken a Lafontaine oder Gysi wäre eine Option. Endlich wieder frische Brötchen zum Frühstück, Rotwein in der Toscana und der Stolz, Intellektueller zu sein. Auch wir wären dankbar.

Sonntag, 2.April 2023

Winkelzüge der Grammatik – Die Genderei treibt mitunter hübsche Blüten wie diese:

Daß der Spiegel sich die Mühe gemacht hat, die Abwesenheit von Abgeordneten der Linken und der Rechten im Bundestag zu registrieren – ich hoffe, die politische Rechte kommt niemals auf den selbstmörderischen Gedanken sich »Die Rechte« zu nennen, auch wenn es ihnen getraut werden muß –, ist einem anderen Blatt, vermutlich weil es die Leser für blöd hält oder vielleicht auch nur, weil ein devoter Genderismus gezeigt werden soll, die Erläuterung wert: »Das heißt, jeder oder jede Linken-Abgeordnete verpasste im Schnitt knapp jede fünfte namentliche Abstimmung.«

Dumm gelaufen! Denn so meint das oder ein entweder-oder und verschiebt den Satz zur Bedeutung: »Das heißt, jeder Linken-Abgeordnete oder jede Linken-Abgeordnete verpasste im Schnitt knapp jede fünfte namentliche Abstimmung.« Entweder fehlen die weiblichen oder die männlichen Abgeordneten der Linken, nicht aber beide. - - Und das ist falsch. Der Grund für den Ausrutscher: Die Einleitung »Das heißt« spezifiziert die beiden geschlechtlichen Alternativen und separiert sie, wo eine Gemeinschaft her müsste. »Das heißt, jeder Linken-Abgeordnete und jede Linken-Abgeordnete verpassen im Schnitt knapp jede fünfte namentliche Abstimmung.« Merke: Auch Behördendeutsch will gekonnt sein.

Was dann aber die Frage aufwirft: Wieso versuchen ausgerechnet jene Parteien die Genderei in die natürliche Sprache zu überführen, die Struktur und Ordnung meiden wie der Teufel das Weihwasser? – Aber vielleicht merken sie einfach nicht, was sie tun. Es sind halt die Paradoxien politisch halbbewußter Kleinbürger, die sich für weltmännisch halten und nicht merken, daß ihre Ideologie der Vielfalt nicht tiefer reicht, als die Vielfalt in den Kühlregalen von Lidl und Aldi. »Es ist alles so schön bunt hier«. Kein Wunder, daß vor allem Unternehmen exklusiv gendern. So, mit den digitalen Sonderzeichen »*«, »_« und »:«, fällt ihre Werbung mit Mitteln der Grammatik ins Auge und der Kunde drauf rein. Wer glaubt, einem der Unternehmen lägen Frauenrechte oder das bedauerliche Schicksal von Transen am Herzen, sollte schon einmal trainieren, über sich selber zu lachen.

Samstag, 1.April 2023

Statistische Zusammenhänge – Statistik kann so einfach sein! Und je einfacher sie ist, desto windiger werden die Erklärungen, denn sie müssen ja eine Nebelbank um das Offensichtliche legen. Die Statistik zu Gewaltverbrechen in Deutschland für das Jahr 2022 besagt: Insgesamt wurden 178.224 Tatverdächtige gemeldet. Unter diesen befanden sich 109.138 Deutsche, 9.337 Syrer, 4.205 Afghanen, 1.308 Ukrainer und 102 Japaner. Zugleich befanden sich 869.585 Syrer, 309.820 Afghanen und im Jahresmittel etwa 600.000 Ukrainer in Deutschland.

Damit begeht – eine Gesamtbevölkerung von 83.237.124 Personen vorausgesetzt – der deutsche Anteil von 87 Prozent der Bevölkerung 61 Prozent, der syrische Anteil von 1 Prozent der Bevölkerung über 5 Prozent, der afghanische von 0,37 Prozent der Bevölkerung 2,3 Prozent und schließlich der ukrainische von 0.7 Prozent der Bevölkerung 0.7 Prozent der Gewalttaten. Oder anders gesagt: Afghanen sind um das Sechsfache, Syrer um das Fünffache und Japaner etwa 1,3-fach überrepräsentiert; bei den Ukrainern entspricht der Wert etwa ihrem Bevölkerungsanteil; die Deutschen sind mit 0.7 merklich unterrepräsentiert. Da in Deutschland relativ wenige Japaner leben, ist die Zahl allerdings nicht wirklich aussagekräftig.

Anders die Werte für Migranten aus den beiden moslemischen Staaten. Sie sind so deutlich, daß die einschlägigen Medien schon grob zulangen und feilen müssen, um ihr Klientel besser erscheinen zu lassen. Zunächst wird wie selbstverständlich davon ausgegangen, daß Männer häufiger straffällig werden. Und da Männer unter den Migranten aus besagten moslemischen Ländern eine deutlich Mehrheit bilden, sei auch ihre Kriminalitätsrate höher.

Das ist jedoch gleich doppelt falsch: 40 Prozent aller Syrer sind Frauen. Und bei den Tatverdächtigen stellen Frauen etwa 20 bis 30 Prozent. Die meisten Medien halten das nicht für erwähnenswert, sondern rechnen, als hätte noch nie eine Frau den Nächsten ausgeraubt. Einige Vorurteile haben eben eine längere Haltbarkeitsfrist als andere.

Bliebe zu konstatieren: In den Statistiken der Regierung wird gegendert, was das Zeug hält. Da dürfte demnächst auch die Unterscheidung nach Geschlechtern hinfällig sein, obgleich dieses äußere Merkmal bei der Verbrechensbekämpfung so zentral, weil eindeutig ist. In der Polizeistatistik steht dagegen mit einem beinahe literarischen Flair Sexus. Derweil die Statistik der Regierung deutlich macht, daß die Gendersprache immer mehr zum Bürokratendeutsch neigt. Was man ihr gönnt.

Freitag, 31.März 2023

Unfreiwillige Komik – In der Erklärung »Warum die Grünen nicht witzig sind« erreicht eine Tageszeitung ein gewisses Niveau, das in diesen Blättern ungewohnt und unüblich ist, wie sie gleich heute früh wieder zeigen, wenn sie Trump überall als ersten Präsident bezeichnen, gegen den ein gerichtliches Verfahren eröffnet wird. Schließlich ist Trump nur deshalb der Erste, weil die möglichen anderen präsidialen Kandidaten ein wichtiges Pfund ihr eigen nannten: Sie waren noch im Amt und tauschten den Rücktritt gegen das Fallenlassen der Anklage; so Nixon nach Watergate; ein Realpolitiker eben, andere sagen Teppichhändler dazu.

Zurück zu den Grünen, deren Infantilität in besagtem Artikel mit treffenden, wenn auch nicht unbedingt taufrischen Beispielen erläutert wird: Himmel-Und-Hölle-Hüpfen von Frau Baerbock im Bunker, Indianerspielen von Herrn Habeck im Urwald. Die Inszenierung ihrer Sexualität in der Öffentlichkeit durch Frau Lang hätte auch noch gepasst. Leider wird auf tieferes Fragen nach dem Warum verzichtet? Warum sind die Grünen so infantil? Inwiefern sind es ihre Wähler? Da hätte einiges an den Tag gefördert werden können, was diese Partei zu einer besonderen, will heißen besonders typischen macht: Hang zum Konsum, Hang zum Event, Hang zur öffentlichen Zurschaustellung der eigenen Befindlichkeiten und Perversionen, Hang zur Auslöschung aller Vergangenheit, Hang zur Dummheit. All das zeichnet zwar auch Kleinkinder in einem bestimmten Alter aus, von denen gesagt werden kann: Maximale Neugier bei minimalem Verstand. Doch warum die Grünen und warum in dieser Zeit?

Statt Analyse kommt eine intellektuelle Blase, die zu den Grünen besser passt, als dem Journalisten lieb sein dürfte. So die Rede vom »Ende einer traditionsreichen Politikerkunst: der unfreiwilligen Komik.« Unfreiwillige Komik kann niemals Kunst sein, weil Kunst eben doch auch von Können kommt und von Absicht, also von Wollen. Unfreiwillig ist da gar nichts oder zumindest nur in den Augen des unbedarften Zuschauers, der glaubt, Kunst würde spielend geschaffen. Was sicherlich die meisten Grünen glauben werden. Nein, unfreiwillige Komik ist keine Kunst und schon gar keine Politikerkunst; sie geschieht unabsichtlich und ist die einzige Form des Witzes, die Dumme beherrschen. Womit wir wieder bei den Grünen sind und ihrer Art, sich einigermaßen erfolgreich medial zu bewegen.

Sie, die Grünen sind es, die häufiger als die anderen die unfreiwillig Witzigen sind. Wenn Baerbock im Bunker rumhüpft; wenn Habeck sich wie auf einem Kindergeburtstag anmalen läßt und dazu grinst, daß sogar Frau Giffey das Grinsen vergehen dürfte; wenn Lang sich in einem Tigerkleid zwischen zwei Männern ablichten läßt, als wolle sie nach dem Tiger auch noch die Beiden verputzen – dann ist das von bestechender unfreiwilliger Komik mit ernsten politischen Folgen. Bei den einen, den 14 Prozent, erwecken sie Mitleid und sie werden gewählt; die anderen prosten sich zu und hören mit dem Schenkelklopfen gar nicht mehr auf.

Medial bleiben sie so oder so für alle präsent. Und an der Macht. Durch ihre ihrer Dummheit geschuldeten unfreiwilligen Komik. So gesehen stehen Baerbock, Habeck und Lang in einer langen Tradition deutscher Politiker, die immer wieder durch Peinlichkeit glänzten. Mit in der Reihe stehen der letzte Deutsche Kaiser, wenigstens ein Bundespräsident und natürlich auch Edmund Stoiber, der ehemalige Ministerpräsident aus Bayern. Wenigstens an dem Punkt liegt die Tageszeitung richtig. Und auch daran, daß das deutsche Publikum sie braucht, die unfreiwillige Komik der Herrscher, verleiht sie ihnen doch das Gefühl, an der Macht beteilt, den Mächtigen überlegen zu sein.

Donnerstag, 30.März 2023

Hässlich, dämlich, betrunken – Das Wort Haß kommt von Feindseligkeit, leidenschaftlicher Ablehnung, Verfolgung und neigt sich dann dem Häßlichen zu. Das scharfe »ß« des wird hier hörbar durch »ss« ersetzt, wenn es schließlich in »hezlichkeit« übergeht; aber das war im 14. Jahrhundert, also vor einem halben Jahrtausend.

Heute ist es zum Schlagwort der Medienblasen verkommen, Wort, mit dem mediale Vertreter und Politiker, die ihr Dasein ganz den Medien verdanken, auf ihre politischen Gegner eindreschen. Haßrede aus dem Mund von – kaum einer, der sich erinnert – Heiko Maaß, dem banalen Antisemiten, der wieder in den Katakomben des Willy Brandt Haus verschwunden ist.

Haß warf Frau Chebli, SPD, dem Autor der Rede »dämliches Stück Hirn-Vakuum in der Politik« vor. Auch sie, Chebli, ist mittlerweile in den Katakomben der Sozialdemokraten verschwunden. Wurde sie von dem Autor gehetzt? Gar nach dorthin gejagt? – Wohl kaum. Nur interessiert sich keiner mehr für die Araberin mit deutschem Paß, die das Kopftuch für eine religiöse Pflicht hält und mal hielt, während sie sich in der Öffentlichkeit vor bald jeder Kamera zeigte.

Eine Richterin am Landgericht von Heilbronn hat »dämliches Stück Hirn-Vakuum in der Politik« die Freiheit gegeben. Man muß nicht einmal beweisen, daß es wirklich ein Vakuum ist, das den Kopf unter dem Kopftuch von Frau Chebli füllt. Es läuft im Gehege der Meinungsfreien herum und wer zu nah an den Zaun tritt, um es zu streicheln oder zu füttern, den darf es beißen, das Wort. Was an die Frage erinnert, Was ein Vakuum ist und die Antwort: »Ich weiß es, ich weiß es, ich kann es nur nicht beschreiben, aber ich habs im Kopf.«

Ist die Bezeichnung »dämlich« hetzend oder gar häßlich? Schließlich verfolgt niemand die Dummen, um sie zu fangen und wegzusperren. Allerdings heißt es auch »dämlich« und nicht »dumm« und »dämlich« kommt auch von »betrunken« und da werden die meisten doch häßlich vor allem am nächsten Morgen und in der Erinnerung, sobald sie wach ist und klar sieht, was von der Unklarheit der fehlenden Erinnerung verwaschen wurde.

Uwe Johnson wählt »taubes Hirn« und in meinem Kopf gehe ich dem Vergessen, daß wir vergessen, hinterher. Wir haben das Vergessen vergessen, wissen nicht mehr, was es heißt, etwas im Kopf zu bewahren oder im Körper der Erinnerungen, damit es nicht plötzlich abreißt und weg ist wie der Knopf einer Hose. »Dämlich« wie »betrunken« und nicht ganz wie »dumm«.

Mittwoch, 29.März 2023

Vergleichende Doppelmoral – Es ist immer beruhigend und verleiht den Triumph des Recht-Habens, wenn Doppelmoral aufgedeckt wird und der wahre Charakter erscheint. Wie bei Amnesty International.

Die haben gestern dem Westen Doppelmoral vorgeworfen hinsichtlich Russlands und Israels, das im Westjordanland und in Gaza das gleiche machen würde wie Russland in der Ukraine und mit den Ukrainern.

Nur: Die Eroberungen Israels sind das Ergebnis von vier Kriegen, die die Araber gegen die Juden angezettelt haben. Israel schlug zurück und verjagte den Angreifer über den Jordan. – Die Araber wurden nicht von der Westbank vertrieben. – Den arabischen Staaten wurde nicht mit Auslöschung gedroht. – Den Arabern wurden keine Kinder geraubt. – Israel flog keine Luftangriffe gegen zivile Ziele in arabischen Staaten. – Israel ist eingekreist von feindlichen Staaten. – Und Russland ist große, hat eine strategische Tiefe, in die es sich zurückziehen kann. – Und wie Moskau auf den Raketenbeschuss aus Gaza oder aus dem Südlibanon reagieren würde, kann sich jeder denken, Stichwort Grozny.

Der Vergleich von Amnesty ist also völlig daneben und zeigt einmal mehr die Doppelmoral von Amnesty International: Israel wird kritisiert für etwas, das für Russland und China selbstverständlich ist und es wird nicht genannt, sondern erst, wenn alles vorbei ist und auch dann nicht mehr lange. Die Zerstörung Groznys steht schon lange nicht auf der Agenda. Aber über und aus Gaza wird ständig berichtet und auch das erst lange nachdem mit dem Geld aus Europa bezahlte Raketen in Israel einschlugen und ohne Bezug zum Beschuss.

Dienstag, 28.März 2023

Hoffnungsschimmer – Ja, es gibt sie, die Freiheit zur Dummheit. Lehrer haben sie, Politiker, Richter haben sie ebenfalls und ganz zuerst in Berlin. Im dortigen Verwaltungsgericht, von den dortigen Politikern, und von vielen der dortigen Lehrer, würde der Satz: »From the Kantian point of view, the smoker is between his or her ›rational self‹ that knows he or she should quit smoking and his or her ›irrational self‹ that is unable to do what its rational counterpart knows he or she ought to do«, ohne den Anflug eines Gefühls für seine Schamlosigkeit so an die Tafel geschrieben und statt dessen auf den moralischen und akademischen Rang des Schreibers verwiesen – Kei Hiruta, ein fideler Japaner, der in Dänemark auf einen Ruf an eine namhafte Hochschule wartet und sich schon einmal im devoten, gendergerechten Schreiben probiert.

Und das haben berliner Richter, kaum weniger devot, entschieden: Das Gendern durch berliner Schulen verstößt nicht gegen elterliche Erziehungsrechte. Ein Vater hatte geklagt. Und nun ergeht es ihm, wie allen, die vor Gericht gegangen sind und verloren: Sie verlieren gleich zweimal: Vor Gericht und in der politischen Öffentlichkeit. Was, mit ein wenig mehr Gelassenheit, hätte vermieden werden können.

Denn soviel ist sicher: Solche marxistischen Bewußtseinsmanipulation via Sprache haben alle Despoten versucht und sie sind überall und immer gescheitert. Nicht nur an den Alten; aber vor allem an den Jungen. Deshalb hat das alles schon in der DDR nicht funktioniert mit ihren »Jahresendflüglern«, die Engel ersetzen und manchmal als ulkige linguistische Zombies zwischen den Zeilen verstaubter Folianten erscheinen oder gemeinsame Erinnerungen auf Klassentreffen der Jahrgänge des »Antifaschistischen Schutzwalls« beleben, der weder »antifaschistisch« war noch ein Wall.

Schüler machen sich über die gendergerechten Verrenkungen ihres Lehrpersonals längst lustig; ganz zuerst die in den hinteren Reihen. Sie tuscheln, wenn ihr woker Pauker viermal in einem Satz »he or she« in der gleichen traditionellen Reihenfolge, die damit zur Rangfolge wird, auf die Digitaltafel kratzt, weil er oder sie unfähig ist, die Kopierfunktion zu bedienen. Und sein oder ihr hochmoralisches Gendergerechtigkeitsgetue gibt dem ganzen pädagogischen Unterfangen den Rest.

Unsereiner kann darin einen Hoffnungsschimmer erkennen: Die schlechte Sprache der Lehrer könnte die Schüler zurück zu einer besseren bringen. Lernen am negativen Vorbild ist, so weit ich weiß, der fachspezifische Ausdruck.

Montag, 27.März 2023

Was heißt wählen? – Gestern wuselten die Kämpfer der Klima-Schutz-Staffel für den Berliner Klima-Volksentscheid durch die Stadt und hießen uns Wählen zu gehen; zwingen können sie uns ja noch nicht. Was, angelehnt an Heideggers »Was heißt Denken?«, zu einer zentralen Frage des politischen Lebens führt: Was heißt wählen? Denn der freiburger Freund des Lagerfeuers deutet das »heißt« ausdrücklich als: »Was heißt uns Denken?« Also als eine Art Zwang. Zwang zum Denken. Zwang zum Entscheiden. Zwang zum Wählen.

Also noch einmal und etwas genauer: Was heißt uns Wählen? – Jedenfalls nicht die Sorge vor einem erfolgreichen Klima-Volksentscheid, von dem wir glaubten, Nicht-Wählen und ein feuriges »Bleib weg mit Deinem Klima-Volksentscheid, ich gehe arbeiten und zahle Steuern« Richtung Klima-Schutz-Staffel, genügten; was es ja schließlich auch tat. Denn der Entscheid des Volkes über weitere »ehrgeizige Ziele«, wie es heute morgen selbst in der bürgerlichen Boulevard-Presse hieß, – als wäre doch etwas Gutes dran am selbstgestellten ideologischen Auftrag »Klimarettung« –, ist krachend gescheitert. Nicht an mangelnden »Ja«-Stimmen – davon gab es ganz knapp genug; was zugegeben in Berlin nicht viel heißt oder, um bei Heideggers Deutung zu bleiben, uns sehr viel heißt. Aber viele Berliner haben es so gemacht, wie wohl die meisten am Sonntag und wir: Sie blieben sitzen, schnabulierten ihren Käsekuchen und verfolgten das Spiel der von Sonnenstrahlen durchwirkten Regenwolken. Als würde das reichen.

Was heißt uns Wählen? – Uns von der Nicht-Wähler-Fraktion, die seit langem bei vielen Wahlen die Mehrheit bildet. Und falls, wie bei einer kommenden Bundestagswahl durchaus denkbar, die Regierung 45 Prozent der Stimmen erreicht, die Anderen aber nur 38 Prozent, weil das Wahlrecht 17 Prozent einfach ausschließt, dann sind wir bei einer Beteiligung von 70 Prozent mit etwa 40 Prozent der Wähler im Ganzen betrachtet deutlich die stärkste Fraktion.

Was für ein feiner politischer Umstand, daß die Wahlbeteiligung gestern den Ausschlag geben konnte und der nächste »ehrgeizige« Schritt blockiert worden ist. Manchmal reicht Nichts-Tun eben doch und ist lauter als die Stimme, die uns heißt, wählen zu gehen. Manchmal.

Sonntag, 26.März 2023

Offenbarung für Frühaufsteher – Uwe Johnson, 26. März, 1968. »Schläft gut. Ist im Aufwachen unverzüglich anwesend, ohne Sehnsucht nach den schützenden Meilen des Traumes.« Die, in denen der Unruhige das Erwachen am Horizont seines Traumes aufscheinen sieht und noch jeder Alb weniger drückt als die drohende Wirklichkeit.

Moskau will in Weißrussland Atomwaffen stationieren – fraglos eine Drohung gegen Warschau, das sich dem Eroberungswillen Putins besonders offen widersetzt, wenn man von der Ukraine absieht. Damit wird Putin deutlich der erste Politiker, der Atomwaffen für Eroberungen einsetzt; eine völlig neue Kategorie des politischen Handelns, die einmal mehr zeigt, daß der Machthaber im Kreml weder Stalin noch Hitler, sondern eine neue Art des verbrecherischen Politikers ist. Denn wahrscheinlich handelt es sich um eine Maßnahme als Vorbereitung für einen russischen konventionellen Angriff aus Weißrussland in Richtung Süden in den Westen der Ukraine, um den Nachschub der Truppen Kiews aus Polen und der Slowakei zu unterbinden. Ein eigentlich naheliegender Schlag, den Moskau bisher nicht durchgeführt hat, weil der Gegenschlag aus Polen in die Flanke der Angriffskeile tödlich wäre.

Johnson am Abend des 26. März: »Verwendet seine eigenen Zweifel nicht, sich aufzuklären, sondern zum unterhaltsamen Einschlafen. Schläft gut. Kann warten.«

Ob Putin ruhig schläft? Träumt er sich in den Schutz seiner atomaren Bewaffnung? Wie müssen wir uns sein Aufwachen denken?

Samstag, 25.März 2023

Verkehrskindergarten – Ja, es scheint, die gehobene Berliner Politik will Berlin in Bullerbü umwandeln. Das Wort macht seit langem die Runde, seit Frau Jarasch, die viele immer wieder mit Doppel-r schreiben, es in den Wahlkampf einer Wahl warf, die im Februar wiederholt werden mußte, weil Berlin längst wirklich Bullerbü ist und der Einkauf von »drei Pfund Würste, nur die besten« sich zum Fiasko auswuchs, an das sich die Leser der »Kinder von Bullerbü« sicher erinnern.

Gestern nun erlebte ich ein Lastenfahrrad, als es sich auf der Spur für Linksabbieger einreihte. »Wie ein Auto«, dachte ich, »die Fahrerin will fahren wie ein Auto.« Und sofort erinnerte ich mich an das Glücksgefühl im Verkehrskindergarten, als wir bevorzugt mit Kettcars auf vermeintlich richtigen Straßen versuchten, uns wie richtige Autos zu aufzuführen. Wir waren das Auto, nicht etwa die Fahrer eines Wagens oder gar eines Kettcars. Ein Gefühl von mehr als Erwachsensein machte sich breit und die Fahrt auf dem kleinen Parcours zum Erlebnis, das noch nach vielen Jahrzehnten aus den Schächten der Erinnerung aufsteigen kann.

Infantilisierung bedeutet nicht einfach, die Welt soll sein wie für Kinder gemacht. Infantilisierung bedeutet, die Welt soll ernst sein wie im Erwachsenendasein und wir bewegen uns als Kinder in den Objekten hindurch. Robert Habeck spielt an Windmühlen rum, streckt seine Arme fuchtelnd aus und wird selber Mühle im norddeutschen Wind; Annalena Baerbock spielt im frontnahen Matsch und läuft im Raubkatzenkostüm die Kampflinie rauf und runter; Ricarda Lang macht sich im Schlaraffenland breit und wird selber zum bekennenden binären Burger, aus dem es vorne und hinten und an den Seiten heraustropft. Sie alle – der Robert, die Annalena und die Ricarda –, sie leben ihren Traum von der wirklichen Welt, der sich schon in der Kindheit erfüllt.

Und der grüne Volksgenosse äfft seine Altvorderen nach wie er schon seinen Joschka nachgemacht hat und wächst mit seinem Lastenfahrrad zusammen. Was er transportiert, seine Nahrung, seine Brut, ist Teil seiner Selbst. Wie im Verkehrskindergarten.

Freitag, 24.März 2023

Laufgitter - Betrügen die Grünen bewußt? Wissend? – Denken sie nach, derweil sie ihre kleinbürgerlichen Eskapaden zwischen notgeiler Bisexualität und karnevalesker Transsexualität zum Wesen der Geschlechtlichkeit und zum Auftrag einer staatlichen Pädagogik erklären? Schwer vorstellbar, daß Lang und Habeck und Baerbock nachdenken sollten, was ihre politischen Sprüche und Handlungen in den Realitäten bewirken. Dabei wollen sie doch nur, daß das Klima in Deutschlands Wohnstuben nicht noch weiter erwärmt wird mithin so wärmlich bleibt, wie es immer schon war. Da sind sie ganz traditionell.

In den Nachkriegsjahren wurde der Rahmen gebaut, in dem die Grünen wie in einem Laufgitter herumkrabbeln konnten mit Übungen an den Stangen, die Adorno und Marcuse und – für die noch weniger begabten – Habermas aufgestellt hatten. Ein Rahmen, wie ihn Pädagogen heutzutage gebrauchen, um ihre fachliche Inkompetenz zu übertönen und zu übertünchen. Nein, die Grünen denken nicht nach. Sie sind und bleiben ganz die Nachgeburt des deutschen Kleinbürgers aus den muffigen Wirtschaftswunderhaushalten, die sich nach Eroberungen und Flucht ein schlechtes Gewissen über ihren im Windschatten des Korea-Krieges gewonnenen Wohlstands – »unser Wohlstand«, diese alternative Floskel für Deutschland! – bewahrten.

Nachgedacht haben auch die deutschen Journalisten vom Deutschen Journalisten-Verband nicht, als sie jetzt öffentlich einen Inflationsausgleich zusätzlich zu ihren Gehältern einklagten und sich zur Finanzierung für höhere Zwangsabgaben aussprachen. Wissen die Herrschaften nicht, daß der Sinn von Inflation darin besteht, unnütze Arbeiten unwirtschaftlich zu machen? Ein staatlich initiierter Inflationsausgleich, der über Zwangseinnahmen unproduktive Zweige der Wirtschaft künstlich am Leben hält, ist falsch. Die Journalisten sollten also weniger schreiben oder einer einträglicheren Arbeit nachgehen.

Weniger schreiben? – Richtig, weniger schreiben, nicht mehr, um mehr zu verdienen. Denn die Verknappung des Angebots bringt die Preise nach oben und steigert, ganz nebenbei, die Qualität.

Donnerstag, 23.März 2023

Können, nicht Wollen - Der Krieg in der Ukraine macht die Zeit langsamer, wenn nichts geschieht; und es geschieht im Augenblick wenig. Aus Bachmut werden nur weitere Kämpfe gemeldet und daß sie die Innenstadt erreicht haben. Lediglich angekündigte Vorstöße und Eroberungen, die für die Zukunft geplant sind nach Mariupol am Asowschen Meer mit drei Dutzend Panzern westlicher Bauart. Sind wir schon so weit überlegen? – Man kann sich auch an Kriege am Rande Europas gewöhnen. So wie wir uns bald an den nächsten Krieg gewöhnen werden, den Rumänien in Moldawien führen wird, dessen Westen dort Bessarabien heißt und hieß. Der Krimkrieg hatte seine Ursachen dort. Alte Gespenster, die nicht aufhören wollen zu spuken.

*
Gute Lehrer zeichnen sich dadurch aus, daß sie es können. Ein Kunstlehrer muss Zeichnen können vor den Schülern. Heute wird ein Lehrvideo gestartet von Lehrern. Wenn sie doch wenigstens die Technik beherrschten und die Grundlagen der Informatik unterrichten könnten; nicht einmal das können sie. Aber wer Vormalt und Vorrechnet und Vorschreibt – der braucht keine pädagogische Theorie. Überhaupt ist alle pädagogische Theorie Ablenkung von der eigenen Unfähigkeit. Das geht seit 100 Jahren so. Theorie, die zwischen Wirtschafts- und Sportteil der Zeitung passt. Nichts auszudenken, wie viel Geld gespart werden könnte, wenn Lehrer bloß noch fachliche Fähigkeiten nachweisen müssen und die Praxis auf sich zukommen lassen. Schließlich steckt in jedem ein Pädagoge so wie ja auch ein Elternteil in jedem steckt. Bringen wir nicht fast alle wenigstens einem Kind eine ganze Sprache bei, ohne jemals einen Abschluss beigebracht zu haben?
*
Merkt Robert Habeck eigentlich nicht, wie lächerlich er sich mit seinem Gejammer macht, daß die Verhandlungen innerhalb der Regierung über ein neues Gesetz ausgestreut wurden? Noch immer hege ich die Hoffnung, daß die Politiker der Grünen zumindest bewußt betrügen und lügen. Aber es ist wohl eher aus Dummheit. Sie wissen es nicht besser. Und merken nicht, daß, wer Snowden bejubelt, nicht jammern sollte, wenn ein Snowden neben ihm sitzt.

Mittwoch, 22.März 2023

Seefahrernationen - USA, Japan, Großbritannien – Was für eine Wohltat, die Einigkeit der angelsächsischen Länder in Sachen Freiheit der Seefahrt zu sehen. In der Sphäre dieser Seemächte geht die Sonne nicht unter, während Putins Truppen sich durch Bachmut wühlen – Stalingrad im Rücken, Stalingrad vor Augen –, voller Angst, daß die Ukrainer an ihnen vorbei in ihren Rücken vorstoßen und der hintermongolische Machthaber auf Seiten Russlands eingreifen muss, derweil er die westlichen Märkte verliert. Wen interessiert da das wirtschaftlich von den Grünen morgenthaurisierte Deutschland. Mitteleuropa gibt den Ton an; das zu sehen reicht der Blick vom Ostufer der Weichsel auf das erhöhte Warschau.

Drei Weltkriege haben Mitteleuropa grundlegend verändert und Nietzsches Wort vom »Russland, dem Gegensatz-Begriff zu der erbärmlichen europäischen Kleinstaaterei und Nervosität« bestätigt und widerlegt. Erinnerung an 40 Jahre Diktatur Moskaus und die russischen Minderheiten im Land halten Balten und Rumänen wach. Arabische Mehrheiten wecken dagegen nur den deutschen und französischen Antisemitismus wieder auf.

Überhaupt Nietzsche: »Man lebt für heute, man lebt sehr geschwind – man lebt sehr unverantwortlich: dies gerade nennt man ›Freiheit‹. Was aus Institutionen Institutionen macht, wird verachtet, gehasst, abgelehnt: man glaubt sich in der Gefahr einer neuen Sklaverei, wo das Wort ›Autorität‹ auch nur laut wird.«

*
Ja, die Grünen wollen die Demokratie abschaffen, aber nur, um im demokratischen Gewand weiter zu regieren. Autorität hassen sie, weil sie keine haben und weshalb sie autoritär werden müssen. Denn der Gedanke, daß Demokratie sich einmal überleben könnte und zum historischen Jahresring wird, wurde sich selber von jedem verboten. »Demokratismus war jeder Zeit die Niedergangs-Form der organisierenden Kraft«. Die Grünen wollen und können nicht organisieren. Aber sie repräsentieren den Zeitgeist; den Geist, der im Supermarkt spukt und an der Kasse nach Schokoriegeln schreit und alles bunt anmalt und sich über die Vielfalt des Angebots freut.

Die Wahlrechtsreform beweist: Sie schafft eine Win-Win-Situation für die politischen Gegner der Grünen. Entweder verliert die Regierung schon vor dem Verfassungsgericht und die Reform wird kassiert – oder die Christsozialen breiten sich in den Bund aus, die deutsche Rechte hat endlich eine deutschlandweite Partei und weckt die rechten Nichtwähler auf. Denn die Christsozialen waren schon Teil Deutschlands, als die Urgroßeltern der Grünen noch ihren Staub von den Wehrmachtsuniformen abklopften. Sie sind eine Institution. »So weit geht die décadence im Werth-Instinkts unserer Politiker, unserer politischen Parteien: sie ziehn instinktiv vor, was sie auflöst, was das Ende beschleunigt . . . Zeugnis der modernen Ehe.«

Dienstag, 21.März 2023

Neureiche und Altreiche - Das Foto mit dem Neureichen chinesischen Ministerpräsident Xi und dem Altreichen russischen Präsidenten Putin zeigt alles über die beiden Länder.

Xi kann den hingeschobenen weißen Stuhl kaum ausfüllen und scheint bei einem Wettbewerb für in die Jahre gekommene Kulturrevolutionäre eine Fahrt nach Moskau gewonnen zu haben. Unbeholfen, tolpatschig, ein bißchen krampfhaft lächeln, genau das intellektuell aufgeblasene Gesindel, das mit einer Mao-Bibel unter dem Arm tibetanische Klöster pulverisierte, weil sie eine Welt vor ihrer repräsentierten; Andeutungen zum Wokeismus und Vorstufen feministischer Außenpolitik und Zeichen der innigen Verbindung von jugendlichen Aufrührern der Rechten und der Linken, denn genau das trieb auch das Jungvolk um, wenn es von seinem Führer ausgeschickt wurde. Maos Abglanz der Hölle hat Xi gegen den touristischen Glanz chinesischer Reisegruppen eingetauscht, die als Neureiche nerven und ausgelacht werden, nachdem man sie ausgenommen hat wie die sprichwörtliche Ente aus Peking. Das Lächeln der beiden Mordsgenossen ist allerdings gleich.

Bei Putin dominiert mal wieder der schlecht sitzende Anzug, der aber womöglich vom linkischen Blick ablenken soll, den der russische Lügner wohl braucht, um sich überlegen zu fühlen, und immer dann aufsetzt, wenn er sein Gegenüber über den Tisch zu ziehen gedenkt. Auch sein Stuhl ist eine Nummer zu groß oder er eine zu klein, darin dem Russischen Reich ähnlich, von dem Putin träumt und das auch ein paar Nummern zu groß für ihn ist. China, zumindest wirtschaftlich eine erste Adresse der Welt, aber Moskau? Diese Stadt am unbedeutenden, losen östlichen Ende Mitteleuropas.

Welche Groteskerie, daß ausgerechnet diese beiden Länder in die Welt der großen Reiche zurückführen wollen. China hat sogar seine Staatsreligion in Europa kopiert. Russland muß schon mit Atomwaffen drohen, um überhaupt Gehör im Weltohr zu finden und jeder weiß, daß die Zerstörung Samaras oder Wladiwostoks keinen sonderlichen kulturellen Verlust für die Menschheit bedeutet, ein im Atomschlag vernichtetes Amerika oder Europa aber schon.

Welch ein Trauerspiel, weil die Welt eine Rückkehr dringendst bräuchte und zumindest Deutschland auch nichts weiter als großmannsüchtige, schreckliche Kinder anbieten kann, die schon in der Kita ein Doppelkinn haben.

Montag, 20.März 2023

Minderheitenregierung - Muss man die Grünen nicht eigentlich bewundern? Ein korrupter Verein von halbgebildeten Akademikerkindern schafft es mit selten mehr als 15 Prozent Stimmanteilen eine ganze Republik umzukrempeln. Das gelang bisher nur den Nationalsozialisten, die jedoch immerhin 43 Prozent Stimmenanteile erreichten und den Einheitssozialisten aus der ehemaligen DDR, die, wenn man sich an den Wahlen im März 1990 orientiert, ähnlich viele Stimmen wie die Grünen erreichten, nämlich 16 Prozent.

Das ist das Kreuz mit den bürgerlichen Demokraten in Deutschland. Sie schielen nach den Extremisten. Als die Christdemokraten noch standhaft waren, was zugegeben sehr lange her ist, lag das womöglich nur daran, daß sie noch genug Extremisten in den eigenen Reihen zählte.

Daher können die Grünen eine Wahlrechtsreform fordern, die 16-Jährigen ein Stimmrecht geben wird, weil die Grünen sich darüber mehr Stimmen versprechen. Das Manöver ist so durchsichtig, daß man sich mehr darüber wundern sollte, daß die Grünen damit ungeschoren durch die Medien kommen, so als ginge es ihnen ernsthaft um die 16-Jährigen. Die Deutschen pflegen eben ihre totalitären Instinkte, wie die Corona-Krise ja deutlich gezeigt hat. Ein Minister Lauterbach ist weiter im Amt, als wäre nichts geschehen. Daher sehen die letzten Maskenträger aus wie Altnazis auf dem Weg durch die Trümmerwüste zur Arbeit: Etwas geduckt, immer einen verstohlenen Blick parat und allzeit bereit, die Hacken zusammenzuschlagen und für einen kurzen Moment zufrieden zu lächeln, wenn nach nach einer Maske verlangt wird. Endlich wieder gehorchen! Vielleicht sind die Krankenstände momentan ja deshalb so hoch. In den Praxen gilt weiter die Pflicht, eine Maske zu tragen.

*
Warum steht das Leben im Augenblick eigentlich in so gutem Ruf? Das Jetzt entspricht dem Sichtbaren und repräsentiert den reinsten Positivismus im Gehege der Bewußtseinsphilosophie. Erst das Denken in Gestern und Morgen setzt mehr voraus als den Blick der Augen und betritt bereits den Bereich jenseits der Physik. Die Betonung der Bedeutung des Moments ist also ein Aspekt der Moderne, während die Alten immer in die Ewigkeit oder die Unsterblichkeit dachten.

Sonntag, 19.März 2023

Freiheit als staatliche Floskel – In einem bemerkenswerten Beitrag resümiert Harald Martenstein: »Nein, ich glaube nicht, dass Freiheit und Demokratie nach dem Ende der Corona-Maßnahmen wieder sicher sind.« Nur erkennt Martenstein in seiner geschliffenen Sprache nicht die Fehlkonstruktion, die dazu geführt, daß aus der alten Bundesrepublik mit ihrer Kultur der freien Meinung ein autoritärer Staat geworden ist, in dem ein links-grüner Mainstream seine Agenda rigoros durchsetzt, egal ob es um Corona geht oder um Transgenderunfug oder um Klimaschutz. Jede andere Meinung wird als rechts abgestempelt und ist damit potentiell »Nazi«. Schon ist es mit der Freiheit der Meinung vorbei.

Der Fehler ist die Vorstellung von einem Staat, der die Rechte der Bürger schützt. Denn kein Staat wird das jemals tun. Der Staat setzt immer die Unfreiheit durch und es sind die Bürger, die um ihre Freiheit fortwährend kämpfen müssen. Und der mediale Sektor ist auch nur eingeschränkt besser, da dort meist die Unterstützer der staatlichen Vorhaben sitzen. Siehe Corona. Siehe Transgender. Sie Klimaschutzstaffeln. Sie interagieren mit einem Staat, der so autoritär auftritt wie seit 80 Jahren nicht mehr.

*
Sexkultur - Zum Glück sucht jede Sexkultur ihren Ausdruck im Wort und verplappert sich dabei; auch ein Buch namens »Sexkultur«, das davon berichtet, von der Sexkultur. Kapitel »Erinnerungsgewalt«, erster Satz und Wunschvorstellung: »Es wäre schön, wenn unsere sich entwickelnden Geschlechtsorgane einfach ein neues Spielzeug wären, das man uns schenkt.« Eine treffende Beschreibung der augenblicklichen Unkultur, die Geschlechtlichkeit als Konsumgut betrachtet, als Spielzeug, das man uns schenkt. Daß ausgerechnet eine Philosophin – Bettina Stangneth – sich auf diesem Denkweg verläuft, lässt nichts Gutes erwarten, denn noch immer hege ich den Glauben, Denker wäre zumindest vor einigen Irrtümer sicher. Falsch gedacht, Bürschchen.

Die Technifizierung der Lust wirft fortwährend das Echo des Propellers zurück, von dem Karl Kraus sagt, es ginge mit der Menschheit zurück, seitdem sie ihn vorgebunden hat. Und so schallt es auch aus dem Text »Sexkultur« zurück mit technischen Geräuschen eines leiblichen Allerlei. »Für einen großen Teil der Menschheit braucht es schon einigen Aufwand, um überhaupt den Schalter zu finden«, so die Philosophin über die sich »verändernde Funktionalität unseres Körpers.« Über dem Genderstern formt sie einen passenden mechanischen Rahmen.

Erste Erkenntnis: »Ein Körper, der Erregung durch eine Penis-Erektion zeigt, ist in seiner Reizbarkeit nicht zu übersehen und nur schwer zu ignorieren.« – Wenn die wüßte! Hat ihr niemand erklärt, daß ihr Blickwinkel zuerst einmal ihr Blickwinkel ist? – Als Philosophin sollte sie wissen, daß sie selber es ist, die nicht übersieht, was heranwachsenden Männern zu nah ist. Und daß sie nicht sieht, was nur die Jungs an ihr sehen können. Und so schwatzt sie über den Mann so viel leeres Zeugs, wie Männer über Frauen seit Jahrhunderten. Aber warum sollten Frauen klüger sein als Männer. – Also Verziehen!

Über das Weib heißt es bei besagtem und bereits zitieren Karl Kraus: »Die Lust des Weibes verhält sich zur Lust des Mannes wie ein Epos zu einem Epigramm.« Die Autorin der Sexkultur weiß es besser und glaubt an die Leichtigkeit des Mannes, die Frauen ebenfalls erlangen könnten, »wenn unsere Körperkompetenz zu diesem Zeitpunkt nicht durch das bekannte Schicklichkeitstraining vor allem in Körperunterdrückung bestünde« – Und ja, die Frau schreibt wirklich Körperkompetenz, wie in einem Lehrplan für die Oberschule, möchte man vermuten, wenn die ständige Rede von der »Körperunterdrückung« nicht klarmachen würde, daß die Philosophin einfach keine Ahnung vom aktuellen Lehrbetrieb hat, in dem Aufklärung einen prominenten Platz eingenommen hat, weit vor Mathematik und romantischen Gesichten.

»Die weibliche Anatomie ist anders, die Erektion nicht so präsent, die schlichte Mechanik kompliziert.« – Neben solchen Sätzen, die ein tiefes Unverständnis für die Verstrickungen des Körperlichen verraten, wirken Objektbezeichner wie Nicht-Frauen in ihrer schlichten binären Logik geradezu durchdacht. Als würde Lust sich am Sichtbaren zeigen und als wäre nicht das Gegenteil richtig und Grund für die seit den Alten berichtete abgrundtiefe Lust eben der Frauen, die nur Frauen, die Nicht-Frau sein wollen, nicht erfahren.

Hat die promovierte Philosophin denn so gar keine Ahnung? – Hat sie nicht! Andernfalls hätte sie sich den Witz mit den Jungs und ihrem Teelöffel Ejakulat erspart, denn lachen werden die Jungs auf ihre, auf Bettina Stangneths, Kosten. Aber wahrscheinlich hört sie es nicht, während sie sich den Teelöffel vom Rockzipfel schrubbt.

»Sexkultur« ist ein Zeichen der Zeit. In seiner kurzweiligen Sprache perfekt fürs Überfliegen von Texten im Handy; in seiner These von der »europäischen Sexkultur« als einer oberflächlichen selber oberflächlich, in seinem Gerede vom »dualistischen Mann-Frau-Schema«, wie es sich heute für jeden Regierungsbeamten aus Brüssel gehört, staatshörig – aber vielleicht sieht sich die Autorin ja schon als anerkannte Staatsphilosophin der Lust, als Botschafterin der Sexkultur im Dienst der EU. Die Fotos von Sex-Nippes-Ware aus Fernost – als läge dort, irgendwo zwischen den Küsten der Inlandsee, Thailand und den Philippinen das Gelobte Land der ewigen Lüste – zeigen jedenfalls eine plane Offenheit für Sexkulturen am anderen Ende der Welt. Wer würde das nicht an eine feministische Außenpolitik erinnern wollen.

Samstag, 18.März 2023

Trunkierung - Der Bundestag hat sich für eine Diktatur mittels »truncation« entschieden; so nennen angelsächsische Mathematiker das Abschneiden von Nachkommastellen. Abbruch, Abschneiden, Kürzung nennen germanische Mathematiker diese Operation, die das Krumme glatt macht indem es mal einen Punkt macht und Teile wegbricht, die Berechnungen stören. Selten, sehr selten sprechen sie von trunkieren.

Abgebrochen werden die zu kleinen Parteien. Sie fliegen raus. Das war auch bisher schon so, nur wurde der Kreis jener, die rausgebrochen werden, gestern erheblich erweitert in der Hoffnung, den politischen Gegner per Arithmetik zu eliminieren, weil man ihn anders nicht los wird.

Darauf zielt ja die ganze Aktion: Die Christsozialen soll verschwinden und eine Rot-Grüne-Dauermachtstellung gesichert werden für Hupfdohlen und Jungsozialisten. Die CSU liegt bundesweit bekanntlich bei 5,2 Prozent und könnte unter die 5 Prozent rutschen. In Berlin wurden auf diese Weise bei der Wahl im Februar 13,6 Prozent der Stimmen abgebrochen.

Schon bemerkenswert, daß ausgerechnet jene Parteien, die jeder Kleinstminderheit ein Recht auf ihre Zipperlein geben wollen, über das Wahlrecht die Kleineren eliminieren, sobald es um den eigenen Machterhalt geht. Dort wurde erkannt, daß es zu mehr als 15 bis 20 Prozent niemals reichen wird insbesondere für die Grünen, egal wie oft Wahlumfragen ihnen Werte von bis zu 30 Prozent melden und sie reden und regieren, als wären es 30 Prozent.

Entscheidend an der sogenannten Reform ist daher nur die Grundmandatsklausel, alles andere ist Blendwerk, weil es an den Machtverhältnissen im Bundestag ja nichts ändert. Und wenn sich die Verhältnisse nicht ändern, muß man die Nachkommastellen eliminieren, muß sie trunkieren. Die letzte Bastion der alten westdeutschen Demokratie wird trunkiert.

Freitag, 17.März 2023

Neue Deutschlandgeschwindigkeit - »Alle Staaten sind schlecht eingerichtet, bei denen noch andere als die Staatsmänner sich um Politik bekümmern müssen«, lese ich noch gestern zu meinem stillen Vergnügen, »und sie verdienen es, an diesen vielen Politikern zugrunde zu gehen.« Sagt Nietzsche. Der vorhergehende Satz des Naumburgers ist weniger witzig: »Der, welcher den furor philosophicus im Leibe hat, wird schon gar keine Zeit mehr für den furor politicus haben und sich weislich hüten, jeden Tag Zeitungen zu lesen oder gar einer Partei zu dienen«. Auch wenn es noch einen Satz zuvor heißt: »Wahrscheinlich wird es von jetzt ab immer mehr das Zeichen geistiger Überlegenheit sein, wenn jemand den Staat und seine Pflichten einfach zu nehmen versteht«. – Ein weiser Hinweis auf eine wohlverdiente Überheblichkeit als Nur-Denker.

Denn Nachdenken und Politik vertragen sich nun wirklich nicht, wie sich gestern wieder einmal feststellen ließ:

Scholz will eine neue Deutschland-Geschwindigkeit entdeckt haben. Wie immer, wenn Sozialdemokraten sich national geben, sprechen sie, als versuchten sie, eine Kröte zu verschlucken. Deutschland-Geschwindigkeit. Klingt wie Deutschland-Damen-Binden für das Stück Stoff, mit dem Frau Faeser ihre Schweinekeulen in Kuweit eingeschlagen hatte. Als Beleg führt der Kanzler das Terminal für Flüssiggas an, das Deutschland auf Rudis Restrampe für Industrieschrott ergattern konnte. Mal sehen, wie schnell die Ampel-Koalition die Atomkraftwerke wieder ans Netz kriegt.

Wir leben vom Fachkräfteimport. Wie seit 200 Jahren: Polen, Ostjuden, Russen. Die Untersuchung, nach der 23 Prozent der Bevölkerung Migrationshintergrund haben, bringt nichts neues an den Tag. Denn der springende Punkt ist: Damals wurde Deutsch gelernt und integriert. Die Regierung hielt Maß. Heute regiert der Konsum in Form von Menscheneinfuhr getarnt als Migration unter dem Decknamen Mitmenschlichkeit; wo es doch eigentlich nur um lukrative Stellen in der Hilfsindustrie geht und eben um Fachkräfte, die Deutschland keine mehr hat, weil es sein Geld dafür nicht ausgeben wollte und will.

Nur das Lügen hält seine Geschwindigkeit. Nicht Deutschland, Polen hat die ersten Kampfflugzeuge an die Ukraine geliefert.

Russland stellt demnächst U-Boote mit Überschall-Raketen in Dienst. Das ist dann wohl die Russland-Geschwindigkeit. Frage an Radio Eriwan: Wenn solche U-Boote dann, wie etwa die "Kursk", nach einer Selbstversenkung durch die Nato sinken, gibt es dann einen Knall wie bei Flugzeugen, wenn sie die Schallmauer durchbrechen? - Antwort: Nur wenn auch das U-Boot schneller fährt als der Schall.

Donnerstag, 16.März 2023

Kopien - Über dem Schwarzen Meer sind eine US-Drohne und ein russisches Kampfflugzeug kollidiert; die Drohne stürzte ins Wasser und Moskau kreischt los wie eine beleidigte alte Jungfer. Anschließend die übliche Doppelmoral: Was die USA im Schwarzen Meer verloren hätten? – Sicher, eine Drohne. Aber hat noch niemand Russland darauf hingewiesen, daß zwei der vier Küsten des Schwarzen Meeres zum Nordatlantik gehören und Georgien lieber heute als heute Teil davon werden würde? – Nein? – Dann wird es Zeit.

Putin ist nicht wie Hitler und auch nicht wie Stalin oder Mao – er ist Putin. Und das macht ihn weitaus bedrohlicher. Nicht bedrohlicher als Hitler oder Stalin oder Mao. Aber bedrohlicher als einen kopierten Tyrannen. Denn das Original bedeutet Gefahren, die wir nicht kennen und schlecht einschätzen können. Der offene Hinweis auf einen möglichen Einsatz von Atomwaffen ist eine davon.

Hitler verfügte über Nervengas, über das die Alliierten nicht verfügten, nur wußte er davon nichts und unterließ den Einsatz auch in den letzten Tagen bis es zu spät für ihn war. Und als Torschlusspanik aufkam, waren die Tore bereits verschlossen. Das wissen wir. Damit rechnen wir. Putin ist unberechenbar. Schon einmal wähnten wir ihn in unserer Nachkriegszeit, während er in Vorkriegen dachte, auch wenn er sie Spezialoperation genannt hat, weil er etwas neues schaffen wollte. Die Spezialoperation ist der Vater aller Dinge. Auch Hitlers Mörder führten Sonderbehandlungen durch – und da ist er schon wieder, der Vergleich, um vorausberechnen zu können. Aber Putin ist nicht wie Hitler oder Stalin oder Mao – er ist wie Putin.

Mittwoch, 15.März 2023

»How to paint like Turner« - Deutschland sucht seinen Bildungspaß. Plötzlich rennen sie wie wild durcheinander mit immer neuen Vorschlägen, die immer von neuem an der Sache vorbeigehen. 50 Organisationen haben sich beklagt, daß die Pläne der Bundesregierung zu unambintioniert sind; ein Wort, das es nicht wirklich gibt, so wenig wie unbestrebt. Klar, die Syntax gibt es her: »ambitioniert«, »un« vorkleben, fertig. Aber es ruft nicht mit einer Bedeutung; es klingt vielmehr wie die Bildung, die fehlt. Daß die Herrschaften Organisatoren gendern, macht das Ganze rund.

Was sie nicht sehen wollen: Die Bildungskultur ist verschwunden. Schüler, die auf Rechten bestehen; Lehrer, die nicht wissen, was Sprache überhaupt ist und sie daher nicht lehren können, schon gar nicht Freude entstehen lassen; Ausbilder von Lehrern, die selber Ausbildung bräuchten. Sowas lässt sich nicht einfach neuerlich schaffen.

Website der Tate-Galerie über Turner. Ein Neger bringt seiner Tochter Malen bei. Etwas tiefer: »How to paint like Turner«. Ein Satz, der die Bildungsmisere benennt. Als hätte jemals ein Neger gemalt wie Turner. Nein, ich sage eigentlich nicht »Neger«; aber bei Freunden im Spaß und in Wut, wenn Hautfarbe für Werbezwecke zu Markte getragen wird. Dann sage ich »Neger«. Werbung mit Negern, die nervt. Und daher als Werbung doch ihren Zweck erfüllt: Mit der Hautfarbe mehr zu verkaufen. Was ja eine Art von kultiviertem, gebildeten Rassismus ist.

Als könne überhaupt jemand wie Turner malen.

Dienstag, 14.März 2023

Solaris, oder Lernen am Objekt - Wie sehr wir doch mit unserem Planeten verbunden sind und alles, was uns betrifft, diese Umgebung ist, die wir weitertragen und fortsetzen wollen. So bildet die Ebene des Äquators, wenn auch senkrecht aufgestellt, den neuen Boden im Weltraum, zusammen mit der Ekliptik und auf der nächsten Ebene die Scheibe der Galaxie; Suche nach dem ewigen Boden, ohne den wir unsere Schwerkraft nicht wiederfinden. Auch das lässt sich in Solaris lesen, von dem Stanislav Lem annimmt, er würde unser Unbewußtes lebendig machen. Und nur in diesem vertrauten Rahmen erreichen wir Hochform.

Das sollte Gesundheitsminister Karl Lauterbach wissen, wenn er nach einem neuen Boden unter seinen Füßen sucht, auf dem er sich darstellen kann. Er sollte vielleicht durch die Schulen tingeln und erzählen, wie er sich vor Jahren zu seiner Professur durchgelogen hat - da können die Schüler wirklich mal was von ihm lernen. Lernen am Objekt nennt man das, so weit ich weiß.

Ob Lauterbach zeigt, wie Zurücktreten geht? – Wohl kaum. Diese Regierung winkt alles durch, weil ihre Parteien gerade ins Schlingern geraten. Die Grünen rutschen in Umfragen – immer diese Umfragen, die wie Wahlergebnisse gehandelt werden –, die Grünen rutschen in den Umfragen jetzt zu den 15 Prozent, die sie bei den letzten Wahlen knapp verfehlten. Ob man glücklich sein sollte über die 16 Prozent der moskautreuen Alternative für Deutschland?

Montag, 13.März 2023

Architektur des Vergessens - Einst schafften Kulturen Architektur wider das Vergessen, jetzt wird vergessen, etwas zu schaffen, und es entstehen Räume, in denen Gebäude sich stapeln, an die sich niemand erinnert.

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Im Bildungssystem Deutschland herrscht die Stimmung vom Juni 1944: Jeder weiß, daß der Krieg verloren ist, aber alle tun so, als wäre noch alles zu retten. Es gibt keine Rettung und der Grund dafür ist ganz einfach und unabänderlich: Es mangelt an Ausbildern. Die Bildungsministerin glaubt, es mit Geld richten zu können. Kennt sie nicht die Bemerkung des Häuptlings, die mit der Prophezeiung endet, »dann werden sie merken, daß man Geld nicht essen kann«? – Offenbar nicht. Sie will Lehrern mehr bezahlen, um die Bildungsprobleme zu lösen – wo doch schlicht keine Lehrer da sind. Schlimmer: Es fehlt auch an Lehrern, die Lehrer ausbilden. Oder sollen Quereinsteiger demnächst auch in der Lehrerausbildung eingesetzt werden? – »Halt mich! Quereinsteiger schaffen Quereinsteiger!«

Also werden, wie 1944, die Reserven an die Front geworfen. Die Ausbilder mussten selber kämpfen, weil die Jungen zu schlecht waren. Und damit war das Ende eingeläutet. Die Deutschlehrer, die es bräuchte, um den zur Mehrheit greifenden Migranten erstmal die heimische Sprache beizubringen, gibt es nicht. Da sorgt die Politisierung der Schulen mit dem Genderunfug nur für eine Beschleunigung des ohnehin nicht mehr zu Verhindernden.

Und die Medien lamentieren noch, jetzt drohe das Bildungssystem zerstört zu werden. Es ist längst zerstört. So enden Kriege, die mit haltloser Großmäuligkeit – »Wir schaffen das!« – begonnen wurden. Und wer gönnt es ihnen nicht.

Sonntag, 12.März 2023

Arithmetik der Sklaverei - Die Deutschen wollen immer weniger arbeiten. Sie wollen sich statt dessen selber finden. Sie wollen sich verwirklichen. Dann Reproduktion in 32,5 Stunden pro Woche. Man sieht: Der in den 1960er Jahren verspritzte Samen von Herbert Marcuse und Genossen trägt großräumig Früchte: Arbeit ist nicht alles und schon gar nicht macht Arbeit frei; was früher jeder aufrechte Linke sofort unterschrieben hätte. Da müssen 32,5 Stunden die Woche reichen.

Allerdings ist da noch Luft nach unten. Wie wärs, falls Krankschreibungen oder Kinder, die krank sind, nicht hinreichen, mit offiziell anerkannten 10,5 Stunden pro Woche, oder gar –10,5 Stunden mit dem Minus als Symbol dafür, daß ich andere für mich arbeiten lasse? Das gabs früher schon einmal. Nannte sich Sklaverei. Machte aber wohl nicht ganz so glücklich, wie von den Gewerkschaften versprochen. – Haben die denn alle ihren Hegel und das Märchen vom Herren und seinem Knecht nicht gelesen? Jetzt, wo sie reichlich Zeit haben, wäre das ein guter Anlass, seine gewonnene Zeit dort zu vertreiben. Zu dumm, daß immer weniger arbeiten immer dümmer und fauler und träger macht.

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Hier der Zaubertrick, mit dem Genderisten das Sexuelle vertreiben: Zunächst wird dem männlichen oder weiblichen Körper ein sprachliches Kleid übergezogen, sozusagen eine zweite Haut, andere würden sagen ein intellektuelles Kondom. Das erlaubt Männern, sich weiblich und Frauen, sich männlich zu geben; stoppelige Beine, die unter Röcken hergucken, an der letzten Ausfahrt vor dem Sixpack kurvige Titten, die von weißen Trägermännerunterhemden eingeschnürt werden. Mit der Zeit und viel gutem Zureden und Lesen schlechter, weil gegenderter Texte, verblasst das Original, behaupten die Genderisten. Das Imitierte verschwindet und das Spiel wird zum Selbstzweck. – Kinder fallen auf solche Tricks rein.

Samstag, 11.März 2023

Gelbe Streifen - Bei der S-Bahn hier in Berlin wurden gelbe Streifen im Bereich der Tür auf den Boden geklebt; dazu die Ansage: »Zum reibungslosen Ein- und Ausstieg betreten Sie bitte nicht die gelben Markierungen an der Tür.« Ausnahmsweise duzt der Sprecher die Fahrgäste nicht. Allerdings werde ich auch nicht mit »Lieber Fahrgast« angeredet. Es geht weniger heimelig zu, wenn wir eine Grenzlinie betreten. Ob es irgendwo sonst in der Welt eine Nahverkehrsbahn gibt, die ihre Fahrgäste mit gelben Streifen von Betreten des Türbereichs abzuhalten versucht? – – Im damaligen Bahnhof Friedrichstraße, dem, wie es einmal hieß, einzigen Doppelsackbahnhof, durch den die Züge hindurchfahren können, ich spreche also von Teilungszeiten und dem Bahnhof, der mitten in Berlin lag mit Anschlüssen nach Ost und West und Schnee im Winter mit kalten Geruch verheizter Kohle markierten breite, weiße Streifen auf den Bahnsteigkanten den russischen Sektor. – Aber heutzutage? – Vielleicht in einer Irrenanstalt.

Am Bahnhof Südkreuz sind jetzt die Bahnsteigkanten beleuchtet mit gelbem Licht mit und rotem ohne ein oder ausfahrenden Zug. Ob Selbst- und Serienmörder sich abhalten lassen vom Mord? – Zumindest die Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung scheinen dieser Meinung zu sein und sich mit den Event-Managern abgesprochen zu haben. – Und noch immer tragen viele Fahrgäste Masken.

Deutschland bleibt ein Traumland. Seine Bewohner träumen mitten in Europa und alles, was Realität genannt werden könnte, wird ignoriert und darf nicht herein. Aber wie das beim Träumern so ist, geben sie sich mit Symbolen zufrieden: Gelben Streifen und Lichtern.

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Judith Butler glaubt, das Geschlecht sei ein Pastiche. Wie immer ist die Metapher nicht auf dem Mist des agilen Fräuleins gewachsen, sondern von einem der letzten Marxisten kopiert – oder muss ich sagen, sie hat ihn, Frederic Jameson, imitiert? – Das Geschlecht eine Imitation. Männer imitieren Frauen, Frauen imitieren Männer, Transen Transen. So einfach geht das, wenn man sich nicht mehr gefällt. Auch Fräulein Butler gestaltet in ihrem »Gender Trouble« ein Pastiche, sie imitiert ein philosophisches Werk. Vielleicht hätte sie den Imitierten bis zum Ende durchlesen sollen. Für Jameson bildet das Pastiche einen zentralen Teil des Konsums. Und damit trifft er, wenn auch unfreiwillig, das Gendergebäude am Fundament: Das Geschlecht als Konsumgut. So wird ein Schuh draus, der paßt. Das Pastiche ist dagegen zu klein. »Die rechte Braut sitzt noch daheim.«

Freitag, 10.März 2023

Was ist Hoffnung? - In der Presse kommt langsam und Endzeitstimmung auf, ohne daß die Journaille selber davon etwas merkt. Es häufen sich die Artikel mit Hinweisen auf die desolate Lage der Schulen und zwar auf allen Ebenen. Gestern warf ich einen Blick auf die Seite mit den Lehraufträgen an Berliner Hochschulen – sie zahlen noch immer schlecht und noch immer haben sie das Gendern im Blick und sicher werden die Hochschullehrer weiterhin nicht nach Qualität, sondern danach beurteilt, ob sie schwarz oder weiß, mit oder ohne Gehänge sind, sofern das überhaupt feststellbar ist. Die Fachkräfte verlassen Deutschland in steigender Zahl und Neue kommen aus Arabien und Schwarzafrika keine hinzu. Das aber ist das ökonomische Todesurteil. Ob sie das wissen? Und ob sie ahnen, wie schnell der Absturz dann kommt und nichts mehr lässt als das Jammern über die dann grassierende Armut?

Die US-Republikaner sind scheints entschlossen, auch die nächsten Wahlen zu verlieren. Ihr Sprecher im Repräsentantenhaus schlägt eine Einladung von Selenskyi nach Kiew aus und positioniert sich gefährlich in Richtung Putin. Haben die aus den 1930ern denn so gar nichts gelernt? Gerade jetzt, wo die USA und der Westen eine überzeugende Rechte brauchen, ist Isolationismus keine Option. Die Verbündeten der USA sitzen in Mitteleuropa, in Warschau, Vilnius und Riga, in Prag, Helsinki und Budapest, und natürlich in Kiew. Und ganz sicher nicht in den Büroetagen Brüssels oder Berlins. Die Krawallschachtel hat die Republikaner angesteckt und verdorben.

Die Christdemokraten können die Kurve kriegen. Greifen sie nach rechts zu den westorientierten AfD-Wählern und sammeln sie zudem die liberalen Reste der FDP ein, können sie am Reservoir der 40 Prozent Nichtwähler zapfen; mit denen gewinnt man in Deutschland jede Wahl. Sind es nur noch 20 Prozent und wählen die mittig bis rechts, dann fährt die CDU in Berlin locker 40 bis 45 Prozent ein. Allerdings muss man fürchten, daß die Postenjagd sie vorzeitig in die Arme der Grünen treibt und die haben bekanntlich keinerlei Hemmung, wenn nur ein paar Parlaments- und Ministerposten für sie und ihre arbeitslosen Hupfdohlen rausspringen.

Donnerstag, 9.März 2023

Wanderpokal Nord-Stream 2 - Seit gestern herrscht helle Aufregung: Die US-Regierung erklärt, Ukrainer hätten die Röhren von Nord-Stream-2 gesprengt. Ob die Welt damit glücklicher wird, darf man stark bezweifeln. Wer will schon Aufklärung über die Täter, es sei denn, es sind die, die man glaubt, daß sie es seien? - Richtig: Praktisch keiner. Und »Ukrainer« sagt vieles und alles. Ukrainer könnte Freunde Putins sein, oder Selenskys oder Bidens oder Wirecards Investoren.

So bleibt der Eindruck einer weiteren Welle im weltweiten Medienmeer; nur einer etwas höheren als in den vergangenen Wochen. Sie übertönt die seltsame Ruhe bei den Berichten von der Front in der Ostukraine. Der Fall von Bachmut scheint anzustehen, geschieht aber nicht. Nach Angaben der Geheimdienste sind 50 Prozent der Stadt, im wesentlichen die östliche Hälfte, in russischer Hand. Stalingrad hatte die Wehrmacht auch fast ganz, so Hitler am 8. November 1942: »Ich wollte zur Wolga kommen und zwar an einer bestimmten Stelle, an einer bestimmten Stadt. Zufälligerweise trägt sie den Namen von Stalin selber. Aber denken Sie nur nicht, dass ich aus diesem Grund dorthin marschiert bin - sie könnte auch ganz anders heißen - sondern weil dort ein ganz wichtiger Punkt ist. … Den wollte ich nehmen und wissen Sie; wir sind bescheiden, wir haben ihn nämlich! Es sind nur ein paar ganz kleine Plätzchen da.«

Auch die Putinversteher werden einen großen Sieg feiern, nachdem die ganz großen Siege vor Kiew und Charkiv ausgeblieben sind und sich in Niederlagen verwandelten. Man feiert, wie die Feste fallen.

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»Banal« heißt zwar geistlos, abgedroschen, nichtssagend, alltäglich – aber es kommt aus einer ganz anderen sprachlichen Welt: Von »Banner« und »mit einem Bann« belegt. Seit Arendts »Banalität des Bösen« scheint »banal« wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückkehren zu wollen. Das Böse ist banal und soll gebannt werden indem unbanal formuliert wird. Eingebildete Wortkaskaden können da helfen: »Der ontologische Status des Metaphern der Dekonstruktion...« – – Kein Wunder, daß Fräulein Butler ins Trudeln geriet, als sie über das Geschlechtliche nachzudenken begann. »Alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit.« Mit der Betonung auf tief.

Wörter ändern ihre Bedeutung nur langsam. Bann – banal – Banalität – Böse – verbannt. Es fehlt nur noch ein Umweg über gebannt: Anstarren, fasziniert, bewegungslos.

Mittwoch, 8.März 2023

Bildungslücken - Langsam kommt die Bildung in Blick. Nicht 12.000, sondern 50.000 Lehrer fehlen, sagt die Lehrergewerkschaft, also jener Verband, der, anders als die GEW, sich nicht überwiegend aus der Nachkommenschaft fröhlicher Konsum- und Blumenkinder rekrutiert, die alle Lehrer werden wollten, weil ihre eigenen noch unter dem Führer stramm stehen mussten.

Nur wird die Realität weiter konsequent ignoriert: Daß dem Niedergang der Bildungsanstalten der ökonomische Niedergang notwendig folgt. Selbst die schärfsten Kritiker der Regierung leben weiterhin in ihrer Traumwelt eines potentiell wirtschaftlich mächtigen Landes. Man müsse nur die D-Mark wiedereinführen, glauben sie ernsthaft, dann käme alles wieder ins Lot; als hätte Währung jemals mehr als ein Abbild der ökonomischen Lage geliefert.

Zumindest hat überall das große Bibbern begonnen. Noch hört man es nur im Untergrund, in einzelnen Beiträgen von einzelnen Lehrern, die eine verzweifelte Lage beschreiben. Und tatsächlich: 50.000 Lehrer zaubert niemand nebenbei aus dem Hut, nicht einmal mit allen Quereinsteigern der Welt, die oftmals eher Querschläger sind.

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Die Ukrainer haben einen wunden Punkt auf dem Selbstbild der Deutschen getroffen: Sie erweisen sich in ihrem Kampf gegen die russischen Invasoren als das, was die Deutschen so gar nicht gern mögen: als heroisch. Sie verteidigen ihre Heimat, ohne auf den Nutzen zu schielen oder zu fragen, ob sie den Krieg überleben. Daher ist kein Zufall, daß sich ausgerechnet deutsche Intellektuelle über den Mut der Ukrainer erheben und mit der Position vieler deutscher Rechter konvergieren, deren Herz wie wild für Putin schlägt. Sie gehören in die Gesellschaft der Vorgartenzwerge, die auf den Hausherren hört und in Ruhe und meditierend zwischen den artigen Sträuchern aufwachsen und weiter vor sich hinleben will.

Dabei ist es gerade die Bereitschaft, in einer aussichtslosen Lage gegen alles rationale Lamentieren alles zu geben, was uns als menschliche Wesen auszeichnet. Und das zum Ausdruck zu bringen, das werden die Deutschen den Ukrainern niemals verzeihen.

Es würde mich nicht wundern, wenn die ukrainische Armee die Zangen der Russen um Bachmut zerschlüge. Sozusagen ein kleines Kursk, mit einer Einkesselung der von Einkesselung bedrohten. Wie wird Moskau reagieren, falls die Ukraine Teile ihrer Armee einkesseln sollte? Das vergangene Jahr verheißt nichts gutes.

Dienstag, 7.März 2023

Spiel nicht an deinen Bits herum - Wie selbstverständlich wird von vom binären Geschlechtsmodell gesprochen und damit wieder einem Begriff aus der Technik das Feld überlassen. Binär steht für die Zweiwertigkeit der internen Computersymbolismen. Es ist digital und minimal – also mit gleich zwei Dürftigkeiten versehen. Und mit dem Geschlechtlichen in seinen ungezählten wechselseitigen Konstellationen hat es praktisch gar nichts zu tun.

So markiert der Übergang vom Geschlechterleben zum Bild des Binären bereits die intellektuelle und geistige Armseligkeit der ganzen Genderei. Aber vor allem offenbart er die Genderei als im Ursprung mit einem Fehler versehen, den Judith Butler passend zu ihrer Dürftigkeit macht, über viele Seiten verbreitet und mit dem sie die ganze Bewegung angesteckt hat. Sie sehen nicht, daß männlich und weiblich überhaupt nur im Spiel miteinander zur Geltung kommen und niemals für sich. Und daß die Auflösung diesem Spiel die Grundlage entreißt.

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Endlich wurden Aktivisten der Klimaschutz-Staffel zu Gefängnis verurteilt. Sofort rufen die anderen Bandenmitglieder zum landesweiten Widerstand auf. Unterstützung erfahren sie von einigen Medien und grünen Politikern.
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»Der Staat gegen Fritz Bauer«– Die großartige Schauspielerleistung des Hauptdarstellers wird durch typisch deutsche Moralsülze verdorben. Wie kam der Regisseur nur auf die Idee, der historisch für Deutschland so wichtigen realen Figur Fritz Bauer eine schwule Fiktion beizustellen? Sie drängt Eichmann in den Hintergrund und macht aus dem Film ein lauwarmes Techtelmechtel zwischen Männern, die karierte Socken tragen.

Zumindest gelingt es dem Film so auf unfreiwillige Weise zu zeigen, welche verschlungenen und heimtückischen Wege der Antisemitismus in Deutschland noch immer nimmt. Oder wie soll man es nennen, wenn ein Regisseur eine fiktive Figur verwendet, um hinter peinlichen schwulen Frivolitäten den Massenmörder der europäischen Juden in den Schatten zu stellen – eine Aufgabe, die von all den seit Jahrzehnten hofierten Opfergruppen gern wahrgenommen wird.

Montag, 6.März 2023

Selbstgespräche - Legen Selbstgespräche die Grundlagen für ein richtiges moralisches Urteil? – In jedem Fall eröffnet das Sprechen mit sich selber, indem es ein Nachdenken über das möglicherweise Kommende in Bewegung hält, einen Weg, die Zukunft zu betasten. Wenn ich mir also Gedanken darüber mache, was ein Krieg zwischen Russland und Nato bedeutet, dann bin ich kein Putinversteher, sondern gehe lediglich behutsam um mit einer unsichtbaren Zukunft. Und diese Vorsicht sollte, sofern die Zeit es lässt, immer walten.

Nur haben weder Frau Wagenknecht noch Frau Schwarzer ein Gespräch mit sich selber geführt. Sie führen Inter-Views – Zwischenansichten –, bei denen sie als Frauen angeschaut werden. Männer wollen, daß ihnen zugehört wird, Frauen wollen angeblickt werden. Dagegen bin ich im Selbstgespräch bekanntlich ganz mit mir allein im Gespräch: Unsichtbar, unbeweglich, gegenstandslos.

Hannah Arendt, die Frau, die sich nicht von vorn filmen lassen wollte, setzt das Selbstgespräch moralisch sehr tiefgehend an, weil es uns dazu bringt, Vorstellungen darüber zu schaffen, was mein Tun anrichten könnte und uns abhält, bestimmte Dinge zu tun. So will sie den Nachdenker als Denker über das, was er anrichten könnte, vor dem Übel des Bösen bewahren. Doch bewahrt sie den Nachdenker vor dem Bösen? Bewahrt das Nachdenken vor dem Bösen? Das hängt davon ab, mit wem wir laut oder lautlos reden, wenn wir nur denken und was den Denkenden treibt, wenn er sich mit sich selber herumtreibt.

Denkt Putin nach mit sich selber?

Sonntag, 5.März 2023

Klimaschutz-Staffel - Die »Letzte Generation« entwickelt sich immer mehr zur Klimaschutz-Staffel der links-radikalen Teile der Ampel-Regierung. Gestern war es die Stadt Frankfurt/M, die radikale Mitglieder der Bande gewähren ließ, als sie sich von Autobahnbrücken abseilten. Politik nutzt die Macht der Straße als Hebel gegen die Bevölkerung, die den Rand gestrichen voll hat. Wie Mao, als er während der Kulturrevolution Horden chinesischer Studenten bestellte.

Daher ist Klimaschutz-Staffel die passende Bezeichnung für die Bande. Sie sind nichts weiter als ein Werkzeug der Regierung, das eingesetzt wird, wenn sie selber nicht mehr offen auftreten will. Das ist sowohl durchsichtig als auch gefährlich, denn solche Bewegungen entwickeln schnell eine Eigendynamik. Das war in Rot-China in den 1960er nicht anders als in Deutschland in den 1930er Jahren. Die SA lief aus dem Ruder und wurde nach der Machtübernahme vernichtet. Die meisten führenden Teilnehmer der Kulturrevolution wurden später eliminiert. Wen das beruhigt, der sollte sich den weiteren Gang der Geschichte anschauen.

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Nur intellektuell Mittelbemäßigte gendern. Der Beschränktheit ihres Horizonts entspricht die Mechanik, die aus »Bürger« ein »Bürger und Bürgerinnen« oder ein »Bürger:innen« samt akustischem Hickser generiert. Der typische Mitläufer muss nur Symbole ersetzen und schlucken; wie ein Schüler, der es beim Rechnen nicht weiter schafft als zur Multiplikation mit zehn. Eitel und immer in dem Wir-Gefühl dessen, der meint, er würde an etwas weltgeschichtlich Wichtigem weben, bestaunt er schließlich die wertlosen Worthülsen seiner intellektuellen Armseligkeit und zählt sich zu den Guten.

Samstag, 4.März 2023

Zwei richtige Schafe - Bachmut ist in allen Zeitungen, weil es wohl in den nächsten Tagen fallen wird. Hoffentlich ist die ukrainische Militärführung klug genug, ihre Soldaten vor der Einkesselung aus der Stadt zu schaffen. Daß die Russen ihren bescheidenen Erfolg feiern, kann man ihnen nicht verdenken.

Ebensowenig bin ich überrascht von den Putin-Verstehern, die sich gar nicht mehr einkriegen können ob des Erfolgs. »Die Russen werden siegen.« Mit diesen Sprüchen offenbaren sie, worum es ihnen geht: Sie sehen in den Ukrainern, die sie wie die Russen als minderwertig verachten, nur die Amerikaner, denen sie ihren Doppelsieg von 1945 und den Sieg über Russland 1989 nicht gönnen.

Deshalb schlagen sie sich auf die Seite der Friedensfreunde, so wie diese unsägliche Sara Wagenknecht, die ihre jeweils abweichende Meinung wie ein fesches Kleid auf einem Laufsteg ausführt, damit jemand sich nach ihr umdreht. Ist ja auch blöd, wenn man älter wird. Es wird spekuliert, sie gründe demnächst eine Partei. So wie Frau Petry. – Wer das ist? – Ein No-Name. Keine Anrufe mehr. Nicht einmal mehr ein Blick auf der Straße.

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Hannah Arendt hat lange auf ihrer Fernseh-Regel bestanden: Sie ließ sich nur von hinten filmen, weil sie das Gaffen der Unbekannten auf die Bekannte in der Straße fürchtete. Das waren noch Zeiten mit richtigen Frauen. Als sie auf einer Konferenz die einzige Frau war, schreibt sie einer Freundin: »Bin die einzige Fachfremde.« So sieht Selbstvertrauen aus.

Und wie Nicht-Diskriminierung aussieht, weiß Arendt ebenfalls: »Von Heidelberg fuhr ich also doch nach Freiburg«, heißt es in einem ihrer Briefe an Karl Jaspers, »und das war in mehr als einer Richtung merkwürdig. Erst einmal der Herr Kaiser, der mich eingeladen hatte. Ca. 40 würde ich meinen, typisch homosexuell (was mich nicht stört!, komisch war nur, wie er es verbergen wollte), lebt in einer von ihm selbst erbauten Villa von ganz extravagantem Luxus … ; dort lebt mit ihm ein Araber aus Tunis (siehe Andre Gidé, der konnte die Araber auch nicht in Ruhe lassen), der den Butler spielen soll, aber so unverschämt ist, daß es richtig komisch ist, damit auch keiner ignoriert, was da eigentlich gespielt wird; dazu um den seltsamen Haushalt zu vervollständigen, zwei richtige Schafe, die das Gras abfressen sollen.«

Daß Bachmut fällt, besagt wenig. Die deutsche kaiserliche Armee hat im Frühjahr 1916 vor Verdun ebenfalls erst Fort Douaumont und zwei Monate später und nach Zehntausenden Toten Fort Vaux erobert. Im Herbst holten sich die Franzosen die beiden Trophäen in wenigen Stunden ohne große Verluste zurück. Mit den richtigen Stoßkeilen könnte Bachmut zu Putins Stalingrad werden.

Freitag, 3.März 2023

Das Böse der Dummheit - Sollte Dummheit Voraussetzung für Bösartigkeit sein? Oder ist nicht eher Dummheit durch ein »schlechtes Herz« verursacht, wie Kant glaubte?

In jedem Fall ist Dummheit in der Nähe selbstgerechter Bösartigkeit. Raul Hilberg berichtet von einem der seltenen Fälle von spontanem Widerstand in Auschwitz, als eine Frau einen SS-Mann anschießt; der tobt und schreit und ruft, er habe doch nichts getan; sie wird lebendig verbrannt.

Putin gehört in genau diese Kategorie der selbstgerechten Bösartigkeit, wenn er sich nun moralisch erhebt, weil die Ukrainer angeblich Gebiete in Russland attackieren. Wenn sie das denn nur endlich täten. »Terror«, brüllt der Kreml-Herrscher. Eine Widersinnigkeit, die zu offensichtlich ist, als daß jemand mit nur ein wenig Verstand sie nicht bemerkte. Das Opfer wehrt sich! Welch ein Verbrechen.

Diese Auffassung hegen und pflegen in Deutschland ja einige. So hinterlässt die Vergangenheit Spuren der selbstgerechten Bösartigkeit aus Dummheit. Sind Raubtiere dumm? Oder haben sie nur ein »schlechtes Herz«?

In jedem Fall ist die Politik voller dummer Menschen. Ein Lokalpolitiker der SPD mit intimer Nähe zur Antifa und einem Hang zum Egomanischen, Kevin Hönicke, schiebt sich in den Vordergrund bevor die Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten beginnen. Zuvor hat er sich mit einer Selbstanzeige geoutet: Er leide unter Depressionen. Der Täter, der sich zum Opfer macht und nach Mitleid schielt, das er prompt bekommt. Die Masche scheint Erfolg zu versprechen. Einen Senatsposten peilt er an, will das Ressort Bildung übernehmen. Aber dort ist ohnehin Hopfen und Malz verloren. Klassen mit 90 Prozent Schülern, die kein Deutsch können, Lehrer, die gendern statt lehren, und dazu konsequente Inklusion, so daß auf lange Sicht zunächst das untere Mittelmaß durchschlägt und dann die pathologischen Fälle alles dominieren und Dummheit regiert.

Donnerstag, 2.März 2023

Black Market - Es verspricht so oft mehr Erfolg, die Dinge laufen zu lassen. Gelassenheit wahren, wenn die politisch unterfeuerte Bedrängung zur Aktion ruft.

Vor einigen Wochen gaben die Vertreterin einer feministischen Außenpolitik Frau Baerbock und ihre antisemitische Kollegin aus dem Kulturstaatsministerium sogenannte Benin-Bronzen an die Regierung Nigerias zurück. Die eine hatte passend zu ihren Bademänteln, mit denen sie sonst aus dem Flugzeug steigt, ein fesches Kleid mit weitem Ausschnitt an, was in einigen Länder sicher als feministisch interpretiert werden könnte; die andere, obwohl deutlich älter, war geradezu afrikanisch knallig bunt gekleidet, als wolle sie die Bronzen als Geschenk der Ministerin in einer Kita abgeben, mit Tätscheln von Kinderköpfen durch eine Kinderlose und verdächtigem Politikergrinsen. Neben ihnen hüpfte ein Neger herum, der vorgab, sich zu freuen, daß die Weißen ihnen, den Schwarzen, was geben, was ihnen gehört.

Zur Lügengeschichte der zwei Politikerinnen gehört, daß die Benin-Bronzen umgeschmolzenes Sklavengeld sind. Mit der Bronze wurden früher Sklaven bezahlt, die von der Regierung in Benin verkauft worden waren; eine Art Geld-Für-Bürger also. Aus der Bronze ließen die Machthaber anschließend Handwerkskunst anfertigen, die dann, nachdem die Engländer dem Sklavenhandel der Regierung in Benin mit den eigenen Bürgern ein Ende bereitet hatten neben anderen Unsitten wie Menschenopfer, 20 bis 30 Menschen pro Tag.

Diese Art der Zivilisierung Afrikas gehört bekanntlich der Vergangenheit an. Also sollen die nach Europa geschafften Benin-Bronzen zurück in ihre Heimat. Die europäischen Museen sollen frei von schwarzer Kunst werden, falls denn Massenware als Kunst gelten kann.

Doch nun haben sich die Nachkommen der verkauften Sklaven gemeldet, es muss sich um die zehnte oder zwanzigste Generation handeln. Aber Geld ist Geld. Sie wollen die Benin-Bronzen für sich und bestehen darauf, die Bronzen in Amerika und Europa zu lassen. Schwarze verlangen, daß Weiße Kolonialgut in Europa und Amerika belassen und nicht an ihre schwarzen Brüder verschenken, die ihre Ahnen einstmals verkauften. Moral und Geldgier führen seltsame Kapriolen auf.

Wir sollten sie streiten lassen. Denn soviel ist sicher. Von den Benin-Bronzen, die zurück nach Afrika gingen, ist kaum eine dort angekommen. Wer will, kann sie kaufen. Wo? – Bei e-Bay-Kleinanzeigen. Zugegeben, fast 10.000 Euro sind nicht ganz wenig, zumal 90 Euro 50 für die Lieferung noch oben draufgelegt werden müssen. Aber moralischer als der auch heute noch mögliche Kauf von Sklaven in Benin – Menschenhandel wird das heute genannt, weil Neger ja keine Neger verkaufen – ist es allemal. Zudem verhindert der Investor, daß Europa frei von Kunst aus Afrika wird.

Und wenn die Regierenden in Benin schon dabei sind, Geld mit dem Geld aus dem Skalvenhandel zu machen, könnten sie versucht sein, ihre einheimischen Fachkräfte aus der Bronze-Industrie nach Deutschland zu verkaufen; eine Tradition gibt es ja offenbar. Es müssen ja nicht gleich Angebote über e-Bay sein; aber im Fall einer Ich-AG sollte sich ein deutsches Jobcenter als Black-Market finden.

Mittwoch, 1.März 2023

Schaltjahre - 29. Februar 1968, ein Schaltjahr. Uwe Johnson holt zu einem kräftigen Schlag aus mit Ohrfeigen, die noch heute schallen. »Es ist der Tag, an dem der deutsche Schriftsteller Hans-Magnus Enzensberger in der New York Review of Books einen offenen Brief veröffentlicht. ›Über das Verlassen Amerikas’«. »Er bekennt öffentlich, daß die herrschende Klasse in den Vereinigten Staaten von Amerika (die Regierung eingeschlossen) in seinen Augen die gefährlichste von Menschen auf Erden ist. The most dangerous body of men on earth. … In der Welt, es klingt so alltäglich. Nein: auf Erden. Feierlich, nachhallend. Biblisch allemal. Auf Erden.«

Das erinnerte, wenn heute gestern und das Gestrige heute gesagt worden wäre, an gestern. Und es wird heute gesagt. Von Leuten, in deren Nähe der Schriftsteller Enzensberger nicht erwischt werden wollte, als er noch lebte. Haß auf Amerika gestern und heute.

»Weil Herr Enzensberger dies vor drei Monaten noch nicht bekannt war, will er das Land nach drei Monaten öffentlich verlassen.« – »Offensichtlich nimmt das Offensichtliche zu an Offensichtlichkeit, wenn ein Enzensberger es sagt.« – »Herr Enzensberger gibt zu, daß er unsere zeit verschwendet hat mit seinen Wahrheiten; er möchte es nun aber noch in einer wissenschaftlichen Manier tun. Er habe keinen Raum.« – »In Herrn Enzensbergers Augen haben die Bürger der U.S.A. eine vergleichbare Schuld auf sich geladen.«

1968! An einem Schalttag in einem Schaltjahr erblickt der deutsche Wokeismus in Amerika das Licht der Welt: »Es ist ein manichäischer Blick. Er kommt von den Anhängern der Lehre vom Dualismus zwischen dem Herrscher des Lichtreichs und dem König der Finsternis... Dieser Prozeß verläuft zwischen bis zur endgültigen Reinigung im Weltbrand. Der Wissende kann ihn fördern, indem er sich schlicht der Fortpflanzung enthält... verzichten auf Fleisch und Wein... auf Arbeit zu verzichten... Besitz soll abgestoßen werden...«

Johnson schreibt 1968 – In Amerika – Vor der angekündigten Eiszeit in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Lange, sehr lange vorm Klimawandel. In einem Schaltjahr an einem Schalttag.

*
Die Wiederholungswahl in Berlin hat doch was gutes: Die SPD will die Koalition mit den Grünen beenden. Das ist in sofern bemerkenswert, als die Chefin der Sozialdemokraten hätte Regierende Bürgermeisterin werden können und in einer Koalition mit den Christdemokraten das nicht werden wird. Soviel Anstand hätte ich der Dame, deren ansehnliche Kostüme ihr Dauergrinsen noch unerträglicher machen, nicht zugetraut. Ehrlich!

Jetzt haben wir ein Grinsen ohne Regierenden Bürgermeister. Giffey wird wohl das Innenressort übernehmen. Wenn jetzt noch jemand den Sozialdemokraten das Bildungsressort wegnimmt – denn Bildung kann die SPD nun einmal nicht –, dann hatte die Wiederholungswahl etwas gutes. Aber das sagte ich schon.

Das Grinsen dürfte der Frau Jarasch von den Grünen derweil vergangen sein. Gelingt SPD und CDU eine auch nur halbwegs gute Politik, machen die erwachten Nichtwähler jeden Zuwachs trotziger Grüner zunichte und die Karriere der Grinse-Grünen knickt nicht nur ein, sondern nimmt ein jähes Ende.

Wenn es Frau Giffey jetzt noch gelingt, einen ernsten Blick aufzusetzen - der Verlust des Spitzenpostens sollte es ihr erleichtern -, streifen zwei Grinsen ohne Politikerinnen als Erinnerung an eine schlimme Zeit durch die Stadt. Zu retten ist sie allerdings kaum noch etwas.

Dienstag, 28.Februar 2023

Der Begriff des Kriegerischen - Carl Schmitt denkt das Politische bis zum bitteren Ende: Die Feinde erschlagen sich und die Freunde lieben sich nicht einmal mehr. Aus seinem Begriff des Freundes und des Feindes ist die Emotionalität herausgekürzt. Freund und Feind werden eiskalte Begriffe. – In Rom mag das möglich und sinnvoll gewesen sein und vielleicht auch noch in Venedig. Damals hatten Freunde und Feinde noch ihre Ehre. Aber 1927 wars vorbei damit und die Liebe und der Hass dienen seither als Ersatzstoffe für Ehre und Schamlosigkeit. Daher die Hassbotschaften allenthalben.

Schmitt braucht keine spezielle Kategorie für Leben und Tod, sie gehört zum politischen Leben dazu. Dafür kann er das Politische einer Demokratie indes auch nicht begreifen, die für den Mord am politischen Gegner den Hass erfunden hat und für die Umarmung das »Ich liebe euch alle.« Liebe und Hass sind zu politischen Grenzbegriffen geworden hinter denen Himmel und Hölle liegen.

Bis zum schmittschen Ende dringen Baerbock und die im Wohlstand einer friedlichen und moralisch aufgeladenen Welt aufgewachsenen Figuren der aktuellen westeuropäischen Politik daher nicht durch. Sie begreifen den existenziellen Charakter des Politischen auf der Bühne der Welt nicht. Kriegslüsternheit möchten ihr die einen zwar vorwerfen und andere wieder möchten positive Züge in ihrem aggressiven Auftreten erkennen – beide liegen falsch: Denn Baerbock weiß nicht, was sie tut. Ihr aufgedunsenes Babygesicht – und das ist keinesfalls als Beleidigung, sondern als reine Beschreibung gemeint – zeigt ihr blankes Erstaunen, daß dort etwas geschieht, was völlig neu für sie ist. Hätte sie auch nur eine Ahnung, mit wem sie es bei Putin zu tun hat, säße sie längst wieder in ihrem mitteldeutschen Vorgarten und pflegte Kresse.

Die europäische Diplomatie braucht dringend politische Diplomaten im Sinne Schmitts. England und Frankreich verfügte über sie 1918 und sie haben den Ersten Weltkrieg für die Westmächte in ein für Deutschland bitteres Ende manövriert. Die US-Amerikaner verfügten über sie 1989 und mit Ronald Reagan über einen Präsidenten, der das Russische Reich an die Wand spielen wollten und konnte.

*
Die Berliner Politik treibt seltsam Blüten: Am Kottbusser Tor wird ein Mann mit Rock von Arabern und Türken verprügelt, weil er einen Kopftuchmoslem angreift. Bald werden Felder mit solchen Blüten erblühen.

Montag, 27.Februar 2023

Bestellt und abgeholt - Falls das Geschlecht ein Geschenk ist, dann symbolisiert der Genderstern das bestellte Geschlecht. Wie eine Pizza, bezogen über den Innenminister. »Ich bin das erste bekennende Call-a-Boy Girl«, würde eines dieser dürftigen Kinder aus dem Bundestag kreischen. »Jetzt bin ich noch Called-Girl.«

Dann muss es heißen, das Geschlecht wurde zurückgegeben. Nicht gewechselt. – Umgetauscht ist richtig. – »Ich gebe meinen Schwanz zurück.« Unverpackt. Mit einem Like für den, der das Geschenk verschenkt hat, mit dem ich nichts anfangen kann. Jetzt kaufe ich mir ein passendes von dem erhaltenen Geld. In der Zwischenzeit bin ich zumindest nicht blank.

So ist Technik gemeint. Sie lässt mir die Wahl und ich kann mir meine Zukunft bestellen. Eine Zukunft als Mann oder Frau im Regal zwischen Marmelade und Süßstoff.

Geschenke sind schöner.

Sonntag, 26.Februar 2023

Denkende Staatsdiener - Immer legt sich Deutschland eine Reihe von scheinbar denkenden Intellektuellen zu, die sich mal in Staatstreue üben und dann wieder aufmüpfig werden, je nachdem wie viel Aufmerksamkeit sie dort oder hier erwarten dürfen. Corona hatte sie auf einer Linie gesehen. Einen deutschen Giorgio Agamben, der gleich in der ersten Woche die staatlichen Zahlen über das Ausmaß der Epidemie in Zweifel zog, suchte man in den drei Jahren inszenierter Quarantäne vergeblich. Im russisch-ukrainischen Krieg laufen sie nun wieder in alle Richtungen und wild durcheinander. Nur ihr Geschwätz bleibt so inhaltsleer wie ehedem: »Aufstand für Frieden«. Diese Leier war schon 1980 kaum zu ertragen.

Der einzige Unterschied: Frau Schwarzer ist 40 Jahre älter und hat sich – die Wahrheit kommt bekanntlich mit der Zeit – äußerlich dem Imperator angeglichen, also jener fiktionalen Figur aus Star Wars, die niemals altert, weil sie immer schon alt war, Kreuzung aus Hexe und Echse.

Alice Schwarzer bleibt ein Mädchen der Zeit, als es nicht für alle für einen Platz auf dem Laufsteg reichte und eine Karriere als Avon-Beraterin schon nicht mehr in Frage kam. Sie und ihre Kollegin, die so gerne auf Rosa Luxemburg macht und wie Schwarzer den Blick der Kamera braucht, stehen in trauter Eintracht bei Nieselregen im links-grünen Berlin eng beieinander. Rutschig kaltfeuchte Frauenpower. Im Hintergrund hält sich der Vorsitzende einer Partei, die krampfhaft nach einem exklusiven Thema gesucht hat, um wieder in die Zweistelligkeit steigen zu können; zumindest versteht der vom Anstreichen mehr als Frau Schwarzer von Putin und vom weiblichen Körper. Ob er weiß, da am Lichtenberger Rathaus die Regenbogenfahne abgehängt worden ist, um sie durch eine ukrainische Flagge zu ersetzen, die jetzt dort im Wind knattert? Und ob ihm das gefällt?

Wie es mit der Intelligenz der deutschen Intellektuellen bestellt ist, verrät die Welt in einem Quiz, das den Venushügel als »elegantes« Fremdwort seinen Teilnehmern präsentiert – im Plural! Wenn man doch wenigstens ein Satzexemplar mit den Fremdworten, die keine waren, stricken müsste. Aber Nein! – Venushügeln sollte in »Beobachten die Europäer die Yen-Entwicklung mit _____« einprobiert werden. Indes Argusaugen ist richtig. »Zwischen den vielen Venushügeln des gestrigen Gangbangs schaute mit Argusaugen meine Geliebte hervor.« Das wäre ein Satz voller Wörter und Wesen aus der Fremde gewesen. Nur gut, daß Schlammschieben heutzutage nicht einmal 12-Jährigen ein Fremdwort ist.

Samstag, 25.Februar 2023

Doppeltürme - Von Jerusalem aus über den Ukraine-Krieg nachdenken bedeutet, als Frieden einen einfachen Tausch vorzuschlagen: Russland erhält die Luhansk und Donezk; dafür erhält Israel offiziell das Westjordanland; mit der Option Krim gegen Gaza.

Wer den Finger in die Wunde drücken will, machte einen solchen Friedensvorschlag für den Ukraine-Krieg. Denn macht Russland nicht, nur weitaus radikaler, ja eigentlich ganz anders, was Israel von jeher gemacht hat: Seine Bürger schützen? – Russlandversteher wird man sie nennen. Nicht mehr Putinversteher und schon gar nicht Messerstecherversteher. Russlandversteher. – Verstehen wir Russland?

Wir verstehen nicht einmal Israel. Also verstehen wir den fundamentalen Unterschied nicht. Russland steht nicht an der Wand, sondern mit dem Rücken ruht es auf der blutgetränkten Weite Sibiriens. Israel tanzt seit 1948 mit dem Rücken zum Meer auf einem Vulkan. Aber davon wissen wir nichts, weil wir den Boden unter unseren Füßen verloren.

Psychologie der Geographie – Wissen wir in Westeuropa, was breite Flüsse im Rücken mit einem machen? Nicht der Jordan! Sondern Flüsse, hinter die wir zurückweichen, sehr weit zurückweichen könnten? Nach Samara, Kasan, Jekatrinburg, Novosibirsk.

Derweil sitzen wir in Städten, die für das sehende Auge unsichtbar sind. Ein Rathaus und der Turm einer Schule lohnen den Strich und das Kritzeln und dann noch ein paar Bäume. Gebäude, die sich präsentieren. Auch wenn das Rathaus, zugegeben, etwas flächig daherkommt. Die Moderne zeigt sich darin, daß sie für das sehende Auge unsichtbar bleibt, das Auge, das Erinnerung wahrt und an ihr Geschichten entspinnt von Türmen, die in den Himmel verweisen.

Auf einer Fahrt in Venedig bot der Blick Richtung Osten nach Murano am Horizont einen Wolkenkratzer, der neu schien. Ein Wolkenkratzer in Murano? Das wäre selbst für die Baumafiosi ein Frevel. Aber er stand dort und ließ auf keine Wahl zu einem dahinter, das ihn zu einem Teil des Flughafens machte, der nur ungefähr in derselben Richtung liegt. Wir fanden uns ab und trösteten uns mit einem bizarren Doppelturmblick, an den ein zufälliges Foto erinnert.

Bevor wir das Grab von Josef Brodsky auf San Michele besuchten fuhren wir, den Wolkenkratzer zu sehen, der sich als reinste Metapher entpuppte: Ein Kirchturm unter einem mit Planen verhängten Gerüst. – Verpackung, Geschenk, Geheimnis, Zeiger, Wirrnis; alles in einem. Und wir lachten.

Venedig, Doppelturm, Februar 2023 © Wolfgang Hebold

Freitag, 24.Februar 2023

Ein Jahr Spezialoperation - Vor einem Jahr begann der Angriff Russlands auf die Ukraine, die »Spezialoperation«, die kein Krieg werden sollte, weil Putin sie nicht so nennen ließ. Nun ist sie ein Krieg, nachdem der von fast allen erwartete Zusammenbruch der ukrainischen Streitkräfte ausblieb. Ein Krieg mit angezogener Handbremse, weil Moskau wiederholt mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht hat, falls die Nato der Ukraine direkt zur Hilfe käme.

Ein Traum: Es gibt keine Atomwaffen, amerikanische und polnische Panzer rollen in die Ukraine und treiben die russischen Truppen zuerst zur Grenze und dann nach Moskau. Das konservative Polen mit der siegreichen Ukraine als neue Zentralmächte in Europa wenden sich gegen Brüssel. Aufwachen!

Im ersten Corona-freien Frühling dann Stille auf dem Campo Santa Margherita in Venedig, als ein überlautes Geräusch aus Düsentriebwerken ertönt, das niemand einordnen kann; wer weiß schon, wie Atomraketen sich anhören werden, falls wir sie denn dann überhaupt hören, was sehr unwahrscheinlich ist, nachdem sie die Kontinente überquert haben und zur Erde eintreten. Erschrockene Blicke zum stahlblauen italienischen Himmel, zum Fremden am Nachbartisch, in die womöglich nur noch kurze gemeinsame Zukunft. Auch wenn es natürlich idiotisch wäre, die erste Atomwaffe in Europa über Venedig zu zünden. Verrückte begehen indessen Verrücktes.

Doch Russland rüstet hoch und sein Präsident ist so wenig christlich wie zu viele in Westeuropa, als daß ihnen diese Worte aus Psalm 39 in den Kopf schießen würden: Herr, lehre doch mich, daß es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss. Siehe, meine Tage sind eine Handbreit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Ach, wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben!

Nur hat Russland schon mehr als einen Rüstungswettlauf verloren. Drei von vier seiner großen Kriege gingen wegen wirtschaftlicher und technischer Unzulänglichkeiten verloren: 1905, 1917 und 1989; 1905 sogar als erste europäische Macht gegen ein aufstrebendes ostasiatisches Reich. Und 1941 war der Blutzoll fast so schlimm wie eine Niederlage. Und das jetzt wieder. Wissen die Russen nicht, daß der Kapitalismus am Krieg immer gewinnt? Daß der Westen also immer im Vorteil ist? Daß Russland sich ein Verdun, Stalingrad oder Kursk in Bachmut nicht leisten kann?

Europa – Sehnsuchtsort aufgeladen mit geschichtsträchtigen Zeiten und Orten: Verdun, Stalingrad, Kursk. Der Klimawandel wiegt dagegen wohl doch zu leicht, so daß manche sich ankleben müssen, will man ihre Leichtigkeit nicht sofort erkennen.

Nur als ein Schattenbild geht jedermann, nur Dunst ist, um was sie lärmen, man schüttet auf und kennt nicht, wers heimst. – Da capo! – Spannenbreite, ach, gabst du meinen Tage, meine Weile, vor dir ist sie wie nichts, allsamt ein Dunst nur ist all der aufrechte Mensch. – – Empor!

Mit Strafe für Fehl züchtigst Du den Mann, zerfaserst mottengleich seine Pracht.

Ein Dunst nur ist aller Mensch!

Empor! – Weg, weit weg von den Bloodlands.

Donnerstag, 23.Februar 2023

Das Duell - »Das Duell«, ein früher Spielberg und zugleich sein bester Film trifft die weidwunde Annahme aller kuscheligen Westeuropäer: Niemand tötet gerne, aus der sie eine Totale auf die die Welt gemacht haben. »Es gibt keine Monster!« – »Aber es gibt sie!« Wladimir Putin ist so ein Monster. Es verbrennt von seinem Drachen aus Frauen und Kinder, bleibt beim Geruch des verbrannten Fleisches nicht ungerührt, wie die US-Piloten über Tokio im März 1945, tötet aus Lust. Wie die hereingelassenen Messerstecher, die weiterhin frei herumlaufen dürfen, weil die Erregung beim Anblick verblassender Augen in der Vorstellungswelt von Messerstecherverstehern nicht existiert.

Deshalb sind die Grünen momentan militaristisch. Putin ist das störende Korn im Auge, das sich nicht herausreiben lässt. Also reiben sie weiter. Während »das Monster« – Napoleon hieß in England bis 1914 nur »das Monster« – sich an den angstvollen Blicken der Westeuropäer labt und Ukrainer, Balten und Polen hasst, weil sie sich wehren. Das ist der ganze Sinn der Atomwaffendrohung; Angstschweiß reizt das Monster nur mehr.

Im Duell findet der Monster-Truck sein Ende, weil es den Lebenswillen seines Opfers geweckt hat. Das ist nun seinerseits zum Töten bereit, weil es anders nicht überlebt. Und es kämpft. Nicht nur ums Überleben. Sondern weil alles Leben erregender Kampf gegen den Tod ist. – – Sicher, das sind Plattitüden. Aber dann erkläre mir jemand: Warum wurden sie hierzulande vergessen? Warum ignorieren wir Plattitüden?

Mittwoch, 22.Februar 2023

Höhlengleichnis - Das Kopftuch hängt sich an die offenen Rockzipfel »der Frau« und erscheint in drei Formen: Pubertär auftrumpfend, damenhaft stolzierend und totalitär dämonisch. Andere sagen vielleicht: Hüpfend, schreitend, marschierend; segelgleich, flatternd, angepresst. Es hängt sich an die Enden von dem, was nicht mehr sein soll, weil es das »das Weibliche«, dieses abstrakteste und konkreteste, nicht mehr gäbe. Und richtig. Das Weibliche bleibt in einer leeren Mitte unsichtbar, spürbar nur noch als Ahnung einer Negation der verlotterten und verwahrlosten und kopftuchlosen Weiber mit gezeichneten Gesichtern und deformierten Leibern und nach innen geknickten Knien auf friesischen Säulen, die bei allem Druck nicht griechisch werden wollen. Unförmigkeit, die sich schmerzhaft in die Gesichter fortsetzt und nach Selbstzerstörung und Selbstauslöschung schreit. Und innen nur noch dunkle Ahnungen von einer Hannah Arendt, Claudia Cardinale, Jeanne Moreau, die am Höhleneingang läufig, schreitend, hüpfend Schattenspiele treiben mit unserer Erinnerung bis sie wieder erwacht.

Dienstag, 21.Februar 2023

Colourtrouble - Seit gestern – oder schon seit vorgestern, seit vorletzter Woche; wer kann das wissen? – ist es wohl verboten, »Schwarze« zu sagen. Ist ja auch blöd, wenn der BVB in schwarzen Trikots aufläuft, um an die Kohle zu erinnern, die dort, also in Dortmund, abgebaut wurde und prompt schießen Schwarze Spieler die Tore. Colourtrouble.

Dieses Sprachspiel als Variante der Reise nach Jerusalem geht in eine neue Runde. »Schwarze« wurde entfernt, nachdem »Neger« schon seit einer Weile nicht mehr gesagt, respektive besetzt werden darf. Wer es weiterhin sagt, steht buchstäblich dumm da. Aber vor allem ist er von nun an ein Rassist.

Diese stete Grenzverschiebung der Sprachpolizei, eine Art fließend rückwirkendes Gesetz, sorgt immer wieder für eine Runde Rassismus. So lässt sich ständig über Rassismus reden. Es ist wie beim Sex. Da werden die Sprachgrenzen auch immer wieder verschoben – nur in die andere Richtung.

Montag, 20.Februar 2023

1968 - Jede Woche wurde in der New York Times die Zahl der toten US-Soldaten genannt. Über My Lai wurde in den USA berichtet. Tonkin wurde in den USA von Amerikanern öffentlich gemacht. Die Lüge von den Waffen zur Massenvernichtung im Irak wurde vom US-Außenminister vor der UNO gestanden. – The American Way of War. Und soviel ist sicher: Russen und Chinesen hätten Waffen gefunden.

Sonntag, 19.Februar 2023

Amerikanisierung - Momentan verläuft der politische Machtalltag wellenförmig. Sobald die Nöte aus der Migrationspolitik spürbar werden, kommt von irgendwoher ein Ruf: »Die Nazis sind da. Rettet euch vor den Nazis in die Arme des Staates.« Direkt oder indirekt. Heute: Die Kandidatin der Grünen für den Berliner Bürgermeister erhält einen Brief mit einer Patrone und einem Zettel, auf dem steht: »Peng! Du bist tot.« Oder so ähnlich. Und schon läuft die Maschinerie und zwar durch alle Medien; dazu erinnert die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung an Hanau.

Zugleich macht sich die NZZ über die Hybris der deutschen Öffentlich-Rechtlichen Sender, die weder öffentlich sind noch berechtigt, Gedanken: Sie wollen einen eigenen Social-Media-Kanal eröffnen. Ihr Ziel: »gesunde öffentliche digitale Räume« zu gestalten. Nur wo liegt die Hybris? In der widerrechtlichen Eroberung des sozialen Raums durch die Propagandasender oder in der Vorstellung, die Sender könnten einen solchen »geschützten öffentlichrechtlichen Raum« gestalten?

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Nein, Foucault war kein Empiriker. Er war ein Dystopist. Er malte die Zukunft, wie sie sich heute entwickelt mit lauter gesunden öffentlichen Räumen.
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Neulich, bei der Rückfahrt von Venedig nach Berlin, lag im Zug eine Speisekarte aus, die mehr einem Programm für eine Konferenz von Veganern glich, als der Beschreibung von dem, was die Küche des ICE zu bieten hat. Der Staat sorgt sich, daß wir leben und glücklich sind. Wollen wir das? – Nietzsche: »Der Mensch strebt nicht nach Glück; nur der Engländer thut das.« Amerikanisierung des Lebens.
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Die Ukraine entzaubert den russischen Bären, vor dem die Westeuropäer sieben Jahrzehnte gezittert haben. Und nun fragen alle: Was bedeutet das für Russland? Ist es überhaupt eine Supermacht? – Einige fragen: Was sagt das über die Westeuropäer? – Aber keiner fragt: Was sagt das über die Ukrainer? Kein Wunder, daß sich die pädagogischen Bagage um die links-intellektuelle Medien-Kamarilla nun in Ratschlägen für die Ukraine übt und davon spricht, Deutsche würden wieder Richtung Stalingrad marschieren, wo es doch lediglich in Deutschland hergestellte Panzer sind, die an die Ukraine geliefert werden; kämpfen werden die Ukrainer schon selber mit ihnen.

Und jeder psychologisch denkende Zeitgenosse merkt, wie der Neid an den westeuropäischen Nörglern nagt. Daß sie nicht selber marschieren wollen, ist das eine. Aber sie wollen auch nicht, daß die Ukrainer marschieren, die mit jedem Tag den gemeinen Westeuropäer zum Angsthasen degradieren. Wer ist lächerlicher: Der Bär, der zum Bettvorleger wird oder der vermeintliche Held, der vor einem Bettvorleger zittert?

Venecia, Frarikirche, Feb 2023

Samstag, 18.Februar 2023

Staatlich alimentierte Denker - Geistiger Fortschritt durch Einnebeln, Auflösen bekannter Begriffe, unklare Definitionen; das lockt an. Nur ist es etwas anderes, wenn die Begriffe und Definitionen sich von alleine auflösen. Das ist das Schicksal der Mathematik, sofern sie formal bleibt, also an Formeln gebunden, wie jeder brauchbare Theoretiker wissen sollte. Unvorhersehbar lauert die Anomalie. Nur wer es nicht abwarten kann, nebelt schon vorher ein und greift ein, statt sich der geschichtlichen Entwicklung zu überlassen.

Wer hat Studenten eigentlich in den Rang von Wissenden und Erkennenden erhoben? Mit einem besonderen moralischen Recht zur Kritik? Diesem Vorsprung in der Argumentation, wie ihn nur am Hof geduldete Aktivisten genießen? – Fotos mit zerstörten tibetanischen Klöstern provozieren Bilder chinesischer Studenten in ihrer Kulturrevolution, die den heutigen Verhältnissen im Westen so sehr ähnelt, wenn die hiesigen Wokeisten Statuen stürzen und sich die Hintern unter ihren aufgeblähten Spatzenhirnen auf einer Straße festkleben. Als würden faule, moralisch übervolle Säcke die Welt besser erkennen.

Jürgen Habermas stammt aus diesem Dunstkreis und muß unbedingt zur Ukraine was schreiben. Die Republik diskutiert seinen wie üblich überlangen Aufsatz und nennt ihn sogar Essay, »für welchen sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt«. Der Westen solle mit Russland verhandeln; worüber verrät Habermas nicht und auch nicht mit wem aus Moskau. Und daß Politiker wie Herr Scholz den Schneid von Lloyd George oder Wilson haben und Putin zu Tode verhandeln, darf ausgeschlossen werden.

Wirklich interessant ist der Aufsatz von Habermas nur, als er offenbart, wie Habermas seine Lebenslüge vom bellizistischen Deutschland zu retten versucht. Besonders raffiniert stellt er sich dabei allerdings nicht an. Alter macht aus einem lausigen Wein keinen guten.

Selbst wenn Soziologe Habermas geschwiegen hätte – ein Philosoph wäre aus ihm nicht geworden. Aber zumindest wäre es ihm erspart geblieben, daß die AfD ihn jetzt ein klein wenig mehr mag. Endlich darf Malermeister Chrupalla sich glücklich schätzen, mit westdeutschem geistigen Mittelmaß einer Meinung zu sein. Allerdings plädiert Habermas für Waffenlieferungen an die Ukraine. Da ist die AfD konsequenter und zugleich mit Frau Wagenknecht und Frau Schwarzer einer Meinung. Eine reizende Ménage-à-trois. Wie gesagt: Anomalien ploppen von selbst auf.

Zeitgleich kopieren die russischen Verbände vor Bachmut eine Art Stalingrad des Ukraine-Kriegs. Seit Wochen schieben sie sich durch das eigentlich unbedeutende Kaff, das bis vor kurzem niemand kannte und mit jedem weiteren Tag wird die russische Führung stärker verpflichtet, nicht nachzugeben. Es redet auch keiner mehr von einer »Spezialoperation«.

Freitag, 17.Februar 2023

Die Normalität der Spezialoperation - Außenministerin Baerbock will den Ukraine-Krieg in keinem Fall Normalität werden lassen. Natürlich will sie das nicht, weil andernfalls der Tod normal werden würde. Und im Angesicht des Todes werden die meisten vernünftig, weil die Folgen des eigenen Handelns das eigene Verschwinden bedeuten.

Baerbock denkt politisch, nicht kriegerisch; sie denkt, in Anlehnung an Carl Schmitt, jedoch ohne sich auf ihn zu beziehen, in den Kategorien Freund und Feind, nicht aber als Kämpferin mit einem Gegner, der sein Leben riskiert und bereit ist zu töten. Sie vergegenwärtigt sich so wenig wie in der Flüchtlingsfrage das Ende ihres eingeschlagenen Weges. Das ist ja das Markenzeichen der zeitgenössischen Politik in Westeuropa: Ignoriert die Folgen eures Tuns. Nichts bricht gerade zusammen, von dem nicht schon lange gesagt worden ist, daß es zusammenbrechen wird. Fachkräftemangel, Bildungslosigkeit, Sprachlosigkeit. Aber es gilt das große »Weiter nur! Weiter nur!«

Krieg ist Denken und Handeln in den Kategorien Leben und Tod. Politik kann sich lebenslange Feindschaft leisten, solange nicht geschlossen wird. Geht es auf Leben und Tod, dann muss der Gedanke des Waffenstillstands parat sein.

Anders gesagt: Politik kann sich mehr Leidenschaft leisten, wie sie in Klassenzimmern und Parlamenten gesicherter Staaten herrscht mit der Käbbel- und Streitlust kleiner rotbackiger Jungen. Niemals wird es todernst. Endlose Diskussionen zwischen Vorstadthausfrauen und garstigen Mädchen, die im besten Falle naiv genannt werden sollten, und Männern, die in Frauenhaut schlüpfen.

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Komödianten und Zeloten sagen nun: Wir haben die Wahlen gewonnen, weil wir die stärkste Partei sind. Und nicht die Koalition aus den anderen Parteien. Sagt ihnen, daß die mit den meisten Stimmen die Wahl gewonnen haben. Und das sind in Berlin nun einmal SPD, Grüne und Ex-SED. Auch der Wähler ruft das große »Weiter nur! Weiter nur!« – Auch sie entscheiden politisch, nicht kriegerisch.
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Foucault heute in Wortstapellaune: »Wir haben zumindest eine neue Lust erfunden: die Lust an der Wahrheit der Lust, die Lust, sie zu wissen … die spezifische Lust am wahren Diskurs über die Lust … Lust an der Analyse. (Analyse im weitesten Sinne des Wortes)«. – Nein, Lust im weitesten Sinne des Wortes. Seltsam, daß Foucault das nicht erkennt.

Donnerstag, 16.Februar 2023

Nichts Neues im Ukraine-Krieg - Der Ukraine-Krieg rückt auf eigenartige Weise in unsere Normalität. Normal sind die Berichte über die Kämpfe, über die Verluste, über die Absichten der Kriegsgegner, über die Flüchtlinge, die mir in der Straßenbahn jeden Tag begegnen, wirkliche Flüchtlinge. Die Medien deklinieren fast jeden Tag alle Möglichkeiten aller Beteiligten durch, ohne Sinn und Verstand, aber gespickt mit Aufregern. Kadyrow will Ostdeutschland für Russland zurückerobern. Anschließend sind dann wohl West- und Ostdeutschland moslemisch dominiert und wir haben den Nahen und Mittleren Osten zwischen Hunsrück und Lausitz.

16. Februar 1968 – US-Politik und Militär beraten und dementieren Pläne für den Einsatz taktischer Atomwaffen in Vietnam, berichtet Johnson zum wiederholten Male. Dabei hätte man meinen können, das wäre neu in diesen Tagen des Ukraine-Kriegs in diesem Umfang. Mit einem Unterschied: Washington erklärte, keinen Einsatz von Atomwaffen zu planen oder zu erwägen. Putin lässt das immer wieder offen. Wir schleichen uns langsam heran. Tasten nach dem Abzug.

»Paulinchen war allein zu Haus, die Eltern waren beide aus.« »Da sah sie plötzlich vor sich stehn – Ein Feuerzeug, nett anzusehn.« Wann wird die Politik sich für den Einsatz von Atomwaffen entscheiden? Die Verlockung scheint doch zu groß.

»›Ei,‹ sprach sie, ›ei, wie schön und fein! Das muß ein trefflich Spielzeug sein.‹ Ich zünde mir ein Hölzchen an, wie’s oft die Mutter hat getan.“

Ob die aktuelle Kamarilla an Politikern fähig ist zu dieser Gratwanderung? Der Gedanke, daß Frau Baerbock oder Frau Lang darüber entscheiden, ob Atomwaffen eingesetzt werden, läßt die ganze Misere dieser Tage erkennen. Pausbäckige, dicke Kleinkinder spielen mit Feuerzeugen. Zum Glück verfügt Deutschland nicht einmal mehr über eine brauchbare Armee.

»Nie ist der Mensch tätiger, als wenn er nichts tut, und nie ist er weniger allein, als wenn er für sich allein ist.« – Wer so denkt, hat wirklich in einer anderen Zeit gelebt.

Mittwoch, 15.Februar 2023

Wiederholungswahl - Innerhalb der Berliner SPD herrscht Aufruhr, da Posten in Gefahr sind. Fast alle Spitzenpolitiker der Partei haben ihre Direktmandate verloren inklusive der Bürgermeisterin. Was als Sicherheit, die real niemals gebraucht werden würde, gedacht war, tritt ein und die unteren Chargen von den Oberen von ihren Plätzen werden verdrängt. Sogar über Giffey wird diskutiert.

Anschließend mit Kühnert und Chebli als quotengerechter Doppelspitze. So wird Berlin zum Gaza-Streifen am Rand Deutschlands.

Die CDU versucht nach innen zu klären. Auch dort zeigt sich: Parteien sind vor allem mit sich selber beschäftigt. Was nach außen, also in den Parlamenten demokratisch aussieht, ist innerhalb der Parteien ein Machtkampf bis aufs Messer. Dort wird entschieden, wer regiert.

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Beide, Wahrheit und Anerkennung der Fakten, werden verdrängt. Anfänglich mag es ein Diskurs über die Wahrheit gewesen sein bis er sich verselbstständigt und zum reinen Diskurs, zum reines Reden und an Worten und Symbolen rumfummeln wird. »Juden und Jüdinnen« macht sich breit, erscheint als wahr und ist doch zutiefst, also verborgen, antisemitisch.
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Letzte Hoffnung: Das Auseinanderdriften von Schrift und Sprache.
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Globalisierung: Ein Japaner schreibt mit ehrlicher Anteilnahme über die politisch-historische Geistesgeschichte, in der sich Hannah Arendt und Isaiah Berlin bewegten. Die Liebesgeschichte zwischen Isaiah und Anna Achmatowa bleibt trotzdem spannender. Definitiv.

Dienstag, 14.Februar 2023

Europäische Rechte - Die politische Vokabel »rechts« bleibt infektiös. Die CDU, sagt sie, sei »konservativ, liberal und christlich-sozial, ... aber wir sind nicht rechtsradikal« - Als gäbe es zwischen konservativ und rechtsradikal keine politische Rechte. Um sich mit Grünen und Linken die Macht teilen zu können, hat die CDU diesen Teil des politischen Spektrums abgeschrieben und sich gleich mit nur weil sie glaubt, ein mäßiger Erfolg in Berlin sei wie ein neuer Morgen für die Partei. Mitteleuropa macht vor, daß es eine europäische Recht gibt und Italien, Spanien, Schweden. Am Ende wird es doch wieder eine Merkelei werden mit Ergebnissen, die wird nur zu gut kennen.

Montag, 13.Februar 2023

Fahrkultur - Wer in Japan Eisenbahn gefahren ist, weiß, daß nicht die Technik den Ausschlag gibt für die Qualität des Systems, sondern die Fahrkultur.

Und so verrät allein der Begriff Bildungssystem, der plötzlich in aller Munde ist, warum Deutschland gnadenlos scheitern wird und ja schon scheitert; es muss heißen Bildungskultur. Nicht als politisierter Modebegriff von Talk-Show-Hengsten und -Stuten, sondern als Empfinden und Verlangen nach wirklichem Sinn. Dafür mangelt es an Lehrern und Schülern gleichermaßen und die Querschläger machen es nicht besser.

Bildungstheoretiker wie Ernst Curtius haben das gewußt. Unsere Politiker wissen gar nichts und kommen zuletzt immer mit der Digitalisierung, dem mit Abstand unwichtigsten Teil der Bildung, an dem sie glauben zu scheitern. Natürlich scheitern sie auch an der Digitalisierung. Nur ist das nicht der Punkt. Außer, daß sie ihr Scheitern, ausdrücklich ihr Scheitern beim Digitalisieren, immer wieder als Ursache anführen können. So wird aus einem ein doppeltes Scheitern.

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Ball Paradox nach den Berliner Wiederholungswahlen: Die Christdemokraten sehen sich triumphieren – mit gerade einmal 28 Prozent. Wer glaubt, das Plus von 10 Punkten sei ein Erfolg, denkt sicher ähnlich wie Frau Jarasch von den Grünen, die vor jubelnden Parteigenossen mit 18 Prozent für sich die Macht in der Stadt beansprucht. Auch die Sozialdemokraten gönnen sich einen Schluck aus der Flasche Selbstbetrug und verkünden ihren eigenen, besonderen Sieg. Bei 18 Prozent für seine Partei wäre Willy Brandt gleich noch einmal in die Knie gegangen. Frau Giffey beeindruckt hingegen nichts. Aber die ließ sich auch nach der Aberkennung ihres Doktortitels noch am Schreibtisch abbilden; und sie war nicht dabei, ihre Sachen zu packen.

Schon freuen sich konservative Medien auf eine Reform der Hauptstadt in der Hoffnung, aus der »zauberhaften, aufregenden Hauptstadt« einen »Magnet für die klügsten und kreativsten Köpfe der Welt« zu machen. Offenbar haben da einige den Schuss noch immer nicht gehört. Aber sie verwechseln ja auch Chaos mit Freiheit.

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Der Wendepunkt, an dem Foucault aus dem von einem Diskurs dominierten Sex zum reinen Diskurs übergeht und die körperlichen Aspekt des Sexes dem Diskurs unterordnet, lässt sich markieren. The french linguistic turn.

Sonntag, 12.Februar 2023

Reparationen - Der politische Alltag und und das Gespött, das ihn begleitet, spülen feinsinnige Fragen aus dem sprachlichen Fluss an die Oberfläche, vorausgesetzt man hört sie heraus.

Sicher, wer lästert nicht vollmundig über das tatsächlich schlechte Englisch unserer Außenministerin. Und als sich der Neue im Amt des Verteidigungsministers in Polen scheinbar verhaspelte und das schon ausgesprochene »reparation« zurücknahm, weil »reparation« im Englischen nicht Reparatur bedeuten würde, er aber Reparaturen an Panzern meinte – da ging das Schenkelklopfen gleich los. Dabei steht auf Englisch »reparation« durchaus auch für auf Deutsch »Reparatur«.

Ein Kommentator hielt es für angebracht, gleich eine freudsche Fehlleistung des Ministers aus dem sprachlichen Stolperer zu machen – er habe »reparation« gesagt, weil er nicht über die geforderten Reparationen Warschaus an Berlin sprechen wollte. Eine steile These, hinter der sich die anfängliche Frage verbirgt: Kann jemandem in einer Fremdsprache eine freudsche Fehlleistung überhaupt unterlaufen? Ist das Unbewußte also nicht nur wie eine Sprache gebaut, sondern an die Muttersprache gebunden?

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Aus Afrika laufen amüsante Nachrichten ein. Offenbar stehen die Chinesen überall vor dem Problem, das schon ihre Vorgänger plagte: Kolonialismus lohnt sich nicht, wenn die Kolonisierten sich nicht zivilisieren und disziplinieren lassen. Jetzt fehlt nur noch, daß christliche und kommunistische Missionare sich bei einem gemeinsamen Umtrunk gegenseitig bemitleiden. Wenn sie danach Afrika – und damit ist Schwarzafrika gemeint – in Ruhe lassen, wäre vieles gewonnen; vorausgesetzt, die Schwarzen bleiben mit allen Leiden und Schmerzen der Zivilisierung, die sie durchmachen werden, unter sich.

Samstag, 11.Februar 2023

Auslöschen - Putin will das ukrainische Volk auslöschen. Nicht ermorden, dann bliebe ja der Leichnam zurück. Nein auslöschen. Und was wollen die wesentlichen Politiker des Grafen Westwest? – Sie wollen die Frau auslöschen. An ihrer Stelle installieren sie den Transfrau, diesen letzten Schrei männlichen Gerätespieltriebs.

Wenn es juristisch möglich ist, wenn es also Gesetz wird, daß ein Vergewaltiger und Frauenmörder als selbsterklärter Transfrau in einem Frauenknast einsitzt, dann hat eine Gesellschaft einen neuen Tiefpunkt erreicht.

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11. Februar 1968; Uwe Johnson wird auf seine kalte, sezierende Art schmerzhaft wehmütig, läßt mich das Messer spüren, das dem Opfer in den Bauch gerammt wurde. Wer sagt was von Rammen? – Johnson jedenfalls nicht; darüber schweigt er. Aber wir lesen in den Nachrichten, wir denken uns zu den Bildern, wir hoffen noch in der Empörung über die Nachrichten – – Rammen.

Und wenn das Messer langsam zum Bauch geführt wird? Du es sehen kannst, derweil es sich nähert?– »Gibs auf, Du hast keine Chance«. – Das Messer drückt die Haut vor sich her bis sie reißt und der Stahl kalt zwischen Leber und Nieren hindurch bis zum Magen vordringt und das Innerste peinlich schmerzhaft sichtbar öffnet. – »Es war als sollte die Scham ihn überleben.«

Diesen Teil erspart uns die Nachricht. Aus Scham? – Seit wann kennen Nachrichten Scham? – Kennen Sie nicht. Aber sie wissen um den Aufschrei, würde der Moment des Erstechen-Werdens jedem spürbar vor Augen stehen und nicht von Worten wie Messerstecher verdeckt.

Freitag, 10.Februar 2023

Unerhörte Sirenen - Falls Revolutionen aus dem Verlangen entstehen, im öffentlichen Leben besser als die anderen präsent zu sein, dann ist das Internet eine permanente Revolution der unerhörten Sirenen. Und statt Odysseus kommen andere Sirenen in ihren Schiffen vorüber, singen um die Wette und hacken sich schließlich die Augen aus.

Die Europäische Union geht endlich gegen illegale Flüchter vor. Trotzdem titelt die Bild-Zeitung: »Zäune gegen Flüchtlinge«. – Gegen? – Nein, zum Schutz vor Flüchtlingen, muß es heißen. Nur die Grünen tanzen aus der Reihe und bestehen auf einem sonderwegigen Deutschland.

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Denken wir schneller, wenn wir laut redend denken? – In jedem Fall bemerken wir unsere Fehler eher. Es ist, als stießen wir mit der Stirn gegen eine Wand. Woher kommt ein Gedanke? – Laut gedacht, läßt er sich nicht mehr zurückverfolgen.
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Wieder äußert sich ein Militärfachmann zum Ukraine-Krieg, Luttwak, ein Spezialist für Strategie, so einer, wie sie im Preußischen Generalstab vor 1914 den Angriff auf Frankreich geplant haben. Er kennt weder die Karten des Landes noch hat er eine Ahnung über taktischen Details. Putin hat wahrscheinlich im Vorfeld des Krieges auf seine Strategen gehört. Das Resultat kennen wir.

Die Russen liegen im Osten der Ukraine fest und Kiew bildet immer weiter Soldaten aus und bekommt früher oder später 300 Kilometer HIMARS und Kampfflugzeuge. Die Zeit ist auf Seiten der Ukraine.

Donnerstag, 9.Februar 2023

Apropos Schaumschlägerei - Von einer »krebsartig wuchernden Produktion von Diskursen über den Sex« spricht Foucault und trifft den Nagel, an dem sich der Genderismus sein Bild vom Geschlechterverhältnis an die Wand hängen will, auf den Kopf. Butler führt einen krebsig-klebrigen Diskurs mit einer winzigen Zahl von Vorschwätzern und produziert ohne Bezug zu etwas Realem Schaum. Was an sich nicht weiter schlimm, weit eher ein unerhörtes und unbedeutendes Waschweibergerede wäre – wären da nicht die Waschweiber, die es in die Politik geschafft haben, ja geradezu einen Strom von Waschweibern in die Politik bilden. Eine Geräuschwelle, die sich auf ihrer ungewaschenen Wäsche treibend in die Politik und von dort in die Medien ergießt.

»Was macht ein Kolumnist, wenn ihm nichts einfällt, worüber er schreiben könnte?« – Das wäre eine unanständige Frage, wenn sie mit einer Antwort aufwartete, die genau diesen Leerpunkt des Anfangs und den Zwang, ihn mit Zauberhaftem zu füllen, anginge. Tut sie aber nicht. »In meinem Fall, in dem es ja um Philosophisches gehen soll, liegt die Lösung auf der Hand: Ich mache aus der Not eine Tugend und denke einfach darüber nach, woher eigentlich unsere Gedanken kommen (oder eben auch nicht) und was es überhaupt heißt, einen Gedanken zu haben.« Oder doch?

Diese Schweizer! Voegelin soll gesagt haben: »Lesen Sie die NZZ, das Außenministerium ist auch nicht besser informiert.« Gemeint ist das deutsche Außenministerium. Diese Schweizer gönnen sich noch wirkliche Gedanken. Woher kommen die Gedanken?

Und die Schweizer versuchen, der Paradoxie nachzugehen, daß so viele friedliche linke und grüne Politiker plötzlich Krieg spielen möchten. Enttäuschte Hoffnung, denn mehr als eine Beschreibung kommt nicht ans Tageslicht. Dabei wäre die Antwort auf diese Frage sicher ein Eckstein zum Verstehen dieser seltsamen Tage, in denen wir wie selbstverständlich über den Einsatz von Atomwaffen lamentieren, Putin immer einen Schritt hinterher.

Frau Baerbock zieht derweil die Richtlinienkompetenz der Sicherheitspolitik Deutschlands an sich. Gruselig, sich vorzustellen, daß einem der schrecklichen Kinder der Neuzeit mehr gestattet wird, als in der Kita die Krabbelecke zu zerlegen.

Mittwoch, 8.Februar 2023

Ein Wunsch, der Wirklichkeit wird? - Russland hat Europa schon einmal, 1945-1989, dauerhaft geteilt und zugleich bedroht - jetzt beginnt das Spiel, das unter Stalin begann, unter Putin von neuem, nur sehr viel konkreter und mit ständigen Anspielungen, Nuklearwaffen einsetzen zu können. Dieses Novum in der Weltgeschichte, falls denn Atomwaffen wirklich eine absolute Neuerung sind, hat noch kaum einer realisiert. Stalin wußte um die Kampfkraft und Bereitschaft des Westens noch aus dem Zweiten Weltkrieg; Putin dagegen hält den Westen für schwach, weil er sich in Selbstkritik selber zerfleischt.

Spekulation: Das russische Militär setzt zunächst, wie schon in Syrien, Chemiewaffen ein, deren Einsatz es dann, wie in Syrien, den Gegnern andichtet. Dann können die Atomwaffen als Vergeltung folgen.

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Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung sollte wegen Relativierung des Holocaust angezeigt werde. Nachdem die AfD das Verbot von Schächtungen fordert, verweist er auf 1933. Dabei weiß er so gut wie jeder andere, daß die AfD auf die moslemische Unsitte zielt, Tiere qualvoll ausbluten zu lassen; die Juden erhalten ihr koscheres Fleisch aus dem Ausland. Der Hinweis ist also historisch falsch und dient ganz offenbar nur der Diffamierung eines politischen Gegners. Hat der Mann den Titel seiner Amtestätigkeit falsch verstanden? Fühlt er sich zuständig, Antisemitismus zu schüren?

In jedem Fall relativiert der Antisemitismusbeauftragte den Holocaust. Aber das darf die Regierung. Die Regierung lässt ja auch Jugendliche ausbluten.

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Die Gedanken und sprachlichen Pirouetten von Fritz Mauthner sind immer wieder ein Freude. Aus seiner Warte einen Blick auf den Genderismus zu werfen, erhellt den Grund dieser von verklemmten Jungfern initiierten intellektuellen Verwirrung. »Die Sprache hat den Geschlechtsunterschied nicht nur auf die Formen der Wörter übertragen, sondern auch gegen alle Natur ein drittes Geschlecht konstruiert, das Neutrum, und hat diese drei Geschlechter ganz sinnlos allen ihren Dingworten aufgeklebt.«

Na ja, so ganz sinnlos dann wohl doch nicht. Denn als Beweggrund für diese Sinnlosigkeiten verweist Mauthner darauf, daß das Geschlechtsleben »wie alles Tun und Lassen der Menschen, so auch die Bildung der Sprache beeinflußt hat, nicht zuletzt die Formung des grammatischen Geschlechts.« Das ist doch mal eine unverfängliche, geradezu unschuldige Weise, pausenlos über Sex reden zu können. Mind the Indogermans.

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Ursprünglich schäumte das Geschlecht über zu den Worten und machte er, sie und mit es die Kinder dazu. – Der Genderismus versucht, umgekehrt, Worte schäumen zu lassen. Ich nenne das Schaumschlägerei.

Dienstag, 7.Februar 2023

Kolonialismus 2.0 - Und noch mehr Migration, fordern die Grünen! Und noch weniger klare moralische und ökonomische Verurteilung dieser Politik grüner Bequemlichkeit. Entwicklungsländer sollen die Schäden einer völlig verfehlten Bildungs- und Ausbildungspolitik von Grünen und Roten beseitigen und das auf Kosten eben jener Länder. Das nenne ich mal Kolonialismus 2.0.

Kein Wunder, daß sich Frau Lang in einen Sessel beim Fernsehn breit macht und genießt, daß jeder sie anschauen muss. So ähnlich haben Sklavenhändler gefühlt. Das Beste kommt dann aber noch: Die Migranten, die kommen, werden sie feiern. Ob der weitere Niedergang ihrer Heimatländer, denen die Fachkräfte fehlen, zudem ins Konzept passt? - Wir werden sehen.

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Ist das Abstrakte doch nur eine menschliche Hilfskonstruktion, weil wir uns all das Konkrete einfach nicht merken können? Schließlich glaubt jedoch kaum jemand, Gott müßte sich alles und von allen Einzelnen merken. Er weiß es. Wir dagegen kennen nur den Baum an sich oder auch nur das Wort, wenn wir uns erinnern und seine Buchstaben vor uns hinsagen wie eine Schnitzerei, die von der Grammatik ihren Platz zugewiesen bekommt und nicht von den Jahreszeiten. Realist und Nominalist sind so gesehen gleich erbärmlich.

Lauterbach sitzt noch immer im Amt. Schließlich brauchen die Medien einen Sündenbock für ein Versagen, das sie selber wesentlich mit zu verantworten haben.

Montag, 6.Februar 2023

Brieffreunde - Es gibt Wörter, die man nur hört, niemals spricht: schlenkrig. Stehe ich ihnen von Angesicht zu Angesicht gegenüber, überraschen sie mich wie ein Brieffreund, den ich noch nie gesehen habe, der mir aber auf seine Weise der Allerbekannteste ist.

Eine Studie aus dem Bundesumweltministerium verdient es, unter Betrug gebucht zu werden. Messen die Durchschnittsgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen mit einem Messgerät, das in der Mehrzahl von Betuchten gekauft und genutzt wird und sagen dann, die Lebenszeit der Welt würde durch eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 120 Kilometer pro Stunde deutlich verlängert. Steffi heißt die Ministerin. Ein Kleinmädchenname für eine infantile Betrügerin.

Sonntag, 5.Februar 2023

Die auf die Wissenschaft hörten - Noch immer kein Aufschrei, daß mit dem Eingeständnis, daß die Corona-Maßnahmen in den drei Jahren völlig nutzlos waren, weil die Wissenschaft sich verzettelt hat, auch die sogenannte Klimakatastrophe und ihre angeblich 98-prozentige Wissenschaftlichkeit fragwürdig wird. »Man muß immer auf die Wissenschaft hören«, tönte und tönt es aus mediengeilen Mäulern. Von Selbstkritik bei den Medien keine Spur.

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Putin wird woke. Russland drohe, so der irre Iwan, vom Westen kolonialisiert zu werden, so wie der Senegal und Sansibar, nur nicht so zauberhaft. Endlich stellt er Russland in eine Reihe mit Ländern, die seiner Wirtschaftskraft entsprechen. Obervolta mit Atomraketen, sagte Helmut Schmidt. Vollteffer!

Und was, wenn die Atomraketen tatsächlich abgefeuert werden? – Als wir vor einem Jahr im April in Venedig saßen auf dem Campo Santa Margherita saß und plötzlich etwa sehr tief über die Stadt flog, stand der Schock vielen ins Gesicht gezeichnet. Medwedew kann es ja kaum erwarten und es fragt sich, ob klare Worte nicht langsam besser wären. Die Hemmschwelle sinkt jedenfalls mit jedem Tag.

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Wer sich die Kolonialgeschichte anschaut, wird feststellen, daß nicht der Kolonialismus an sich spezifisch europäisch oder gar westeuropäisch ist, sondern die Selbstkritik daran. Kolonialisiert haben alle Staaten, sobald sie dazu in der Lage waren: Ägypter, Perser, Azteken, Inkas, Mongolen, Chinesen, Araber und natürlich auch Russen, die übrigens nicht nur bis Alaska kamen, sondern bis kurz vor San Francisco. Nur redet keiner davon.

Samstag, 4.Februar 2023

Im Fall des Falles - Ich muss die Frage noch einmal betonen: Was ist, wenn die Wissenschaftler beim sogenannten Klimawandel ebenfalls falsch liegen?

Wie beschränkt die mediale Intelligenz ist, lässt sich jeden Tag an ihren Fehlern bestaunen. Heißt es doch gestern in der Welt: »Wenn die Russen mit dieser Feuerfrequenz weiter schießen, ist der Krieg in 280 Tagen vorbei«; dazu eines dieser dussligen Videos, die nur aus Faulheit aufgenommen werden, weil Schreiben länger dauert und weniger Wörter produziert werden können als mit abgefilmtem Reden. Schießen die Russen weiter als die Ukrainer? Das soll natürlich nicht gesagt werden. Aber man weiß ja nie.

In Venedig abends in prächtig erleuchteten Gassen ein verspätetes Weihnachten mitsamt mehr zu Hause als in Berlin erlebt. Also beginnt man, die Sprache zu lernen, indem man sie zumindest beobachtet. »Molto grazie« ist ebenso möglich wie »Grazie molto«.

Die kyrillischen Buchstaben auf dem Grab von Brodsky wirken fremd in dem Teil von San Michele, der, hätte der venezianische Hauptfriedhof mehrere Etagen, aussieht wie ein Dachboden voll Gerümpel. Gräbergerümpel aus zwei Jahrhunderten. Bäume hineingewachsen in die Bäuche der Toten, die dort schon lange nicht mehr liegen. Fotos aus Zeiten, als sie noch nicht vergilbten und wirklich für die Ewigkeit an die Grabsteine angefügt wurden.

Ich muss die Frage noch einmal betonen: Was ist, wenn die Wissenschaftler beim sogenannten Klimawandel ebenfalls falsch liegen? – Eigentlich müsste es den Ministern und Aktivisten und den Medienmächten beim Gedanken an die Antwort kalt den Rücken runtergehen. - Die Wissenschaften?!? Fehlbar!?!

Freitag, 3.Februar 2023

Paradoxie der Demokratie - Raffiniert sind sie ja schon, diese Medien.

Nachdem Herr Lauterbach nacheinander die Wirkungslosigkeit seiner zunächst geforderten und dann implementierten Maßnahmen eingesteht, dreschen sie auf den Minister ein. Nicht ganz zu unrecht, sicher.

Nur haben sie nicht fast ausnahmslos auf die Kritiker der Maßnahmen eingedroschen? Wurde das ganze Corona-Regime nicht von der schreibenden und redenden Zunft flankiert in Artikeln und Talks-Shows? – Natürlich wurde es das. Nun zieht sich die Journaille zurück, macht einen auf unbeteiligten Berichter und verdreht dabei alles. Sie ist die Macht, die stets neutral Reales zeigen will und stets verbissen Wirrnis stiftet.

Was ist eigentlich, wenn es mit den Aussagen über das Klima ebenso ist, wie mit den Maßnahmen gegen Corona? Wenn die Wissenschaften schlicht falsch liegen? – Sind dann die Politiker schuld oder die Wissenschaften oder die Püppchen aus den Agit-Prop-Studios?

Paradoxie der Demokratie: Wer in die Politik geht, merkt bald, daß er sich dort vor allem mit jenen auseinandersetzen muss, mit denen er zuvor noch einer Meinung war. Und dieser Kampf ist meist härter, als der mit dem politischen Gegner.

Donnerstag, 2.Februar 2023

Damen in Venedig - Kurzsichtiges Denken ist in politischen Kreisen besonders verbreitet. So reden jetzt alle deutschen Moskowiter, durch die Waffenlieferungen an Kiew befände sich Deutschland mit Russland im Krieg; aber keiner fragt, ob sich dann nicht der Iran im Krieg mit der Ukraine befindet?

Kriegslust und Kriegsangst sind Spießgesellen der Radikalen.

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Die Corona-Epidemie geht zu Ende. Und nach und nach erweisen sich fast alle Maßnahmen als wirkungslos. Lauterbach gibt das sogar selber zu. Er gibt zu, daß er in fast allem unrecht hatte. Was er aber nicht zugeben wird: Die Corona-Leugner hatten in dem meisten, was sie über die Maßnahmen sagten, recht. Das gesagt zu haben, reichte, um sie medial und sozial zu vernichten. Und jetzt?
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Seltsam, daß Foucault zwar von der Lust am Wissen spricht, nicht aber über diese Lust und was sie treibt.
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Natürlich geht eine alte Frau, die sich fein kleidet, durch die Gassen Venedigs, weil sie angeschaut werden will. Sie will noch einmal das Leben spüren, das Leben der Lust. Aber wer küßt sie, damit sie in diesem einen Kuß versammelt noch einmal alles spürt: Liebe, Begehren, Erfüllung. Das wäre ein wahrhaftes Geschenk. Aber der typische männliche Wille ist weder frei, sich einer schönen Frau zu entziehen noch einer alten Frau zu dienen. Deshalb ist er so läppisch.

Mittwoch, 1.Februar 2023

Thema Numero Eins - Wir reden und diskutieren über Sex im öffentlichen Rahmen und kontaminieren unser Denken mit den Argumenten öffentlich geführter Diskurse, was durchaus nicht das gleiche ist, wie zu sagen, der Diskurs ginge dem Geschlecht voraus und schon gar nicht, das körperliche Geschlecht ginge dem sprachlichen voraus. Die Sprache determiniert die Sprache der Geschlechter, mehr heißt es nicht.

Das Reden über Sex gehört in seinem Reiz dazu. Und es lebt vom Geheimnis. Es lebt vom Lüften der Geheimnisse. Es lebt vom Analysieren. Wenn der Genderismus die Eindeutigkeit der Geschlechter anheim stellt und ihre Zuordnung freistellen will, dann initiiert er einen steten Diskurs und nur dieser Diskurs ist ihm wichtig. Das ist es, was seine Kritiker nicht bemerken, wenn sie für das Männliche und Weibliche streiten. Ihre Streitlust ist Teil des Manövers.

Wer früher über Onanie diskutieren wollte, erreichte eines sicherlich nicht: Sie zu unterdrücken. Auch wenn es schwerfällt: Redet nicht Genderisten. Diskutiert nicht mit ihnen. Die moslemischen Schüler in den Grund- und Oberschulen machen es richtig: Sie lachen den Lehrer einfach aus. Und der steht so blöd da wie der Lehrer früher, der über Onanie reden wollte.

Wer auf Anhieb weiß, wo Palau genau liegt, darf herzlich über die Blödheit der Klimaaktivisten lachen, die zur besten Sendezeit Palau vier Milliarden Seelen zuteilen.

Sinnvoller wäre es, darüber nachzudenken, wieso Staatssender immer wieder auf Girlies zurückgreifen, wenn sie Klimapropaganda betreiben. Oder betreiben sie gar keine Propaganda fürs Klima, sondern nur für sich selber? Geht es überhaupt nur um den medialen Machtapparat und seine Erhaltung?

Informationen sind Waren. Girlies sind Waren, die hinter der Mattscheibe ausgestellt werden. Unverbraucht, dumm, Blick: tiefernst, Haltung: melancholisch (im Sinne Freuds). Welcher Autofahrer würde sie nicht für sich entkleben und zu sich nach Hause mitnehmen.

»Klimalolitas« – geschüttelt und gerührt entstehen hier sehr viele Worte zwischen Kitas und Klitoris.

Dienstag, 31.Januar 2023

Putin-Vergleiche - Im Umgang mit dem russischen Präsidenten Putin rächen sich dieser Tage so manche liebgewonnene politische Machtinstrumente. Eines davon, die Unvergleichbarkeit des Holocaust, fällt den Zeitgenossen geradezu auf die gemütlich im historischen Ohrensessel ausgestreckten Füße. Diesmal ist es Herr Winkler, ein, wenn man berücksichtigt, daß er SPD-Mitglied ist, nicht ganz schlechter Historiker. Gefragt, ob Putin mit Hitler vergleichbar sei, sagt er deutlich: Nein.

Immerhin erspart Winkler dem Leser den Hinweis, Vergleichbarkeit sei nicht Gleichsetzung, mit dem heute jeder Journalist aufwarten kann, ohne zu merken, was er da redet. Denn natürlich ist die Vergleichbarkeit immer schon ein Stück Gleichsetzung; schließlich wird niemand Äpfel mit Autos vergleichen, außer vielleicht in einer Satire. Dabei ist die politisch-polemische Dimension noch überhaupt nicht bedacht, die allein in der Nebeneinanderstellung entsteht.

Winkler beschränkt sich, er ist Wissenschaftler, auf das gute alte Verfahren der Argumentation. »Der russische Präsident wolle nicht die Juden ausrotten«, ist so ein Argument. Und der Leser soll wohl stillschweigend annehmen, die Juden wären hier nicht wörtlich gemeint, sondern eher im Sinne von: Putin wolle kein Volk ausrotten.

Kurz darauf bemerkt Winkler dann, der Krieg gegen die Ukraine trage »Züge eines Vernichtungskrieges«. Zur Erinnerung: Das Standardwerk zum Holocaust trägt den Titel: »Die Vernichtung der Europäischen Juden.«

Doch Winkler merkt nicht nur nicht, daß er sich eklatant widerspricht. Er merkt auch nicht, in welche Falle die Unvergleichbarkeit des Holocaust das aktuelle politische Handeln uns geführt hat. Denn falls Hitler unvergleichbar böse ist, kann es auch in Zukunft keinen Hitler mehr geben. Es geht hier für einen Moment nicht um die Fakten; es geht allein um das verhängte Denkverbot und seine Wirkung.

Wenn nämlich der Blick in die Zukunft Hitler ausblenden soll, dann können wir einen weiteren Hitler nicht erkennen. Also wird der Gedanke verboten, daß ein Politiker, der Europa so offen mit Atomkrieg droht, weil Europa sich entschlossen hat, einem Opfer Putins mit Waffenlieferungen beizuspringen, wie ein Hitler sei.

Und in welcher Kategorie läuft dann ein Politiker, der offen mit Atomschlägen droht, um seine Aggressionspolitik durchzusetzen? – Sicher handelt es sich nicht um einen Harry S. Truman, den US-Präsidenten im August 1945. Auf seinen Befehl hin wurden Hiroshima und Nagasaki zerstört, nur geschah das nicht in der Rolle des Erpressers. Das wäre der Fall gewesen, falls Truman Russland mit der Drohung unter Druck gesetzt hätte, Atomwaffen einzusetzen, über die nur die Vereinigten Staaten verfügten – ein Vorteil, den Washington nie ausgenutzt hat.

Putin ist anders. Er ist Gewaltmensch wie Hitler und neurotisch ist er auch noch. Weiter will er das Russische Reich in den Grenzen von 1945 wiederherstellen, also bis an die Elbe. Und in der Ukraine führt er einen Vernichtungskrieg gegen die Ukrainer. Kurz gesagt: Putin ist mit Hitler vergleichbar und wird nur mit den Atomwaffen der westlichen Alliierten davon abgehalten, so zu werden wie Hitler.

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Wenn Foucault das Geständnis als Weg der Macht in Zeiten der Aufklärung beschreibt, erhält das »Coming Out«, dieses öffentlichwirksame Sexualisierungs-Ritual, eine völlig neue und ganz offenbar treffende Bedeutung. »Aufklärung«, »Befreiung« und »unendliche Wollust« heißt der Dreischritt der Moderne, wenn sie sich der Macht unterwirft.
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Venedig wird niemals vertraut und hüllt zugleich in die Wohligkeit seiner Schönheit ein. Ein einziges, ewiges Erstes-Mal.

Montag, 30.Januar 2023

Der Kreter, der lügen muss - Da debattiert jemand über Seiten mit Deterministen, die meinen, alles sei vorherbestimmt und geregelt durch Weltgesetze. Daß ihre eigene Antwort auf die Frage – welche Frage eigentlich? – ebenfalls vorbestimmt ist – also eigentlich gar keine Frage ist –, scheint ihnen nicht eine Sekunde in den Sinn zu steigen.

Ach, die gute alte Selbstbezüglichkeit. Der Kreter, der nichts allgemeingültiges über die Kreter sagen darf, der Mathematiker, der nichts über die gesamte Mathematik sagen darf. So schleichen sich Psychosen in die harten Wissenschaften des Geistes. Am Ende haben sie über alles etwas gesagt und manches stimmt eben nicht oder es fehlt noch etwas. Selbstbewußtsein entsteht eben am Widerspruch oder am endlosen Band der niemals vollständig bewiesenen Sätze.

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Jetzt fürchten alle, Putin könne mit seiner geplanten Offensive früher als gedacht, beginnen. Und keiner merkt, daß die versprochenen Panzer, ohne auch nur einen einzigen Schuss abgefeuert zu haben, Putin in eine Falle locken. Denn wenn irgendwas schiefgeht, dann sind es verfrühte militärische Offensiven. Die Russen haben sich vor einem Jahr selbst nach umfangreichen Vorbereitungen komplett verzettelt. Wie das gegen vorbereitete Ukrainer ausgeht, kann man sich denken. Zumal Putin in der Schlacht um Bachmut jetzt seine Fallschirmjäger einsetzen soll, die erschöpfte Wagner-Söldner ersetzen. Sollten die Russen tatsächlich ihre Eliteeinheiten in einem Kampf um diese Kleinstadt verheizen, dann müssen sie wirklich fertig sein.
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Foucault spricht von einer »Polizei des Sexes«. Und davon, daß die Macht sich aufgeschäumter Krankheiten bedient, um den Sex in Griff zu bekommen. Oder sollte man nicht besser sagen: Um den Bürger am Haken »Sex« an Land zu ziehen? – Eine EU-Präsidentin, die von Liebe spricht, sollte jedem Bürger verdächtig vorkommen, insbesondere wenn sie von einer Liebe spricht, sieben Kinder hat und beruflich für den Staatsapparat unterwegs ist. Und eine Innenministerin, die aussieht wie eine Orange Mitte Februar, die sogar von »einer Liebe« propagandiert, erst recht. Foucault benennt die Macht nicht ein einziges Mal konkret, so daß er sich liest, als hätte Yoda nachgedacht.

Hier, in Politikern, die von Liebe reden, um Herrschaft über Jugendlichen mit einer Geschlechtsirritation zu erlangen, findet das Wort von der Macht seine Bedeutung.

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Manchnmal ist es sinnvoll, ein Wort ohne eine Bedeutung zu lassen. Es findet sie später von selber.

Sonntag, 29.Januar 2023

Der Tod nach Venedig - Venedig, Stadt in die man nie bewußt das letzte Mal fährt, so lange man den Zeitpunkt seines Todes nicht kennt, und sei es auch nur, um zu sehen, ob sie wirklich die schönste ist in allen Ländern. Das Grau in Wasser und Himmel verdient einen halben Tag des Nachdenkens. Dann über das hervorhebende Grau im Dach von »San Marco« erstaunt, dessen metaphernde Wellen im Sommerlicht die Oberkante des Dogenpalast nur wenig überspülen. Jetzt, Ende Januar, überragt der Dom seine Umgebung mit klarem Kontrast. Meer, Dach, Himmel - drei Grau.

Plötzlich steht draußen »Venezia Mestre«. Wo ich »Verona Porta Negra« erwartete sind wir fast am Ziel. Freude, schon so weit zu sein, wie in einem erfüllten Wunschtraum. Geglückte Überraschung. Wenn mal diese Freude nicht signalisiert, es möge schneller vorbei sein.

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Wieso sprechen wir vom »Kolonialismus«, wenn wir nur den »europäischen Kolonialismus« meinen? Und wieso wird nur Europa kritisiert, wo doch die europäischen Kolonialisten die bis heute ersten und einzigen waren, die ihren Kolonialismus geißelten? Beginnend mit den Mönchen, die an Cortez nichts gutes ließen bis zu den woken Weibern, die sich einen Neger zur Brust nehmen; nur daß die Mönche, vielleicht weil sie einen wichtigen Baustein kirchlicher Macht darstellten, es ehrlich meinten, wohingegen die zumeist hässlichen Weiber ihre Wut austoben wollen, ihre Wut über das Schicksal, das es nicht gut mit ihnen meinte, äußerlich, meine ich.
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Noch immer kann mir keiner erklären, was die Grünen antreibt, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Die Putinanhänger machen es einem da zumindest vordergründig leicht. Es sei denn, es ist bei beiden Gruppen die Dummheit gepaart mit Machtgier; bislang die plausibelste Erklärung. Grüne und AfD gieren nach Wählerstimmen. Die AfD erntet bei den weiterhin friedensversessenen Linken und die Grünen ernten bei den kriegsbereiten Linken.

Freitag, 27.Januar 2023

Holocaustgedenktag - Tag des Holocaustgedenkens. Wieder einmal, greifen die Falschen nach den jüdischen Opfern und saugen sie aus. Bestimmen darüber, wer erinnern darf und wer nicht. Erinnerung als Ritual und Bindematerial.

Grotesk, wenn ausgerechnet die nach Moskau gewandte deutsche Rechte sich immer schneller der Worte der Grünen von der sogenannten Friedensbewegung bedient. Und die Verblendung ist so vollkommen, daß sie es wirklich nicht merken und noch stolz darauf sind, über ein Plakat mit dem Hinweis, die Wahl der AfD sei wie die Wahl der NSDAP 1933 kleben: Das sagen die, die heute zu den Waffen rufen wie die von 1914. Beides ist Unsinn. Unsinn – eine falsche Kategorie in der Politik.

Das Gleiche bei Foucault, der, ohne es selber zu wirklich zu wissen, die falsche Liberalität der Moderne beschreibt. »Unsere Epoche war die Wegbereiterin sexueller Heterogenität«, schreibt er unter dem Untertitel »Die Einpflanzung von Perversion«. Und dann spricht er von einer »Heraushebung einer spezifischen Dimension der ›Widernatur‹«. Wer Beschreibungen des Heute sucht, wird bei ihm fündig. Andere als seine Wendungen könnten kaum treffender sein: »Auftauchen peripherer Sexualitäten«, »Gesellschaft der blühendsten Perversionen«, »Familie der Perversen«.

Foucault ist ein lausiger Empiriker. Aber er ist eben kein Positivist. Seine Gedanken sind freischwebend und auf heute – zufällig? – absolut passend. Die ganze Genderei ist nur eine weitere Stufe der Machtentfaltung durch den Dauerdiskurs über Sex. So gelesen wird Foucault ebenso wie Agamben zu einem Denker der politischen Rechten. Beide weisen Wege, die Machtentfaltung der politischen Linken auf ihren Wegen und mit ihren Strategien zu erfassen. Falls denn jemand dieses Begriffspaar noch braucht und nicht gleich zu Schmitt zurückkehrt und das weitere Denken in den Kategorien Freund und Feind, jeweils auswechselbar, laufen und sich entfalten lässt.

Ein ewiges Bäumchen-Wechsel-Dich, gut erfasst in der Formulierung »Rot-Grüne Rassenlehre«, über die die Innenministerin so erbost ist.

Donnerstag, 26.Januar 2023

Messerbürgerkrieg - Die Presse ist voll mit dem mörderischen Angriff eines Arabers in einem Regionalzug in Norddeutschland. Zwei Tage Aufregung und dann werden die Politiker wieder Rechte verfolgen und die eingeschleusten Araber machen lassen, wie es ihnen gefällt.

Wahrscheinlich ist aus der ideologischen Verbindung mit diesen Terroristen längst Angst vor dem Schaden geworden, den das Eingeständnis einer falschen Politik bewirkte. Instinktiv fühlt wohl jeder von diesen verbohrten Grünen und Sozialdemokraten, daß dieser Krieg verloren ist. Die haben den Teufel ins Land gelassen und nun beißt er ihnen die Hand ab. »Du wußtest, daß ich eine Schlange bin«, schallt es still durchs Land. Auch dieser sogenannte Palästinenser ist ein Mörder. Nicht der erste. Und nicht der letzte.

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Was macht dieses Land so schwer erträglich? Die Verblendung? Die Blödheit? Wenn gestern in einem rechten Portal ein Putinanhänger witzig sein will und ausführt, das Mittel des IQ sämtlicher Regierungsmitglieder läge noch unter der mittleren Temperatur an der russischen Südpolstation »Wostok«. – Dumm, wenn man zu dämlich ist, seine eigenen polemischen Bilder zu Ende zu denken. Bekanntlich gibt es keine negativen Werte für den IQ. Aber es ist ein schönes Beispiel, wie man nicht formulieren sollte. Immerhin.

Schon amüsant, Rechte reden zu hören wie die Grünen 1980 und die Grünen zu hören, wenn die Grünen reden wie die Rechte vor hundert Jahren. Die Panzerlieferungen sind unbedingt richtig. Aber Hofreiter kann mich mit seinem Geschrei nicht überzeugen.

Mittwoch, 25.Januar 2023

Wettrennen - Putin hat das Wettrennen um Scholz verloren. Die SPD stimmt der Lieferung von Panzern des Typs Leopard 2 zu und kann Ihre Politik des feigen Hinhaltens nicht mehr länger beibehalten; schlimm genug, daß ihr das so lange gelang. Wäre Putin nur etwas erfolgreicher gewesen, dann hätte die SPD weiter verzögert und die Russen könnten die Ukraine früher oder später kassieren und kein Sozialdemokrat würde groß etwas machen. So aber haben die Waffen gesprochen und Europa und die Ukraine haben gewonnen.

Wurde Scholz vom polnischen Ministerpräsidenten bloßgestellt? - Im gewissen Sinne. Denn die SPD, als Partei mit der großen Klappe, muss von der Bemerkung »Europa und die Ukraine gewinnen den Krieg – mit oder ohne Deutschland«, getroffen sein, auch wenn diese Partei Feigheit als Einwand nicht gelten lässt, schließlich ist sie immer feige gewesen.

Jetzt gilt es, die entsprechend ausgerüsteten schnellen ukrainischen Verbände zu schaffen. US-Ausbilder gibt es genug. Stoßen die Ukrainer erst einmal bis zum Asowschen Meer durch, dann hängt das westlich anschließende Gebiet in der Luft und die Nachschubwege zur Krim liegen unter Feuer. Die Befreiung des Donbas ist wäre eine Frage der Zeit.

Weißrussland wird nach dem »Ja« des Westens zu umfassenden Panzerlieferungen keinen Angriff mehr wagen, da die polnischen Panzerverbände an ihrer rechten bzw. westlichen Flanke nur darauf lauern, ihnen den Garaus zu machen. Man kann sagen: Seit 1905 wurde Russland militärisch nicht mehr dermaßen gedemütigt. Nach einem Sieg über Russland wächst mit der Einheit Polen und Ukraine ein neues Machtzentrum in Europa heran. Die EU wird in Zukunft sehr viel kleinlauter werden.

Natürlich sind die Medien wieder einmal voll mit dem üblichen kleinlauten Gerede. Zitat aus der Welt: »Weder Warschau noch Riga können im Zweifelsfall einen russischen Vorstoß auf Nato-Gebiet abwehren – nur die Amerikaner sind dazu in der Lage.« – Lesen diese Leute keine Zeitung? Genau das hat man von der Ukraine auch gedacht. Eigentlich sollten Jounalisten langsam verstanden haben, daß kriegerische Ereignisse nicht so leicht vorhersehbar sind. Niemand gab 1948 einen Pfifferling auf Israel, niemand 1965 auf Vietnam und eben niemand 2022 auf die Ukraine. Nur mal zur Erinnerung: Europa hat 500 Millionen Einwohner und eine enorme Wirtschaftskraft. In militärische Kraft umgewandelt, wäre es sehr schnell eine Großmacht. Allerdings nicht unter von der Leyen.

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Ständig über »Sex« reden, verinnerlicht die Macht – so Foucault und das auch zu recht. Ständig über »Gender« reden, verinnerlicht die Macht dann aber ebenfalls. Welche Macht? – Das ist die falsche Frage.

Die richtige Frage lautet: Was bewegt die mittels der steten Rede von »One Love« mühsam unter der Decke gehaltene staatliche Anweisung zum gesünderen Sex in uns. Was heißt es, wenn jetzt schon EU-Präsidenten zur Befreiung der Sexualität aufrufen, als wäre das nicht Sache des Einzelnen. Sie, diese Dauerrede, führt zu Austauschbarkeit und Beliebigkeit, folglich zu Konsum und mehr Konsum. Das wäre das eine.

Aber sie führt in ihrer kruden Symbolik von Gendersternchen, Unter- und Bindestrichen zur Technisierung der Sprache. Remove Schüler*innen löscht alle Geschlechter, wissen die Älteren noch und die neueren Bediener von Linux auch heute. Ein digitaler Diskurs macht sich in unseren Hirnen breit und wir digitalisieren buchstäblich von Innen. Auch so kann man Foucault lesen.

Denn die Grundidee ist richtig: Der Diskurs fängt uns ein. Er macht aus »Sex« schlussendlich »Gender«. Abschied vom Körper und seinem Einfluss und von seiner Abhängigkeit.

Dienstag, 24.Januar 2023

Sprachlose Geschlechter - Saussure betont die gesprochene Sprache gegenüber der Schrift. – Ist die Schrift überhaupt Sprache? – Wenn das aber so ist, wenn Schrift sich grundlegend von Sprache unterscheidet, dann sollte unsere Sorge um die Sprache angesichts der Angriffe durch den Genderismus sich etwas beruhigen. Denn nur in der Schrift tobt er sich mit seinen Lächerlichkeiten aus. Niemand spricht glucksend und wer es macht, macht sich gleich doppelt lächerlich: Durch seinen Gehorsam, denn wie Gehorchen klingt es, und durch seine offenkundige Unfähigkeit, angemessen zu sprechen. Es kommt ja auch niemand auf die Idee, eine Verwaltungsvorschrift laut vorzulesen, außer er will sich lächerlich machen.

Der Genderismus bewegt sich ausnahmslos auf der schriftlichen Ebene, greift aber nicht auf die Sprache über.

Der Genderismus wird irgendwann still und heimlich verschwunden sein. Wie alle Versuche, 3D-Techniken im Film einzuführen. Filme kommen von Bildern und die brauchen keine dritte Dimension. Sie ist lächerlich, weil sie Augen und Hirn nicht zutraut, diese Dimension selber zu schaffen. Beide sind unterfordert und wie könnte das zu gutem Kino führen.

Montag, 23.Januar 2023

Rechte Putinversteher - Auf einer der AfD nahestehenden online-Plattform angegiftet zu werden, weil man die Ukraine unterstützt, hat schon was seltsames. Was geht in diesen Politikern vor, daß sie sich als unterdrückte Meinung verstehen, selbst aber keinen Deut besser sind? Daß jemand andere Meinungen unterdrückt, mag ja angehen, ist immer im gewissen Sinne – »Politik ist das Denken in Freund und Feind« – durchaus verständlich. Aber in diese Richtung machen, was man in der anderen Richtung verdammt, das hat schizophrene Züge. So wie jetzt viele deutsche Rechte Moskau anhimmeln. Sind die Verbrechen an Deutschland schon vergessen? Die Vergewaltigungen? Vertreibungen?

Dieses Tollhaus wird nur noch von den Grünen übertroffen. Sie liegen ja richtig mit ihren Forderungen – aber was ist in ihren Köpfen passiert? Ist Macht doch automatisch mit einem affirmativen Verhältnis zur Gewalt verbunden? Das wäre eine Psychostudie wert. Auch die Hippies von 1968 sollen ja in Vietnam die Rache für die Niederlage ihrer Väter gesehen haben. Absurd, aber plausibel.

Heute vor 80 Jahren brach die letzte Woche des Kessels von Stalingrad an. In den Medien erscheinen die ersten Erinnerungen. Das übliche triste Jammern, wie es schon bei den Nazis einen Tag nach Ende der Schlacht angestimmt wurde, nur mit umgekehrten ideologischen Vorzeichen, aber so oder so passend zu Bruckners zweitem Satz aus der Siebenten oder dem Trauermarsch aus der »Eroica«. Fachmilitärisches suche ich vergebens. Aber vielleicht kann es das auch nicht mehr geben ohne neue Erkenntnisse.

Sonntag, 22.Januar 2023

Mach mir den Leoparden - Die Diskussionen um den Leopard 2 nehmen langsam groteske Züge an. Die SPD ziert sich, die Grünen spritzen gleich ab und die FDP kümmert sich lieber um die Regenbogenfamilie. Oder will die SPD sich nur Bitten lassen? Genießen hier einige gerade das Gefühl, über eine begehrte deutsche Technologie zu verfügen? Und wohl für lange Zeit das letzte Mal. Also der Leo 2 als eine Art technische Tor-Schluss-Panik der Bundesregierung.

Am Ende macht der Leopard womöglich den Marder. Der Leo 2 wurde ja bereits unter kriegsähnlichen Bedingungen eingesetzt; von der Türkei in Nordsyrien. Allerdings mit nur mäßigem Erfolg, was aber wohl an der hasenfüßigen türkischen Infanterie lag. In der Berliner Innenstadt Rennen fahren, ist eben was anderes. Kein Kebab-Schnippler will, verständlicherweise, für Erdogan sterben.

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Nein, Lehrer verängstigen Schüler nicht. Aber sie verletzen unter Umständen ihre Schamgefühle.

Das gilt auch umgekehrt. Wer Lampenfieber hat, vor einer Klasse nicht reden will, Vorträge meidet, der verspürt keine Angst, sondern sieht seine Scham bedroht. Adam und Eva aßen vom Baum der Erkenntnis bedeutet, sie aßen vom Baum der Erkenntnis ihres Unwissens; eine geradezu sokratische Wendung.

Wenn wir jemandem gegenübertreten und besorgt sind, Unsinniges zu sagen oder uns zu irren, dann unterscheidet sich diese Sorge von der Angst oder meinetwegen auch der Furcht, überfallen zu werden. Wir haben Sorge, nackt dazustehen, entblößt vom schützenden Wissen. Es ist keine Empfindung, die sich auf die Verletzung des Körpers bezieht, auch wenn wir vom verletzten Schamgefühl reden; diese Wendung ist lediglich eine Metapher. Der Geist gerät unter Druck.

Von hier aus erscheint Freuds Bemerkung, Schamlosigkeit sei die erste Stufe zum Schwachsinn, in einem anderen Licht. Schwachsinn meint plötzlich schwach im intellektuellen Sinne.

Der Lehrer muss, um erfolgreich zu sein, das Schamgefühl seiner Schüler ansprechen. Kommt daher die Erotik des Unterrichtens?

Samstag, 21.Januar 2023

Grammatik, schwer gemacht - In einem Gespräch berichtet der Redenschreiber Emanuel Macrons, Sylvain Fort, von einem bemerkenswerten Niedergang in Frankreich: Kaum jemand ist dort noch bereit, die Sprache des großen östlichen Nachbarn zu lernen. Deutsch ist immer unbeliebter. In Paris gibt es, wie er enttäuscht feststellt, nicht einmal mehr einen deutschen Buchladen.

Fort gehört zu den heute seltenen Exemplaren im Dunstkreis der Politik, die nicht nur ein leidenschaftliches Interesse an Kultur pflegen; er begeistert sich auch für Wirtschaft und militärische Fragen, arbeitet an einem »Liebeslexikon der französischen Armee«, übersetzt aus dem Alt-Griechischen und schätzt die deutsche Sprache. Was will man mehr. Kaum vorstellbar, daß sich in den quotierten deutschen politischen Vereinen so jemand lange hielte.

Mittlerweile hat Fort das Umfeld der französischen Regierung wieder verlassen – und kann offener sprechen. Etwa über den Niedergang der deutschen Sprache in Frankreich. Sie wird nicht mehr unterrichtet und die Zeiten, als ich in Frankreich mit Englisch nicht weit kam, weil die meisten Franzosen zu meiner Überraschung lieber Deutsch sprachen als Englisch, sind wohl vorbei.

Das bliebe alles im Rahmen der üblichen Trauer über den kulturellen Niedergang, der ja ohne Frage stattfindet, wenn Fort nicht auf die genauen Gründe eingehen würde. Und die sind leicht zu benennen: Das Deutsche gilt vielen Franzosen als zu schwierig und daher als elitär. Und elitär ist heute nicht angesagt. Auch in Paris wird die einfache Sprache bevorzugt; also Ausdrucksweisen, bei denen sich Politiker insbesondere aus dem linken und grünen Lager immer noch schlau vorkommen dürfen.

Und dann nennt Fort in wenigen Sätze die zentralen Gründe für den sprachlichen Niedergang. Lehrer und Schüler vermeiden die Zumutungen grammatikalischer Strenge, insbesondere die deutsche Grammatik, »die eine gewisse intellektuelle Disziplin voraussetzt«. Überraschend und richtig ist der Sprung, den Fort macht: »Jüngstes Opfer dieser Politik in Frankreich ist die Mathematik. Wir haben es mit einem sagenhaften Misstrauen gegenüber allen Fächern zu tun, die intellektuelle Sorgfalt und Anstrengung erfordern und die man objektiv beurteilen kann. Die Grammatik ist etwas Objektives. Da kann man nicht schummeln. Ein Satz ist entweder richtig oder falsch. So wird Stein für Stein der alte Exzellenzanspruch abgebaut. Nur bleibt am Ende gar nichts mehr übrig.«

Einmal mehr zeigt sich: Die Sprache und dort die Grammatik bestimmt unsere Fähigkeit, tiefer zu denken. Sicher, auch der Wortschatz hat seine Bedeutung. Aber das Einstimmen des Geistes auf ein Regelwerk vermittelt die Sprache. Und es würde mich nicht wundern, wenn das elende Gendern genau aus diesem Grund von den dürftigen Zeitgenossen so sehr präferiert wird. Wo eine Hochsprache mit dem generischen Maskulin ihre Verbeugung vorm abstrakten Denken macht, sabbern linguistische Dumpfbacken Stammwortlisten mit variablen Endungen über alle Gedanken.

Mathematiker wissen: Ein Beweis hat eine Ästhetik und die folgt vor allem einem Grundsatz: Je kürzer umso ergiebiger, umso fülliger, um so aussagekräftiger. Nur so bilden grammatikalische Struktur und logischer Inhalt eine wirkliche Einheit.

Freitag, 20.Januar 2023

Die Augen weit geschlossen - »Eyes Wide Shut« erzählt: Das Leben teilt sich in zwei Abschnitte: In dem es unendlich scheint und in dem es zu Ende geht. Manche riskieren nur in der ersten Hälfte alles, manche in der zweiten. Aber kann man in der ersten von Risiko sprechen? Wissen Götter überhaupt, was ein Risiko ist? Aber eigentlich unterteilt sich alles Erleben in diese Hälften, die eine Kette bilden.

Viele Medien fragen gerade nach der Bedeutung von Lützerath und des Auftritts der »Ikonen« Neubauer und Thunberg. Inszeniert sah es ja aus. Doch warum? Was soll samit gesagt oder gezeigt werden, daß die Grünen Polizei, Demonstranten und Unternehmen in eins sind? Es ist doch sehr viel eher das Ergebnis einer längeren Entwicklung, die Politiker aus diesen Kreisen an die Macht gespült hat. Am Ende dieser Entwicklung treten dann bestimmte Figuren an bestimmten Plätzen auf. Die Grünen haben sich an die Schaltstellen der Macht bugsiert – und das mit 14 Prozent. Es ist die reine mediale Macht, wie man beim plötzlichen Sturz von Frau Baerbock vor eineinhalb Jahren sehen konnte. Schillernd sind nicht die Grünen, sondern die Medien, von denen niemand sagen kann, wen sie morgen mögen. Ihre Währung ist die Aufmerksamkeit. Und die vergeht wie der Reiz des anderen.

Donnerstag, 19.Januar 2023

Die Wahrheit liegt auf dem Schlachtfeld - Das wird den Putin-Verstehern nicht gefallen: Einer ihrer beliebtesten Zeugen, Henry Kissinger, wechselt die Seite. Der ehemalige Außenminister der USA gehört ja schon seit Jahren in diese seltsame Kategorie von politischen Exoten, die eine eigene Meinung haben und die immer mal wieder zum besten geben. Peter Scholl-Latour war auf seine Weise ähnlich. Todenhöfer würde ich auch dazu zählen. Immer wieder kam ein klein wenig Weisheit heraus, etwa wenn Scholl-Latour darauf hinweist, daß »wer halb Kalkutta aufnimmt, nicht etwa Kalkutta hilft, sondern selbst zu Kalkutta wird!«

Kissinger, der sich nicht zu eitel war, den Friedensnobelpreis anzunehmen, weil er den Rückzug der USA aus Vietnam ausgehandelt hatte, hat für die Ukraine einen einfachen Vorschlag, um mit den Russen Verhandlungen aufzunehmen: Die Russen ziehen sich aus allen Gebieten außer der Krim zurück und dafür wird die Annektion der Krim akzeptiert.

Bleibt die Frage: Wie die Verhandlungen eröffnen, ohne mit diesem Vorschlag als im Grunde Forderung hineinzugehen? Denn Verhandlungen bedeutet ja, an einigen Stellen Kompromisse zu machen. Da bleibt nicht viel anderes, als alles zu fordern und dann die Krim zu opfern. Kann Russland damit in Verhandlungen eintreten? Warum nicht. Es wird seinerseits den Donbas fordern und sich mit der Krim zufriedengeben.

Aber will Kiew das? Wenn, was so gut wie sicher ist, demnächst zunächst weitere Schützenpanzer und dann schwere Panzer aus dem Westen anrollen, wird die Position der Ukraine deutlich gestärkt. Und gegen schnelle Panzervorstöße helfen den russischen Militärs auch die umfangreichsten Einberufungen nichts. Die Reservisten wandern anschließend von der Einberufungsstelle direkt in die Gefangenschaft – oder in den Tod.

Wieder einmal wird über die Wahrheit auf dem Schlachtfeld entschieden. Und Bachmut haben die Russen noch immer nicht eingenommen. Stalingrad 1942 lässt grüßen.

Dienstag, 17.Januar 2023

Multidirektionales Herumstochern - Mitunter trifft einen das Glück, die Betrüger bei der Arbeit zu sehen. Was im wissenschaftlichen, oder sollte ich sagen pseudowissenschaftlichen Leben bedeutet, daß jemand sich genau gibt und tatsächlich die Hälfte weglässt, die ihm nicht passt. Ein gewisser Michael Rothberg hat eine Arbeit über »Multidirektionale Erinnerungen« verfasst, in der die Ermordung der europäischen Juden mit dem europäischen Imperialismus in einen Topf geworfen wird und das mit Rückgriff auf Hannah Arendts Studie über die Elemente totaler Herrschaft, die bis heute wegweisend ist.

Wie jeder woke Politologe ist Rothberg kräftig bemüht, überall Rassismus zu finden, so auch bei Arendt. Und als Arendt in einer Passage die afrikanische Welt beim Eintreffen der Europäer beschreibt, scheint er fündig geworden zu sein: »Was sie (die Schwarzen) von anderen Menschen unterschied, war keineswegs ihre Hautfarbe, sondern die Tatsache, daß sie sich wie ein Teil der Natur verhielten, daß sie die Natur wie ihren unbestrittenen Herren behandelten, daß sie keine menschliche Welt, daß sie keine menschliche Realität geschaffen hatten, und daß daher die Natur in ihrer ganzen Majestät die einzige überwältigende Realität geblieben war, im Vergleich zu der sie als Phantome, unwirklich und geisterhaft erschienen.«

Diese durchaus nachvollziehbare Beschreibung dient bei Arendt einem Zweck: In dieser Rohheit Afrikas sieht Arendt bereits die Realität der Konzentrations- und Vernichtungslager angekündigt. Was natürlich eine bemerkenswerte Verbindungslinie zur Vernichtung in den Lagern im modernsten Jahrhundert und den archaischen Lebensweisen im Afrika der Jahrhundertwende zieht. Und die passt Rothberg nicht.

Also was macht dieser Pseudowissenschaftler? – Er belässt es bei der zitierten Passage, die er sogar mit einer eigenen Übersetzung versieht, echauffiert sich darüber, daß die jüdische Philosophin von den Schwarzen als unwirklichen und geisterhaften Phantomen spricht, und übergeht den folgenden Abschnitt bei Arendt, in dem sie zum Kolonialismus mehr beizutragen hat, als Rothberg in seiner ganzen Arbeit.

Denn Arendt verweist im unmittelbar folgenden Satz darauf, dass die Vernichtung anderer Stämme von jeher Teil der Geschichte Afrikas waren; Fakten, die jedem bekannt sind, der sich mit den Machtkämpfen auf dem Schwarzen Kontinent beschäftigt.

Auch zur Sklaverei hat Arendt eine klare Ansicht: »Slavery in the case of the Boers was a form of adjustment of a European people to a black race, and only superficially resembles those historical instances when it had been a result of conquest or slave trade.« [Origins, 251] Kurz gesagt: Die Sklaverei hatte eigentlich afrikanische Wurzeln! Die Europäer passten sich den Schwarzen lediglich an. Darüber kann man natürlich streiten. Aber in keinem Fall ist es erlaubt, diese Sätze, die dem Zitat, wie gesagt, unmittelbar folgen, zu unterschlagen.

Zumal dem Leser ein auf heute leicht übertragbarer Gedanke vorenthalten wird. Über die Buren schreibt Arendt zwei Absätze später: »The Boers were the first European group to become completely alienated from the pride which Western man felt in living in a world created and fabricated by himself.« [Origins, 252] Auf heute übertragen könnte man mit Hannah Arendt sagen: Dieser Stolz auf die eigene Leistung zeichnet den Europäer vor dem Schwarzafrikaner aus.

Und damit trifft sie einen Kern der heutigen Entwicklung gerade in Deutschland: Ein Blick etwa auf das »Bürgergeld« und die Gratisleistungen für Migranten zeigt diese »Errungenschaften« als das Gegenteil des Stolzes auf die eigene Leistung. Und wenn man liest, wie Arendt die Gesellschaft Südafrikas beschreibt: »lack of initiative, laziness, neglet of tools, general inefficiency«, – »Mangel an Initiative, Faulheit, Vernachlässigung der Werkzeuge, generelle Ineffizienz«, – dann fühlt man sich an Deutschland heute erinnert.

Samstag, 14.Januar 2023

Gendergerechte Selektion - Es ist mir zum ersten Mal vor einigen Monaten begegnet und ich habe mich, ohne den Grund zu kennen, angewidert abgewendet. In einem Buch über die Berliner Ringbahn war ich im Zusammenhang ihrer Ermordung auf die Bezeichnung »Juden und Jüdinnen« für die ermordeten europäischen Juden gestoßen. Nun finde ich diese schreckliche Wendung erneut, diesmal in einem Band über sogenannte »multidirektionale Erinnerungen«, der in seiner Belanglosigkeit eigentlich keine Erwähung verdiente und erst von einer Metaperspektive aus interessant wird, weil er nicht nur ein Paradebeispiel akademischer Eitelkeit liefert, sondern mehr über den Genderismus verrät, als dem Autor recht sein dürfte.

Auf gefühlt jeder Seite fällt dieses »Juden und Jüdinnen« mir ins Auge, von dem ich, zugegeben, nicht weiß, ob er auch im englischen Original eine Entsprechnung hat. Halb einverständig blinzelnd, halb drohend, bringt es den Genderismus in seiner tiefsten Form an die sprachliche Oberfläche, tiefer als es »Schüler und Schülerinnen«, »Lehrer und Lehrerinnen« je könnten, die ja nicht einmal mehr die Anstregung einer humoristischen Ergänzung verdienen und nur dann zum Lachen anregen, wenn eine auf ihren Zeitgeist stolze Hausfrau sie auf einer Elternversammlung zitiert und nach dem dritten Aussprechen mit »SuS« oder »LuL« abkürzen muss, was misslingt, weil sie Luft für »Lehrer und Lehrerinnen« eingesaugt hat, diesen langen Atem gar nicht mehr braucht und nur diese Einzelzeichen wie einen Morsecode eilig hinwirft, wo sie doch gendergerechte Tiefe ausdrücken wollte; eine völlig neue Form des Aus-der-Puste-Geratens entsteht so als Rache der Sprache an Ideologen, die sie missbrauchen.

»Juden und Jüdinnen« ist anders als »Lehrer in Lehrerinnen« oder »Schüler und Schülerinnen«, wie ich erst nach und nach zwischen den Zeilen feststellen konnte, wenn ich mir die Wendung vorbuchstabierte. Bei jeder Begegnung versuchte ich, das Skandalöse dieser Umschreibung emotional und dann in Worte zu fassen, was nicht gleich gelang, weil die genderierte Wendung ihren Kern im »und« auf perfide Weise verdeckte.

Dieses »und« hat ja im Deutschen ohnehin eine seltsame Art, das Gegenteil von dem zu bedeuten, was es sagen will; die elementarste Mengenlehre verrät es. Wer die Elemente aus einer Menge und einer anderen Menge vereint, erhält eine größere Menge; wer aber die Elemente aus einer Menge nimmt, die in dieser und einer anderen sind, wird weniger als vorher erhalten. Ein Wort, zwei gegenläufige Bedeutungen.

Das »und« zwischen »Juden« und »Jüdinnen« führt zu einer dritten Bedeutung: Die beiden Gruppen werden getrennt. Wo das generische Maskulinum ein Band um die Kinder Israels legt, schafft die Separierung in »Juden« und »Jüdinnen« eine Lücke zwischen den beiden Geschlechtern. Schlimmer! Die jüdischen Frauen werden von allen anderen Juden abgesondert und in eine eigene Ecke gestellt. Das bewirkt zwar auch das »und« zwischen »Lehrer und Lehrerinnen« bereits, weil wir mit »Lehrer« alle Lehrer benennen und daher in »Lehrer und Lehrerinnen« nach dem ersten Wort eigentlich schon alles gesagt ist. Was später kommt zählt im Grunde nicht mehr. Nur ist diese Trennung an dieser Stelle perfide. Das »und«, das für gewöhnlich Gemeinsamkeit schafft, reißt in »Juden und Jüdinnen« die Opfer, die ihre letzten schrecklichen Stunden vielleicht gemeinsam verbrachten, auf einer linguistischen Rampe zuletzt auseinander.

Freitag, 13.Januar 2023

Gesichtsüberzüge - Beim Betrachten der Gesichter von Politikern geht mir immer wieder durch den Kopf, wie selbstverständlich vor 200 Jahren nach der Physiognomie gefragt und über sie nachgedacht wurde. Heute riskiert man dagegen mit der öffentlich angebrachten Frage: Was sagen die stieren Augen einer Claudia Roth? oder: Was sagt das Gesicht von Ricarda Lang über ihr Verhältnis zum Klima? eine Beleidigungsklage. Dabei wären das seitlich zuckenden Schmunzeln von Olaf Scholz oder die blassen Backen des Wladimir Putin durchaus Überlegungen wert. Im Gesicht von Karl Lauterbach ist, um ein Beispiel zu nehmen und ohne daß ich die beiden in irgendeine Nähe rücken wollte, immer das gehetzt-hetzerische eines Adolf Hitler zu sehen. Viktor Klemperer umschreibt diesen Typus mit einem Propagandawort aus der Sprache des Dritten Reichs: fanatisch. Lauterbach ist nicht etwa ängstlich, er ist fanatisch.

Aber ich will zum Anlass kommen, über den Ausdruck von Gesichtern aktueller Politiker nachzudenken. Seit gestern läuft ein Foto durch die Medien, das Luisa Neubauer mit drei Polizisten zeigt. Sie hängt in den sechs kräftigen Armen, die dabei sind, sie wegzutragen wie Eltern ihren trotzigen Nachwuchs - und nicht wie drei Männer eine junge Frau eben wegtragen könnten; diese Deutung verbietet ihr Blick, den so nicht einmal die käuflichste der Käuflichen aufsetzen würde und eine Amateurin schon gar nicht. Immer und überall setzt Fräulein Neugebauer diesen gleichen Gesichtsausdruck auf. Die absolut faltenlose Haut lässt sie jugendlich erscheinen; aber es ist eine alterslose Jugendlichkeit. Sie wird auch in 50 Jahren noch genauso glatt in die Kamera blicken. Wollte jemand beschreiben, wie sich ein ereignisloses Leben in die Gesichtszüge schreibt, hier böte sich ein Prachtexemplar. Und meine Leser merken: Das Wort Pracht passt nicht einmal in die Nähe dieser Aktivistin. Pracht und Luisa Neubauer ergeben kein Bild.

Aber ereignisloses Leben und Luisa Neubauer ergeben gleichfalls kein passendes Bild! Wie könnte ein Leben frei von Ereignissen sein, wenn man tagtäglich von Talks-Show zu Talks-Show, von Aktion zu Aktion herumgereicht wird? – Ein gute Frage. Die junge Frau mag ja ein Star sein und am Ziel aller pubertierenden Medienmägdchen angekommen sein. Trotzdem verrät ihr Gesicht jenseits aller Logik eine tiefe Unberührtheit von der Berühmtheit. Sie scheint es teilnahmslos gelassen zu nehmen, dieses Dasein als TV-Influencer. Ich wüßte Gemälde, auf denen Maria ähnlich ausdruckslos und gleichgültig zum Jesuskind schaut. Als wollte sie sagen: Schön, das ist jetzt also mein Kind. Und was soll ich nun tun?

Wurde Luisa Neubauer deshalb für die Figur der Retterin des Klimas gewählt? Denn mir soll keiner kommen, diese Figur sei nicht kreiert.

Ja, sie wirkt unschuldig. Sie wirkt so unschuldig, daß nicht einmal Charles Manson ihr hätte nachstellen wollen. Und als Sexy Sadie wäre sie ganz sicher nicht durchgegangen; auch wenn ich zugestehe, daß gerade in dieser einen Hinsicht ein Gesicht zuvor nichts verrät – und hinterher alles.

Aber über Politiker verrät ein Gesicht eine Menge. Und dieses nimmt sich fürchterlich ernst. Kaum vorstellbar, daß dieses Gesicht zwei Seiten kennte; eine freundliche zum betrogenen Wähler und eine zynische zum Betrüger. Einen Januskopf verträgt der aalglatte Hals dieses Fräuleins nicht. Man könnte das natürlich als ehrlich bezeichnen; wüßten wir nicht, daß Ehrlichkeit ohne die Möglichkeit des Betruges nichts Wert ist.

Ich nehme also an, daß es ist, wie bei den meisten Politikern aller Parteien: Sie haben einen ausgeprägten Instinkt für die Mittel der Macht, sind aber alles in allem fürchterlich dumm. Kaum einer hat die geistige Tiefe, das Spiel zu durchschauen. Warum auch, wenn er doch auch so gewinnen kann. Politiker sind zumindest heute eindimensionale Gestalten. So wie Luisa Neubauer. Nur eine dermaßen bemitleidenswert einfältige Figur wie sie schafft es, sich mit Hans Jonas Buch über das Prinzip Verantwortung ablichten zu lassen, während im Hintergrund Polizei aufmarschiert. Intellektuelle Eitelkeit in Reinform ist das. Denn das Gesicht von Luisa Neubauer mag auf die Banalität eines pickellosen Lebens hindeuten – sie will sich nachdenkend geben oder für das, was mancher so für nachdenklich hält. In Extremsituationen, versteht sich. Sie verliert nicht den Kopf. Indes auch das verrät ihr Gesicht: Luisa Neubauer denkt nicht nach. Denn faltenlos hat noch keiner gedacht.

Donnerstag, 12.Januar 2023

Rote Hungersnot - Wieso wird das Standardwerk von Anne Applebaum über den Völkermord Russlands an den Ukrainern in den Jahren 1932/33 mit »Roter Hunger« übersetzt? Der englische Titel lautet »Red Famine«, was fraglos »Rote Hungersnot« heißt. Und Roter Hunger und Rote Hungersnot sind nun wirklich etwas anderes. Ja, es meint geradezu das Gegenteil. Oder bezieht sich Roter Hunger auf die hungernden ukrainischen Bauern? Gibt es farblich unterschiedene Arten des Hungern? Ginge es nicht um dieses Geschehen könnte man sarkastisch werden.

Aber vielleicht ist es auch einfach der nächste Versuch, von diesem Völkermord, vom Holodomor, abzulenken, der weder den rechten Russland-Verstehern noch den linken Sozialismus-Verstehern ins Konzept passt. Die treiben ja gerade ein munteres Bäumchen-Wechsel-Dich Spiel. Hier soll der Sozialismus nichts mit der Sowjetunion zu schaffen haben, dort die Sowjetunion nichts mit Russland. Während also die russlandfreundliche Rechte die Kontamination ihres Russlands mit dem Sozialismus fürchtet, fürchtet die Linke die Kontamination ihres Sozialismus mit der Sowjetunion. Das würde erklären, warum die politische Linke in Deutschland gegen Moskau eingeschwenkt ist. So kann sie sich endgültig dieser Vergangenheit entledigen.

Fräulein Judith Butlers Gender-Trubeleien lesen sich wie das aufgeschlagene Unbewußte der Intellektuellen unserer Zeit. Der Genderismus als weiteres Produkt einer Zeit ohne Transzendenz und ihrer Versuche, endlich in der reinen Sprachwelt einen Ersatz zu finden. Ihr Versuch, dabei die Körperlichkeit in Sprachlichkeit aufzulösen und wieder zur Körperlichkeit zurückzukehren, verdienen einen Preis für den folgendreichsten intellektuellen Selbstbetrug der vergangenen 30 Jahre. Aber so ist das halt, wenn alte Jungfern ihre Kaffeekränzchengeschwätz für philosophisch-psychologischen Tiefsinn halten.

Mittwoch, 11.Januar 2023

Unwörter leben länger - Wieder einmal wurde das »Unwort des Jahres« bestimmt. Diese Wahl fiel wie zu erwarten wieder einmal auf einen Begriff, der im rechten politischen Raum aufgetaucht ist, um die Aktivisten der »Letzten Generation« zu bennenen, die sich zum Leidwesen vieler Bürger auf Straßen und Flugfeldern festkleben. Wer solche Kinder und Jugendliche und solche, die sich dafür halten, als Terroristen bezeichnet, nimmt also ein »Unwort« in den Mund.

Was diese Wortabstempler vergessen: Jedes Unwort steigert durch die Titulierung als solches noch seinen Wert. Aber vielleicht wissen die Herrschaften das ja auch und richten ihr Wahlergebnis ohnehin nur an das eigene politische Klientel, das diese Proteste für berechtigt hält und in aller Regel goutiert.

Trotzdem: Als Unwort ist »Klimaterrorist« nun linguistisch geadelt. Was zumindest den Aufwand spart, ständig ein neues Schimpfwort für die schrecklichen Bälger erfinden zu müssen. Also diese Spiralbewegung in Gang zu halten, wie sie zum Beispiel »Neger« durchlaufen hat und noch durchläuft. Erst das stillschweigende Verbot hat es zu dem gemacht, was es vorher nicht war: Zu einer abwertenden Bezeichnung. Und nach dem »Neger« kamen die »Gefärbten« als Übersetzung von »colored« und dann die »Farbigen«.

Schlimmer: Mit jeder Drehung der Spirale wurde der Spott noch etwas größer, nicht zuletzt, weil Verbote bekanntlich die Verwendung reizvoller machen. Es ist wie mit den »Jahresendflügelwesen«, die ungleich engelartiger waren als die Engel des Westens. Vielleicht sollten sich die Unwortstempler bei den Älteren in der Ex-SED erkundigen, wie es solchen politisch-künstlichen Wörtern ergeht. In unserem heutigen Fall wird landauf, landab nun diskutiert, ob es sich bei den Aktivisten um Terroristen handelt oder nicht.

Die Sprache lässt sich eben nicht dirigieren.

Sonntag, 8.Januar 2023

Gute und schlechte Pädagogen - Der womöglich größte Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Lehrer ist, daß der schlechte nur weiß, was der Schüler falsch und was er richtig gemacht hat, während gute Lehrer wissen, warum etwas falsch oder richtig gemacht worden ist. Das zu erkunden, erfordert einerseits wie selbstverständlich verfügbares Fachwissen – es muss dem Lehrer zur zweiten Natur geworden sein – und zum anderen eine permanente Reflexion auf einer pädagogischen Metaebene, die das zur Natur gewordene Wissen neuerlich durchdenkt.

Die leidlich ausgebildeten Quereinsteiger sind daher prinzipiell überfordert und schaffen mehr Unglück als sie beglückendes Lernen ermöglichen. Sie sind das Symbol für eine abgerissene Tradition. Denn der Lehrerberuf wird von Lehrer zu Lehreranwärter weitergegeben mit einer Achtung für das Vorhandene; weshalb gute Lehrer praktisch, nicht politisch, immer rechts stehen. Für den lernenden Lehrer sind die Älteren, also die mit der Erfahrung, Vorbilder, an denen sie sich als Schüler die richtigen Wege zum Schüler abschauen. Der Quereinsteiger bricht von der Seite hinein in den Fluss der Traditionen.

Eigentlich sollten Lehrer von den Lehrern ausgebildet werden, die sie als Schüler geschätzt haben. Das schafft dann auch den richtigen Altersabstand.

Donnerstag, 5.Januar 2023

Realitäten anerkennen - Heute eröffnete Putin dem erstaunten Publikum im Beisein des türkischen Präsidenten Erdogans sein Angebot an die Ukraine: Sie habe die Realitäten anzuerkennen und soll Verhandlungen beginnen. Mit anderen Worten: Putin verlangt die Übergabe von Krim, Donbas und Saparoschje als Dank dafür, daß er nach bald einem Jahr Krieg keines seiner Ziele erreicht hat.

Putin sollte die Realitäten anerkennen: Allein in den vergangenen drei Tagen erlitten seine Invasionstruppen böse Verluste, die Moskau nun häppchenweise eingesteht.

Aber was Großspurigkeit betrifft, hat Putin in Erdogan einen ebenbürdigen Gegenüber. So gesehen passt es, daß Putin bei diesem Treffen mit seinem verlogenen Friedensangebot rausrückte. Seine Truppen brauchen dringend eine Pause, sonst überlegen sich die russischen Rekruten noch, ob sie nicht am besten gleich zur ukrainischen Frontlinie desertieren. Denn nachdem Frankreich beginnt, nun doch zumindest leichte Panzer zu liefern, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis schweres Gerät an der Grenze zur Ukraine eintrifft.

Beinahe bemitleidenswert fatale Züge trägt mittlerweile das Auftreten der ohnehin schwachen politischen Rechten in Deutschland. Sie hat sich ganz auf die Seite Putins gesetzt und droht, ein weiteres Jahrzehnt in der Versenkung zu verschwinden. Denn die Kritik an der Migrationspolitik kommt immer lauter aus konservativen Kreisen, die mit der AfD nichts, aber auch gar nichts zu tun haben wollen – nicht zuletzt wegen der peinlichen Nähe zu Putin - die ja auch nicht wohliger wird, nur weil der ausgewiesene Islamist Erdogan gleich mit am Tisch sitzt. Aber ok, der ist bekanntlich lang.

Mittwoch, 4.Januar 2023

Schön, darüber zu sprechen - Was genau ist nun eigentlich der Skandal am Versuch, das Sexuelle verschwinden zu lassen, mit dem der Genderismus so sehr beschäftigt ist? Was unterscheidet einen Genderisten vom Katholiken, der bekanntlich auch so sein Kreuz mit der menschlichen Sexualität herumschleppt?

Über die Theorien Freuds, die ja bekanntlich in ihren Anfängen ebenfalls skandalös waren, heißt es, nicht etwas das Reden und Offenlegen der Begierden des Menschen sei schwer zu fassen gewesen, sondern die Intellektualisierung der Lust. Also die Transformation des Körperlichen ins Denken. Lust wurde über den Umweg des Unbewußten plötzlich ein Teil der Hirns statt des Schoßes, sie stand also praktisch mitten im Land, während die Truppen zur Abwehr die Grenzen beschützten.

Auf diese Weise kam die Lust dem Geist sehr viel näher, weste nicht mehr abgespalten im Keller des Körpers vor sich hin.

Schwer zu sagen, ob Intellektualisierung dann noch das richtige Wort ist. Es wurde ja ganz zuerst »darüber« gesprochen. So wie jetzt. Politiker stellen sich im Bundestag hin und bezeichnen sich als bisexuell, oder sie bekennen sich zu ihrer Homosexualität. Mal sehen, wann der erste zugibt, es mit seinem Dobermann zu treiben, oder die erste. Man sage nicht, es gäbe keine Tabus mehr.

Es wird »darüber« geredet. Nur, was kann das Ziel sein? Die Transformation von allem Körperlichen in Sprache? Weil wir Modernen an die Magie der Worte glauben, so wie einst unsere Vorvorväter? Das passt zur Symbolik: Der Genderstern und der Unterstrich in ihrer Nähe zu den Symbolen von Programmiersprachen wären dann nur ein Ausdruck für das Übergreifen der virtuellen Welt, die ja eigentlich in Computerspielen verortet wird, aber doch nicht in einem Sprechen wie mit dem Computer.

Montag, 2.Januar 2023

Langeweile spottet jeder Beschreibung - Seltsam, daß die Kritik an der Gendersprechweise meist oberflächlich spöttisch bleibt. Auch wenn die Spielereien mit den zwanghaften Doppelungen ja mitunter ihren Reiz haben können und ich mich gut an die Kabinen-Innen und die Häme auf der Fähre von Liepaia nach Travemünde erinnere. Aber eigentlich ergeht es den Spöttern wie allen Kritikern, die sich zu lang mit ihrem Objekt der Ablehnung beschäftigen: Sie werden so langweilig wie das Kritisierte nervig.

Trotzdem gibt es Ausnahmen. Gestern rückte endlich jemand mit den Gedanken Saussures den Konstrukten rund um den Genderstern auf die Pelle und machte aus der zungenbrecherischen Arbitrarität des Zeichens eine geschliffenes Schwert im linguistischen Gefecht mit den Sprachpolizisten des Genderismus.

Das generische Maskulin verweist überhaupt nicht auf etwas männliches, ist weit davon entfernt bildhaft zu sein. Als würden beim Aussprechen oder Schreiben von ›Arzt‹ sämtliche männlichen Ärzte aufmarschieren. Nichts dergleichen passiert. Die Symbole haben mit dem Referierten nichts aber auch gar nichts zu schaffen. Und es braucht schon eine ungesunde Portion Naivität, aus den Symbolen lauter Männern zu machen, die ganz nebenbei auch noch Ärzte sind.

Sonntag, 1.Januar 2023

Glaube und Sprache modernisiert und reformiert - Jetzt wird dem eben verstorbenen Papst wieder vorgeworfen, er hätte die Kirche nicht modernisiert. Wie aber kann man Glauben modernisieren? – Richtig. Gar nicht. Man kann ihn höchstens näher zu Gott bringen, also erkennen, wie Gott in der Welt erscheint. Als Moralist im Hintergrund, als moralloser Begleiter, als Sein des Seins. Aber solange die Elemente des Glaubens zur Gotteserfahrung reichen, darf kein Gläubiger sie verändern.

Mit der Flucht der Modernisierten aus den Kirchen hat die Kirche zu leben. Oder glaubt jemand, die Modernisierten und Aufgeklärten kehrten zurück, nur weil jemand Frauen predigen oder Priester heiraten lässt? Glaubt jemand, die Modernisierten wären überhaupt nur gegangen, weil die Kirche sich treu bleibt? - Das war ja das Besondere an Joseph Ratzinger, daß er blieb wer er war. Daß er seine Stellung bezog und nicht preisgab. Deshalb standen die Modernisierten vor ihm und wußten nicht weiter.

Im gewissen Sinne gleicht der Versuch, die Kirche zu modernisieren, dem Versuch, eine Rechtschreibreform durchzuführen.

Und deshalb schreibe ich dass wieder mit ß. Und Bewußtsein sieht auch besser aus als Bewusstsein. Traditionen binden, bewußt bindet, bewusst nicht. Der Geist gleitet über die Fläche aus ›ewuss‹, wo das bewußt werden doch ein Halten bedeutet.

Schließlich verschwindet das Daß gerade ganz, weil es sich vom Artikel nicht mehr recht unterscheidet. Warum also noch die Unterscheidung, zumal man den Unterschied hört. Hier lebt ein Wort und es würde mich keineswegs wundern, wenn es in diesem Verschwinden ein eigenes Leben zu führen beginnt. Nicht wie die Genderkonstruktionen, die, würden sie nicht ständig ideologisch gegossen, in wenigen Wochen vertrocknet und abgestorben herunterhingen. So bleiben sie die Tante, die keiner wollte und die sich trotzdem umarmend und küssend den Kindern annähert.

2022 Top
* Der Titel "Die Verheerung Europas" bezieht sich auf die Aufzeichnungen von Wilhelm Muehlon aus den ersten Tagen des Ersten Weltkriegs. Muehlon gehört zu jenen deutschen Intellektuellen, die heute praktisch vergessen sind. Sein Kriegstagebuch über den Zweiten Weltkrieg zählt zum besten und spannendsten, was über diese zweite europäische Katastrophe geschrieben wurde: Distanziert, zugleich beteiligt und immer mit einem Blick, den man sich für die heutige Zeit wünscht.
© Wolfgang Hebold
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